„Die Idee hatte ich schon länger im Kopf“, sagt Dirk Luther, Zwei-Sterne-Koch in Glücksburg. „Mein Restaurant im „Alten Meierhof“ heißt ‚Meierei‘, da lag eine Butter nahe – und außerdem“ – hier lächelt der Spitzenkoch spitzbübisch – “war 2017 noch das Luther-Jahr.“ Das musste er nutzen, um schließlich nach langem Probieren und Experimentieren „die Butter vom Luther“ auf den Markt zu bringen. Nun steht sie in den Regalen zahlreicher Supermärkte mit gepflegter Feinkostabteilung, die Kräuterbutter der Geschmacksrichtung Café de Paris.
Darin verschmelzen sehr klein gehackte Kräuter, diverse Spirituosen und besondere Gewürze zu einem großartigen Erlebnis für die Zunge.
Butter machen kann im Grunde jeder. Früher erledigte das die Hausfrau, in allerdings mühsamer Arbeit beim Stampfen des von der Milch geschöpften Rahms im Butterfass oder beim Kurbeln einer kleinen Tonne. Heute erledigen das Maschinen in Windeseile und in großen Mengen. Aber so wird Luthers Butter nicht hergestellt. „Als ich mich mit der Idee einer Kräuterbutter beschäftigte“, sagt Luther, „habe ich im Internet nach einer passenden Meierei gesucht. Ich wollte sie so weit wie möglich bio, regional und ohne Gentechnik herstellen. Zu meinem Glück bin ich in Horst bei Elmshorn nicht nur fündig geworden, sondern auch auf Interesse gestoßen.“
Gallisches Dorf
Die kleine Meierei ist sozusagen das letzte gallische Dorf, das den Römern trotzt. Ihr Slogan: „Die letzte ihrer Art“. Hier wird seit 125 Jahren Milch von den umliegenden Bauernhöfen, die teilweise Bioland-zertifiziert sind, verarbeitet zu Voll-, Frisch- und Buttermilch, Quark, Joghurt, Sahne und Butter. Die Produkte werden in althergebrachten Verfahren hergestellt, die viel länger dauern als in den industriell organisierten Meiereien, dafür aber einen feineren, frischeren Geschmack haben und eine cremigere Konsistenz. Außerdem gehört die Meier zu keinem Konzern, sondern einer Genossenschaft der Milchbauern und ihrer Unterstützer.
Der Preis ist ein bisschen höher, (ein Liter Milch aus Horst kostet etwa 1,39 Euro, Quark 1,99) aber dafür bekommen die Bauern auch bessere Preise, als wenn sie an die Großmolkereien liefern würden. Auch wird zum Beispiel die Milch nur auf schonende 75Grad erhitzt und nicht auf 120. Sie ist deshalb zwar nicht drei Wochen haltbar, sondern nur 5 bis 7 Tage, aber dafür enthält Sahne auch keinen Emulgator, der Fett und Flüssigkeit verbindet, damit sich nicht die Creme oben absetzt. Aus den Horster Sahne-Päckchen kann man den Rahm mit dem Löffel herauskratzen oder man muss es schütteln, damit sich Milch und Rahm wieder verbinden.
Viele Allergiker schwören auf diese Sahne, weil sie so naturbelassen ist und keine Zusatzstoffe enthält.
Altertümliche Molkerei
Auch die feine Küche hat die qualitätvollen Milchprodukte der altertümlichen Molkerei entdeckt: Im Sterne-Restaurant „KAI3“ des Hotels Budersand in Hörnum auf Sylt sagt Küchenchef Felix Gabel: „Wir nehmen gern Produkte aus Horst. Der Geschmack ist einfach besonders gut.“
Vor Luthers Butter kam auch schon Papes Butter ins Sortiment: Butter, verfeinert mit dem Meersalz, das der frühere Zwei-Sterne-Koch Alexandro Pape in List auf Sylt aus der Nordsee filtert. Das Salz in die Butter zu bekommen war einfach, verglichen mit den vielen frischen Kräutern und Gewürzen, die Dirk Luther für seine Café-de-Paris-Mischung benötigte. Fast 20 (zwanzig!) Zutaten werden in die Butter gemengt, neben guten Bekannten wie Petersilie, Estragon, Senf, Zwiebeln, Knoblauch und Paprika so besondere wie Curry, Kapern, Worcestershiresauce, Sardellen, Madeira und Abrieb von Bio-Zitronen und -Orangen. Alles muss bio und ohne Gentechnik hergestellt sein, wie zum Beispiel der Tomatenketchup, und pünktlich frisch am Produktionstag in die 6000-Seelen-Gemeinde Horst bei Elmshorn geliefert werden.
