Anette Hollenbach

Imkerin & Autorin

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Von Elefanten, Drogen & Bienen

Summ summ summ – Folge 12
4. Oktober 2019

Es klingt eigentlich nach einer traumhaften Idylle: ein Dorf mitten in Sambia, in dem Menschen und Tiere friedlich zusammenleben – außer, wenn die Elefanten mal wieder die Felder zertrampeln und die Ernte auffressen.

Ertragreiche Ernten einzuholen, ist in afrikanischen Ländern auch ohne Elefanten schon schwierig genug. Sintflutartige Regenfälle und der klimatische Wandel verschärfen die Situation zunehmend. Die Elefanten wiederrum bestehen auf ihre Jahrhunderte alten Wanderrouten – ein Konflikt zwischen Mensch und Tier, der häufig mit dem illegalen Abschuss von Elefanten endet. 

Heute leben ungefähr 3.500 Elefanten in der Kvango Zambesi Region, kurz KaZa. Diese Area verbindet die bestehenden Naturschutzgebiete von insgesamt fünf verschiedenen Nationen: Sambia, Angola, Botswana, Namibia und Zimbabwe.

Seit vielen Jahren haben die Farmer verschiedene Methoden ausprobiert, um die sensiblen Rüsseltiere von ihrer Ernte fernzuhalten. Früher schliefen sie meist direkt auf dem Feld. Nachts haben sie große Feuer entzündet oder auch mit Trommeln für Lärm gesorgt, allerdings nur mit mäßigem Erfolg.

© Anette Hollenbach

Chilli-Bombe

Eines Tages hatte eine geniale Idee die Runde in den Dörfern gemacht: die Chilli-Bombe.

Hier das Rezept: Man nehme frischen Elefantenmist und zu gleichen Teilen fügt man eine Mischung aus zerstoßenem Chili und Wasser hinzu. Die Zutaten werden nun miteinander vermengt und solange gerührt, bis die Masse die richtige Konsistenz erreicht. Anschließend stürzen und in der Sonne trocknen.  Zuletzt drückt man eine kleine Mulde auf die Oberfläche und fertig ist die Öko-Waffe.

Sollten sich nun die Elefanten den Feldern nähern, platzieren die Farmer die Chili-Bomben rund um die Maisflächen. In die kleinen geformten Mulden werden glühende Kohlestückchen gelegt. Sofort verströmt das Chilli-Elefanten-Abwehrhäufchen einen beißenden Geruch. Die Elefanten meiden Chilidämpfe – sehr zur Freude der Farmer.


Elefanten-Abwehr-Bienen

Auch mit verteidigungsfreudigen Bienen, und nicht mit Mäusen, lassen sich Elefanten wirkungsvoll aus landwirtschaftlichen Flächen vertreiben. Das entdeckten zwei Wissenschaftler in Kenia. Fritz Vollrath von der University of Oxford und Lain Douglas-Hamilton von der kenianischen Organisation Save the Elephant, haben beobachtet, dass Elefanten Gebiete meiden, in denen Bienenvölker der angriffslustigen Bienenart Apis mellifera scutellata vorkommen. Durch Ausbringen der Bienenstöcke ließen sich nach Ansicht der Forscher landwirtschaftliche Flächen effektiver und kostengünstiger vor den Zerstörungen durch Elefantenherden schützen als Zäune zu ziehen. Diese werden ohnehin versucht zu durchbrechen, denn die Tiere lassen sich nicht aufhalten, ihre Routen, die bereits ihre Vorfahren seit Jahrhunderten laufen, zu bewandern.

