Jens Mecklenburg

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Nordsee Spezialitäten – herbstliche Genüsse von der Küste

22. September 2023

Wie schmeckt die schleswig-holsteinische Nordseeküste im Herbst? Nach Austern, Kabeljau, Käse, Krabben, Krähenbeeren und Lamm. Ein kulinarischer Streifzug entlang der Küste. 

© Sylter Royal

Dreihundert Meter vom Lister Strand entfernt stehen im Wattenmeer seltsame Gebilde, sie sehen aus wie kleine Tische. „Dort ziehen wir unsere Austern, die Sylter Royal, bis zur Konsumreife heran“, erklärt Christoffer Bohlig von Dittmeyer´s Austern-Compagnie, „…in der Regel haben sie dann ein Gewicht von 80 bis 100 Gramm.“ Im Lister Restaurant des Unternehmens kann man sie probieren – pur oder variantenreich zubereitet. Zum Beispiel überbacken mit Kräuterbutter, Pernodbutter oder Champagnerkraut. „Natürlich beliefern wir auch Gastronomiebetriebe auf Sylt und versenden sie bundesweit.“ Einfach mal allein hingehen zu den Austernfeldern dürfe man nicht mehr, berichtet Christoffer Bohlig, zu viele Austern seien abhandengekommen. „Allerdings gibt es Führungen dorthin, und wir bieten auf Anfrage auch Gruppenführungen außer der Reihe an – einfach mal melden“, sagt Bohlig. Im Winter, Januar bis Februar, werden die Austern allerdings in die Halle nach List verbracht, dort überwintern rund 150 Tonnen Sylter Royal im permanenten Frischwasserstrom – der Eisgang draußen im Watt würde die Anlagen zerstören. Feinschmecker finden viele Begriffe, um den Geschmack der Sylter Austern zu beschreiben. „Für mich“, so Bohlig, „schmecken sie ganz einfach köstlich nach Meer! So, wie die Luft voller Gischt an einem stürmischen Tag am Strand.“ Die Nordsee! Das Wasser im Wattenmeer sei ideal für Austern; sauber und nährstoffreich, es tauscht sich zweimal am Tag aus, „das ist unglaublich rein.“ Bohlig und seine Leute sammeln vor Sylt auch wilde Austern. Die wachsen auf Sandbänken weit vor der Küste. „Wir nehmen unser Boot, fahren eine gute halbe Stunde hinaus und lassen uns draußen trockenfallen – denn wir haben die Lizenz zum Sammeln dieser Austern.“ Und die sind sehr viel größer: „Ein halbes Kilogramm pro Stück ist nicht ungewöhnlich, es gibt auch solche mit bis zu einem Kilo. Die nehmen wir dann hauptsächlich für zubereitete Gerichte – beispielsweise geräucherte Austern oder Austern im Tempurateig. 

www.sylter-royal.de 

© Hofladen Baumbach

 Schafe treten den Deich fest, damit schützen die Tiere das Land vor der Gewalt des Meeres – vom Frühjahr bis in den Herbst stehen sie auf jedem Deich an der Küste, sie sind vielleicht das Symboltier der Nordsee schlechthin. Von Ende Oktober bis Ende Februar verbringen die Schafe in der Regel ihre Zeit nicht direkt am Meer, den Winter aber auch auf der Weide. Aus der Wolle gibt es schöne, warme Sachen zum Anziehen, aus der Milch Käse und Pflegeprodukte wie Seife – und: Lammfleisch ist lecker. Gleich hinter dem Deich, nach der Anfahrt über den Straßendamm, auf Nordstrand liegt der Hofladen Baumbach. Der Blick reicht über Weiden, Wiesen, Wasser. Im Angebot ist hier natürlich auch Lammfleisch in allen Variationen: vom Fond im Glas über Wurst bis zur frischen Keule. „Wir bekommen unser Lammfleisch von der Landschlachterei Burmeister aus Viöl. Die Lämmer lebten zwischen Niebüll und Büsum, auf den Deichen an der ganzen Westküste“, berichtet Dörte Baumbach, „jetzt im Winter gehen die Stücke zum Schmoren gut; Rippchen, Haxen. Und das Lamm-Rilette aus dem Glas ist nicht nur als Brotaufstrich lecker, sondern auch köstlich zu Bratkartoffeln.“ Im Angebot ist ebenfalls Fleisch vom Galloway-Rind, auch diese Tiere leben hier an der Küste. Gleich nebenan: „Im Beltringharder Koog beweiden sie Naturschutzflächen, diese extensive Nutzung fördert und schützt nicht nur seltene Tiere und Pflanzen, sie sorgt auch für ein wohlschmeckendes Fleisch“, sagt Dörte Baumbach, „und: Unseren Kunden ist es besonders wichtig zu wissen, wo das Fleisch herkommt, wo das Tier gelebt hat.“ Auch vom Galloway-Rind wird so viel wie möglich genutzt – Knochen und Ochsenschwanz inklusive. Für den schnellen, aber hochwertigen, Genuss gibt es die Produkte auch vom Galloway im Glas; Gulasch oder Geschnetzeltes zum Beispiel. Köstliches von der Küste im Hofladen oder im Versand für zu Hause. 

