Barbara Maier

Autorin

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Von Fischbrötchen bis Friesentorte 

So schmeckt die Nordsee
28. Juni 2023

Fischbrötchen 

Wenn der Wind morgens einen feinen, köstlichen Duft durch die Gassen am Husumer Hafen weht, dann wissen die Kenner Bescheid. Es riecht nicht nur nach Rauch allein, es riecht nach Räucherfisch – appetitanregend duftet das, unverkennbar, unwiderstehlich. Zwei Minuten zu Fuß von ihrem Fischbistro entfernt, räuchern die Leute vom Fischhaus Loof in Husum Lachs und Aal, Heilbutt und Makrele, anderes mehr. Stundenlang hängt der Fisch im Rauch über glimmendem Holz, bis die Stücke golden glänzen und butterzart sind. „Die kann man auch gut mitnehmen, schließlich hat die Zeit im Rauch den Fisch konserviert“, sagt Gerhard Loof. So wie bei Loof stehen viele Fischgaststätten und Räuchereien an der Nordsee-Küste für handwerkliche Tradition und Können sowie für Qualität gleichermaßen. 

© Nordseetourismus

Ein Fischbrötchen ist der kulinarische Touristen-Klassiker an der Küste schlechthin. „Wir backen unsere Brötchen mehrmals am Tag selbst, schließlich misst sich Qualität auch in jeder einzelnen Zutat, mit jedem einzelnen Schritt“, sagt Gerhard Loof, „denn, wenn das Brötchen nicht stimmt, schmeckt das ganze Fischbrötchen nicht.“ Klassiker Nummer Eins ist gewiss das Brötchen mit Nordseekrabben. Fischbrötchen-Klassiker Nummer Zwei ist das mit Matjes: Die Filets werden in einer Salzlake und mit Rote Beete eingelegt, das gebe dem Matjes auch eine schöne rosa Färbung. Was genau dem Matjes seinen Geschmack verleiht, verraten sie bei Loof nicht. Nur so viel: Das genaue Rezept sei seit der Gründung des Geschäftes unverändert geblieben. 

Die Filets für den Bismarck Hering übrigens, ergänzt Firmenchef Gerhard Loof, lasse man zwei Wochen in einer Lake aus Salz, Gewürzen und Essig lagern, zum Schluss komme noch etwas Zucker dazu. Viele Anbieter haben ihre eigenen, seit Generationen bewährten Geheimrezepte – da lohnt es, zu probieren und sich durchzuschmecken. Es gibt auch einen online-shop, darüber kann man sich viele Leckereien nach Hause schicken lassen. Fischvielfalt genießen, nicht nur am Husumer Hafen. 

© Nordseetourismus

Tipp für das dritte Fischbrötchen bei Loof ist das mit den hausgemachten Fischfrikadellen, auch die sind nach altem Familienrezept hergestellt. Gerhard Loof: „Dazu nehmen wir halb Frischfisch und halb Räucherfisch – Makrele oder Kabeljau zum Beispiel. Abgeschmeckt wird mit Pfeffer und Salz, Dill und Petersilie.“ So wird aus dem Guten das Besondere. Und am Hafen mit dem Blick auf die Schiffe und das bunte, maritime Treiben schmeckt ein Fischbrötchen nochmal so gut.  

  

Fleisch vom Grill und Whisky   

Eine Farm; gute Burger und lecker Fleisch, Weiden bis zum Horizont, Rinder darauf – wer an Amerika denkt, liegt so falsch nicht: „Mein Ururgroßvater wanderte, wie viele Föhrer, mitte des 19. Jahrhunderts nach Amerika aus. Manche wurden dort Kapitäne oder betrieben als Feinkosthändler in New York Delikatessen-Geschäfte“, berichtet Jan Hinrichsen. Er ist nicht nur Landwirt im Föhrer Westen, sondern auf Hinrichsen´s Familien Farm gibt es ein Hof-Restaurant mit amerikanischem Einschlag. „Die Rezepte für die Feinkostsalate stammen aus New Yorker Zeiten“, berichten die Gastgeber Marret und Jan Hinrichsen. 

Auf der Farm kommt nur das auf den Grill, was auf den eigenen Weiden gelebt hat. Familie Hinrichsen hält Short Horn Rinder und Husumer Protestschweine. Letztere haben eine leichte rötlich-weiße Fellfärbung und erinnern an den Danebrog, sie sollen in den Zeiten deutsch-dänischer Auseinandersetzung in den Nationalfarben Dänemarks gezüchtet worden sein. Jan Hinrichsen und Tochter Lina bieten Führungen durch den Betrieb an. Rinder und Schweine leben in der Marsch und erhalten „…ausschließlich Marschwiesenheu und Gras“, auch so entstehe ein herausragender Fleischgeschmack, erklärt Jan Hinrichsen, „das Fleisch hängt sechs bis acht Wochen in unserem Reiferaum – dadurch verliert es an Gewicht und es entsteht ein intensiver und köstlicher Geschmack. Ohnehin haben beide Rassen eine gute Fleischqualität.“ 