Wie wir wissen, wachsen Zitrusfrüchte nicht in der norddeutschen Tiefebene. Woher also diese bedeutenden Zutaten nehmen? In Luthers Küche wird der Abrieb bei Bedarf frisch von der Frucht geraspelt – doch Horst benötigt andere Mengen, die nicht mal eben per Hand hergestellt werden können. Aber es wurde jemand gefunden: Die Firma Hagena in Henstedt-Ulzburg konnte helfen. Sie verarbeitet Orangen zu Konzentrat für Getränkehersteller und hat frischen Zitronenabrieb im Sortiment, den sie sonst zur Verfeinerung von Backwaren und Torten an die Hersteller liefert.
Nun war der Weg frei. Jetzt wird einmal in der Woche eine Charge von rund 40 Kilo von Luthers Kräuterbutter abgefüllt, die rotgolden von Curry, Paprika, Tomate und dem Orangenabrieb in hübsche kleine Weckgläser kommt mit Luthers Konterfei auf dem Etikett. Er selbst verwendet die kleine Aromenbombe zu gebratenem Fleisch, gegrilltem Fisch oder rundet damit Soßen ab. Wenn ein Stück auf dem heißen Fleisch zerschmilzt, betört einen schon der Duft und im Mund kitzeln die verschiedenen Aromen ganz köstlich die Geschmacksnerven.
Klassiker aus Paris
Die Würzmischung Café de Paris ist ein Klassiker, entstanden in Genf in den 1930er Jahren. Dort soll in einem Restaurant als einzige warme Speise ein Entrecôte mit Buttersoße, grünem Salat und Streichholzkartoffeln (dünnen Pommes) auf der Karte gestanden haben. Das Soßenrezept trug den Namen des Lokals „Café de Paris“. Welche Zutaten das Originalrezept genau enthielt, weiß man nicht. Jedenfalls ist die Zusammenstellung enorm aufwändig, wie sich am Beispiel der Luther-Butter zeigt. Deshalb wohl steht sie selten in Restaurants auf der Karte. So ist es denn auch nachvollziehbar, dass ein Weckgläschen mit 120 Gramm 5 Euro kostet. Rund 60 Geschäfte in Hamburg und Schleswig-Holstein haben die Delikatesse im Sortiment. „Wir sind gelistet im Edeka-Zentrallager“, sagt die sichtlich erfreute Geschäftsführerin der Meierei Tatjana Tegel. „Das bedeutet, die Einzelhändler können dort ordern und wir müssen die Ware nicht mehr selbst zu den Geschäften fahren.“
Auch Luther strahlt. Seine Gäste können die Butter im „Alten Meierhof“ erwerben, wenn sie vom Aroma der kleinen Köstlichkeit nicht mehr lassen können, nachdem sie sein Wagyu Beef oder Pommersches Entrecôte gekostet haben, auf denen die Butter zerlief und die winzigen Krümel von Kräutern und Gewürzen freisetzte. Die Meierei ist zufrieden mit dem neuen Lifestyle-Produkt. „Ist doch ein wunderbares Mitbringsel bei Einladungen“, sagt Tatjana Tegel. „Die Café-de-Paris-Butter ist mindestens schon mal sechs Wochen haltbar. Ich habe ein Glas nach sechs Monaten geöffnet – und sie war frisch und köstlich wie am ersten Tag. Jetzt überlegen Sie mal, wie viel Blumen Sie für 5 Euro bekommen und wie schnell die verblüht sind.“ Stimmt eigentlich. Man muss sich die feine Butter ja nicht aufs Brot schmieren oder zu neuen Kartoffeln essen oder auf den Blumenkohl geben. Allerdings – wenn man sich’s so überlegt – es würde sicher fantastisch schmecken.