www.lammfleisch.de         

© Syleter Marmeladenmanufaktur

Wer kennt denn die Krähenbeere. „Ich bin schon immer gern durch die Sylter Natur gestreift, um Beeren und Früchte zu finden und zu sammeln“, sagt Sabine Clahsen aus Morsum, „… es gibt reichlich. Man muss nur wissen, wo – und was man damit machen kann!“ Marmeladen kann man damit herstellen. Zum Beispiel. Sabine Clahsen sammelt Früchte und kocht daraus neben Marmelade auch Konfitüren, Gelees und Fruchtaufstriche. „Ich entdecke auf Sylt immer wieder etwas Neues!“ Diese Produkte kann man zum Beispiel in Morsum kaufen: Dort steht ein Schränkchen vor ihrem Grundstück, darin Gläser mit Marmeladen und Co. Hagebutte und Apfel, Krähenbeere, Quitte, Cranberry, vieles mehr; „..was eben so auf Sylt wächst.“ Die Krähenbeere wächst ebenso wie die Cranberry in der Heide, und natürlich sammelt Sabine Clahsen hier und anderswo unter Berücksichtigung von Eigentumsverhältnissen und Naturschutzregeln. Die Neugier und Experimentierfreude geht in der Küche weiter: „Äpfel mit Estragon und Calvados – das passt doch gut zusammen, und ich mag Estragon selbst gern, also probiere ich das einfach mal…!“ Manchmal würden sich Ideen ganz einfach so ergeben, dann wird ausprobiert und im Freundeskreis verkostet. Kommt es an, kommt es in das Verkaufsschränkchen. Jetzt, im Herbst und Winter, ist es auch die Bratapfel-Konfitüre. In ihrer Küche riecht es nach Rum und Rosinen, saftig, satt und aromatisch, auf dem Tisch liegen Mandeln und Äpfel. „Das wird im Advent gern genommen.“ Inzwischen wird im Mutter-Tochter-Team gearbeitet, Pia Clahsen ist seit einem Jahr mit dabei und lernt alles über Sylter Frucht und was man daraus machen kann. Im Verkaufsschränkchen ist immer ein gute Auswahl an Marmeladen und anderen Köstlichkeiten aus Sylter Frucht zu finden. „Es ist ein Verkaufsregal auf Vertrauen“, sagt Sabine Clahsen, „der Kunde wählt aus und gibt das entsprechende Geld einfach in die Kasse – das funktioniert übrigens seit fast vierzig Jahren.“ 