Er baut auch Gerste an; und damit hat Jan Hinrichsen noch etwas begonnen: Er brennt Whisky daraus. „Vom Anbau über das Mälzen und Brauen bis zum Brennen und Lagern passiert hier alles in einem Betrieb“, erklärt er. Nachdem Jan Hinrichsen aus der Gerste eine Art Bier gebraut hat, destilliert er dies im kupfernen Pot-Still. „Dann kommt der Brand in Eichenfässer, das sind ehemalige Sherry-Fässer aus Spanien und Ex-Bourbon-Fässer aus den USA.“ Und dann passiert erst mal offenbar nichts, das Destillat reift an der Seeluft. „Damit es Whisky heißen darf, muss es mindestens drei Jahre gelagert werden. Während der Reifung bildet sich der Geschmack“, erklärt Jan Hinrichsen. „Wir haben mit dem rauen Klima und der Nordsee ähnliche Voraussetzungen wie in Schottland.“     

© Harald Bickel

    

Miesmuscheln  

Hörnum auf Sylt. Am Kai des betriebsamen Hafens reiht sich Kutter an Kutter. Im Wattenmeer vor Hörnum fahren Muschel-Kutter, mit dem Fernglas erkennt man Netze an den Auslegern der Schiffe. Auf dem Meeresboden befinden sich Kulturflächen für Miesmuscheln. Saatmuscheln werden aus dem Wattenmeer geholt und auf den Kulturflächen ausgebracht, wo sie zwei, drei Jahre lang zur Speisereife heranwachsen. 

Ein Muschelfischer berichtet vom Sylter Muschelfrieden, in dem sich Produzenten und Naturschutz auf eine nachhaltige Bewirtschaftung geeinigt haben. Zur Schonung von Umwelt und Ressource, denn schließlich sei doch das intakte Meer Garant für die hervorragende Qualität der Sylter Muscheln. Die seien erstklassig – groß und mit feinem Fleisch, die müsse man unbedingt mal probieren; und wo, wenn nicht hier…! Die man entgegen einer landläufigen, und mitunter noch existierenden, Meinung – eben doch sehr gut auch in den Monaten ohne den Buchstaben R genießen kann. Der Gedanke, Muscheln nur in der kalten Jahreszeit zu essen, resultiere noch aus der Zeit, zu der es noch keine funktionierende Kühlkette zwischen Produzent und Verbraucher gab. Heute ist das anders und frische Miesmuscheln schmecken auch im Frühling und Sommer gut. 

Ohnehin: Frischer als hier in Hörnum geht es wohl kaum – im Ort selbst, und auch direkt neben dem Kai, befinden sich Bistros und Restaurants. Es gibt Miesmuscheln gebraten und gekocht, mit Kräutern, mediterran, in verschiedenen Variationen. Aber am liebsten würden die Leute ihre Miesmuscheln immer noch ganz klassisch genießen: einfach nur natur, gekocht und mit ein bisschen Gemüse. Weitere Kutter laufen ein, Muscheln kommen auf Eis, Lastwagen fahren los, bringen frische Miesmuscheln in den Rest der Republik. Wo aber schmecken sie besser als direkt am Hafen mit Blick auf die Muschelkutter, die einlaufen oder ausfahren, mit dem Blick auf die See…? 

Friesentorte und Mehr – zum Beispiel in einem Haubarg 

Sie werden gern „die größten Bauernhöfe“ der Welt genannt – die Haubarge. Die stattlichen Höfe sind typisch für die Landschaft, die Halbinsel, Eiderstedt. Nahe Witzwort steht der wohl bekannteste Haubarg, der Rote Haubarg, der allerding weiß ist; schon von Weitem ist er zu sehen – er steht auf einer Warft, also einem vor langer Zeit künstlich aufgeschütteten Wohnhügel, und ist mit Reet gedeckt, die Firsthöhe beträgt rund 17 Meter und die heutigen Gebäude stammen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Heute befindet sich hier ein Museum und ein Restaurant und Café. Unterteilt ist dieses in verschiedene Stuben: Dielenboden, offene Balken, mit Stil und Atmosphäre, heimelig ohne überladen zu wirken und gemütlich. 

Authentisch ist das, und so regionaltypisch wie auch die Speisekarte: Zum Beispiel gibt es auch Gerichte mit Fleisch vom Lamm und Galloway-Rind – das Lammfleisch zum Beispiel stamme von einer Landschlachterei aus Eiderstedt. Berichtet Wioletta Gattorf. Vor allem Gerichte wie das Sauerfleisch, Matjes und Labskaus spiegeln die Gegend und die Nähe zum Meer wieder. „In unserer Küche verwenden wir hauptsächlich und dort, wo es möglich ist, regionale Produkte“, sagt Wioletta Gattorf.  

In diesem Ambiente lassen sich die manchmal mehrgängigen Menüs gut genießen Und wer zur Kaffeestunde kommt, mag vielleicht diese Spezialität genießen: die Friesentorte, diese wird im Hause gebacken und fertiggestellt. „Sie ist typisch für diese Gegend und besteht aus Blätterteig, Sahne und viel Pflaumenmus“, sagt Wioletta Gattorf, „…ein kalorienreicher aber köstlicher Genuss.“ Wer vorher im Park war, wird vielleicht in das Antlitz des Teufels geblickt haben, denn dieser trieb hier einst sein Unwesen. Wenn sich die Dämmerung über Park und Haubarg legt, dann werden die Legenden vielleicht wieder lebendig.    

                                                                                                   

Noch mehr Informationen rund um die Nordsee Schleswig-Holstein finden Sie auf www.nordseetourismus.de

Mehr über Hinrichsen’s Farm 

© Ingo Wandmacher