Jens Mecklenburg

Herausgeber & Autor

Zum Portrait

Von Glibber, Glamour & Quallen

Weltatlas der Quallen erschienen
8. Dezember 2019

Quallen sind vor allem glitschige Tierchen, die im Meer treiben und eklig brennen können. Weit gefehlt: Wer sein buntes Wunder erleben und eine faszinierende Lebensform kennenlernen möchte, der sollte sich den Weltatlas der Quallen zulegen. Eine Hymne auf filigrane Schönheiten und spannende Organismen, die seit 550 Millionen Jahre fast unverändert auf unseren Planeten vorkommen.

Discomedusae Pelagiidae Chrysaora Fuscescens © T. Murai


Wasserwesen

Rund 260 bekannte Quallenarten leben in den Meeren der Welt. Dabei scheinen sie nicht von dieser Welt zu sein – zumindest nicht zur herkömmlichen Fauna zu passen, denn: Wo befindet sich ihr Kopf? Wie bewegen sie sich eigentlich fort? Manche sind so winzig, dass wir sie kaum sehen können und andere werden länger als ein Blauwal. Sie haben zumeist weder Hirn noch Herz und pflanzen sich oft ohne Sex fort – produzieren aber Massen von Nachkommen. Ihre Vielfalt ist unglaublich und sie tragen bizarre und bisweilen poetische Namen: Seewespe, Zigarrenqualle, Riesenstaatsqualle, Venusgürtel.

Sie schweben langsam und ästhetisch wie Paraglider durch die Ozeane, können mit ihrem Nesselgift aber auch zu einer Gefahr werden: Quallen sind nicht nur Schönheiten der Meere, sondern auch ein wichtiger Bestandteil der marinen Ökosysteme. 260 Arten sind weltweit bekannt – und jede einzelne von ihnen stellt nun der Fotoband World Atlas of Jellyfish vor. 


Dr. Qualle

Ein allgemeiner Teil beschreibt Bau und Lebenszyklus der Qualle und geht auf Themen wie medizinische Aspekte, das Sammeln, ­Halten und Fotografieren, fossile Erhaltung bis hin zu kulinarischen Aspekten von Quallen ein – ja, einige Arten kann man auch essen. Im Buch gibt es ein paar Rezepte. In einem umfassenden wissenschaft­­lichen Teil werden alle Quallenarten in Kurzporträts und in möglichst allen Lebensstadien gezeigt. 

Die Herausgeber sind weltweit anerkannte Quallen-Forscher. Gerhard Jarms arbeitete bis zu seinem Ruhestand am Zoologischen Institut der Universität Hamburg und war dort bei der Zucht verschiedener Quallenarten erfolgreich. 

In seiner Zeit am Zoologischen Institut soll er von den Studierenden liebevoll „Dr. Qualle“ genannt worden sein. Er hat mehr als 30 Jahre an seinen Lieblingstieren geforscht und zehn Jahre an diesem neuen Standardwerk über sie geschrieben. Der andere Herausgeber ist André Morandini, ebenfalls ein weltweit anerkannter Quallenforscher. Er forscht im Zoologischen Institut der Universität von São Paulo / Brasilien.
Auf mehr als 800 Seiten werden die Wasserwesen aus allen Weltmeeren umfassend und optisch opulent beleuchtet. Zahlreiche Abbildungen, Verbreitungskarten, taxonomische Bestimmungsschlüssel, Informationen zur Etymologie der Artenbenennung, Literaturhinweise und detaillierte Artenbeschreibungen ermöglichen einen systematischen Zugang. Der anspruchsvoll gestaltete Band lebt auch von der Vielzahl ansprechender Fotos und Illustrationen, zu denen die zum Teil unveröffentlichten Zeichnungen Ernst Haeckels (1834 – 1919) gehören. Der Atlas ist somit eine einzig artige Bestandsaufnahme des gesammelten Wissens zu den Quallen der Welt in all ihren Facetten auf hohem wissenschaftlichem Niveau. Er ist ein faszinierendes Standardwerk nicht nur für Forscher. Quallen gehören zu den ältesten Lebensformen auf der Erde. Sie wird es auch noch geben, wenn die Menschheit ausstirbt. Grund genug könnte man meinen, sich mit ihr zu beschäftigen. Von Quallen lernen heißt schließlich unsterblich werden.    

Der Atlas ist auf Englisch erschienen.

Discomedusae Pelagiidae Chrysaora Achlyos © T. Murai

Gerhard Jarms, André C. Morandini (Hg.):

World Atlas of Jellyfish

Abhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg

Sonderband, englischsprachige Ausgabe, 816 Seiten, 1250 Abbildungen und Verbreitungskarten, Hardcover, 99 Euro.

Erschienen bei Dölling und Galitz