www.sylter-marmeladen-manufaktur.com 

© Hofkäserei Hartmann

Weiden bis zum Horizont, Milchvieh darauf. Landwirtschaft prägt das Bild; Föhr ist auch Bauernland. In Alkersum machen sie zum Beispiel Käse. „Die Milch für unsere Käserei bekommen wir vom Nachbarhof“, berichtet Jens Hartmann vom Hofladen  Föhrer Inselkäse, „…und in unserem Betrieb, hier auf dem Hof, verarbeiten wir sie zu Käse. Zu Butter, Quark und Joghurt auch – und zwar ohne Umwege. Das ist Föhrer Käse aus Föhrer Milch.“ Bereits vor rund dreißig Jahren begann Seniorchef John Hartmann damit, Käse herzustellen. Heute verkauft Familie Hartmann über den Hofladen in Alkersum und den online-shop neben vielerlei Sorten Föhrer Inselkäse zum Beispiel auch Wurst, Obst von der Insel nach Saison und „Unverpacktes“ (wie beispielsweise Nüsse) zum Selbstabfüllen. Föhrer Inselkäse gibt es auch im Einzelhandel auf der Insel und in der Föhrer Gastronomie. Zurück zum Käse, das ist Leidenschaft wie es bei Hartmanns auch die Landwirtschaft ist. „Wenn wir die Milch bekommen, erwärmen wir sie. Nachdem sie wieder abgekühlt ist, wird sie mit dem natürlichen Ferment Lab versetzt und damit dickgelegt“, erklärt Jens Hartmann, „die Milch trennt sich in Käsebruch und Molke.“ Der Käsebruch, also die Basis für jede spätere Sorte Käse, wird in Formen gedrückt und gegebenenfalls mit weiteren Zutaten wie Kräutern, Pfeffer oder anderen Gewürzen versehen. Dann muss der Käse reifen, es dauert Wochen. Jens Hartmann: „… das passiert hier bei uns auf dem Hof, wir gehen regelmäßig in den Reiferaum, wenden die Laibe und wischen sie mit Salzwasser ab.“ Dann ist es soweit: jung gereift und mild, oder länger gereift und entsprechend kräftiger, würziger, ist der Föhrer Inselkäse. „Klassisch gibt es unseren Käse natur, der schmeckt wie eine Mischung aus Gouda und Tilsiter“, sagt Jens Hartmann, „und beliebt ist der mit dem Bockshornkleesamen, das gibt dem Käse ein leichtes Aroma nach Walnüssen.“ 

www.foehrer-inselkaese.de        

© Andreas Thaden

Muss ich die etwa noch puhlen? „Sie dürfen das!“ Antwortet der Amrumer Fischer Andreas Thaden. Krabben selbst zu puhlen, das sei doch wie ein Geschenk – und auspacken ist die halbe Freude. Es ist ziemlich leicht zu lernen. Andreas Thadens Heimathafen ist Wittdün auf Amrum. Vom Tonnenhafen steuert er seinen Kutter „Butjadingen“ bis hoch zur dänischen Grenze, bis hinunter an die niederländische. Oft fischt er auch vor Amrum. „Die gefangenen Krabben werden noch auf See mit Meerwasser gekocht“, sagt er. Der Verkaufstand „Steuerhaus“ liegt am Wittdüner Tonnenhafen und ist in der Regel von Dienstag bis Samstag, von 10 bis 12:30 Uhr, (Angaben ohne Gewähr) geöffnet. Marie-Louise Thaden erklärt den Kunden auch gern, wie´s geht mit der Garnele, damit beim Krabbenpuhlen niemand hungrig bleiben muss. An manchen Tagen steuert Andreas Thaden auch den Hafen von Dagebüll an. Informieren kann man sich dazu – und zu anderen Fischern auch  – unter Information: fischvomkutter.de, dort sind Fischer aufgeführt, die direkt an der Hafenkante vom Kutter verkaufen. An der Westküste ist das beispielsweise in Husum oder Büsum der Fall. Auch Thaden verkauft manchmal Fisch, „…je nach dem, was ich im Netz hatte – mein Kutter ist schließlich kein Supermarkt.“ Dafür ist Fisch vom Kutter superfrisch und eben auch authentisch; es gibt nur das, was das Meer vor dieser Küste hergab. „Bei mir sind das je nach Saison hauptsächlich Schollen und Seezungen, Makrelen und auch kleine Nordsee-Tintenfische.“ Die Krönung, sagt er, sei der Kabeljau, gerade im Herbst und Winter ein besonderer Fang, ein besonderer Fisch, ein Genuss. Und Andreas Thaden tut draußen auf See noch etwas: er gewinnt Meersalz. Dazu leitet er die Abwärme vom Schiffsmotor durch Rohre unter eine Pfanne, darin verdampft Nordseewasser, das Salz fällt als Blüte aus, Thaden schöpft es ab und trocknet es, auch dies in Handarbeit. „Dabei bleiben die großen Kristalle erhalten, mein Meersalz knuspert im Mund, das ist richtig crispy!“ Und das stelle man sich jetzt auf einem schönen Stück vom Kabeljau vor. Wer mag, mit ´ner Hand voll Krabben dazu.  

www.fisch-vom-kutter.de      
 

Weitere Tipps 

Informationen zu regionalen Spezialitäten von Erzeugern, Händlern oder gastronomischen Betriebe, die im Bereich Nachhaltigkeit verantwortungsvoll handeln wie z.B. die FÖHRgreen-, Nationalpark Partner oder Feinheimisch Betriebe  gibt es  hier