Schon allein das wütende Summen der Bienen reicht in der Regel aus, um die Elefanten laut trompetend in die Flucht zu schlagen. Die Dickhäuter, die ja gar keine sind, fürchten sich vor Stichen in ihre sensiblen Rüssel und Ohren. Um die Bienen-Elefantenabwehr noch effektiver zu machen, werden die Bienenkästen, die in Bäumen hängen, durch einen Draht verbunden. Sobald ein Elefant gegen diesen Draht stößt, vibrieren diese und die Wächterbienen schwärmen zu hunderten aus, um den Feind mit ihrem Stachel zu bekämpfen. In Südafrika werden die Bienenkästen in die Marulabäume gehängt, um diese Baumart vor dem Abfressen zu schützen. Elefanten lieben nicht nur die Blätter, sie haben es vor allem auf die Frucht abgesehen, die viermal so viel Vitamin C als eine Orange enthält. Aus der Frucht wird auch ein köstlicher Likör hergestellt.

© Anette Hollenbach


Drogenfahndung

Als hätten unsere Bienen noch nicht genug damit zu tun, Pflanzen zu bestäuben, könnte bald ein weiteres Arbeitsfeld auf die Insekten zukommen: illegale Substanzen in Koffern und Gepäck anzuzeigen. Vorteil gegenüber dem klassischen Spürhund sind die geringeren Kosten der Ausbildung, die längere Einsatzdauer und die schnellere Konditionierung der Biene gegenüber einer Fellnase. Während ein Hund nach 20 Minuten eine Pause benötigt könnte die Honigbiene bis zu 48 Stunden durcharbeiten.

Die Bienenausbildung funktioniert dabei über schwache Stromstöße – angeblich nicht gefährlich für das Tier, aber durchaus unangenehm. Dafür wird die Biene in einen kleinen, flachen Kasten gesperrt. Anschließend wird von einer Seite der Duft der gewünschten Droge in den Aufbau geleitet und die jeweilige Seite unter Strom gesetzt. Das Gehirn der Biene verbindet den Geruch mit einem Gefühl von Bedrohung. Als Reaktion versucht sie zu fliehen oder streckt ihren Stachel hervor, sobald sie in die Nähe der Droge kommt.

Die Idee geht auf die Forschung des Loewe-Zentrums für Insektenbiotechnologie an der Universität Gießen zurück. Hier wird bereits seit vielen Jahren zum Thema Geruchssinn der Biene geforscht. Der ist übrigens so präzise, dass sie einzelne Duftmoleküle erkennen kann. Die Bienen-Drogenfahndung liefe in der Praxis ähnlich wie bei der Konditionierung ab: Eine Maschine saugt Luft aus den Gepäckstücken und setzt diese den Bienen vor, die in ihren Kästen warten. Zeigen sich die Tiere gereizt, befinden sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine illegale Substanz darin.

Ein weiterer Vorteil Bienen einzusetzen: Die Ausbildung eines Drogenspürhundes dauert viele Monate. Für die Konditionierung der Bienen braucht es nur wenige Minuten. Es wäre also schnell für frisches Tier-Personal gesorgt, wenn es um das Anzeigen einer neuartigen Droge geht.
Kaspar Bienefeld, Direktor des Länderinstituts für Bienenkunde in Brandenburg, sieht durchaus das Potenzial der Konditionierung auf Drogen. Allerdings hat er Bedenken wegen der kurzen Lebenszeit des Tieres. „Die Biene wachse heran und sei dann theoretisch nur für einen Zeitraum von drei Wochen in der Lage, tatsächlich nach Drogen zu suchen. Zusätzlich wirkt sich die Arbeit und die Konditionierung nicht unbedingt positiv auf die Lebenserwartung aus“, sagt Bienefeld.  

Mir tut es weh, wenn ich darüber nachdenke, dass eine Honigbiene mit Stromstößen konditioniert wird, gerade auch im Hinblick auf ihr kurzes Leben. Die Zeiten, in denen Polizeihunde mit Teletakt (Stromstößen) ausgebildet wurden, gehören Gott sei Dank längst der Vergangenheit an. Es ist schlichtweg Tierquälerei. Auf Flughäfen gehören Drogenspürhunden, keine Drogenspürbienen. 


Bienen als elefantenfreundlicher Baumschutz

© Hofbienerie Anette Hollenbach

 

Hofbienerie Anette Hollenbach

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