Knapp 15.000 Gastro-Betriebe sind laut einer Analyse des Informationsdienstleisters Crif insolvenzgefährdet. Die Rückkehr zum regulären Mehrwertsteuersatz dürfte die Lage für viele zusätzlich erschweren.
In der Gastronomie wächst die Zahl der von Pleite bedrohten Betriebe. Mitte November galten einer Auswertung des Wirtschaftsinformationsdienstleisters Crif zufolge 15.069 Restaurants, Gaststätten, Imbisse und Cafés in Deutschland als insolvenzgefährdet.
Das entspreche 12,6 Prozent der knapp 120.000 analysierten Betriebe. Im August waren es den Angaben zufolge noch 11,9 Prozent. Im Januar 2020 – vor der Coronapandemie – lag die Zahl insolvenzgefährdeter Gastronomiebetriebe bei 12.662 beziehungsweise 10,7 Prozent.
Wegen der Rückkehr zum normalen Mehrwertsteuersatz erwarten Branchenbeobachter weitere Insolvenzen: Nach dem Willen der Ampelkoalition soll die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Speisen von 19 auf sieben Prozent zum 1. Januar 2024 auslaufen. Hinzu kommen steigende Preise für Energie und Lebensmittel sowie ein großer Personalmangel, die die Branche seit Monaten belasten.
„Die Anhebung der Mehrwertsteuer wird vor allem für bereits finanziell angeschlagene Gastronomiebetriebe die Lage weiter verschärfen“, sagte Frank Schlein, Deutschlandchef von Crif. Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga hat vergangene Woche gewarnt, bis zu 12.000 Betrieben könnte die Steuererhöhung den Rest geben.
Kneipen kränkeln noch immer
Schlein sprach von einer Zweiteilung, die sich in der Gastronomie zeige. „Unternehmen, die sich in einer stabilen finanziellen Lage befinden, haben ihre Widerstandsfähigkeit weiter gestärkt. Hingegen sehen sich Gastronomiebetriebe, die bereits zuvor mit Problemen zu kämpfen hatten, vermehrt mit der Gefahr der Insolvenz konfrontiert.“
Auf Jahressicht 2023 prognostiziert Crif derzeit in der Gastronomie 1600 Insolvenzen und damit 36,5 Prozent mehr als 2022. „Im kommenden Jahr werden die Insolvenzen in der Gastronomie weiter steigen“, sagte Schlein.
Dabei hat sich die deutsche Gastronomie immer noch nicht komplett von der Coronakrise erholt. Die Betriebe erzielten im September einen preisbereinigten Umsatz, der 12,6 Prozent unter dem Niveau vom September 2019 lag, wie das Statistische Bundesamt berichtete. Auch zum Vorjahresmonat fehlten 0,2 Prozent.
Hart getroffen sind insbesondere die Kneipen. Im Bereich Getränkeausschank gingen die Erlöse innerhalb von vier Jahren um 34,5 Prozent zurück. Restaurants, Gaststätten und Cafés verzeichneten eine Lücke von 8,1 Prozent.
In der Pandemie hatten zudem zahlreiche Beschäftigte der Branche den Rücken gekehrt. Und noch immer fehlen vielerorts Fachkräfte. So lagen die Beschäftigtenzahlen im September zwar 4,0 Prozent höher als vor einem Jahr, aber auch 6,7 Prozent unter dem Vorkrisenniveau von 2019.
Im Kampf um das knapper gewordene Personal können die Betriebe laut Statistischem Bundesamt aber nur selten mit mehr Geld locken. Exakt die Hälfte der Gastro-Beschäftigten arbeitete im Oktober 2022 zu Niedriglohnbedingungen. In der Gesamtwirtschaft lag der Anteil an Niedriglohnjobs mit einem Stundenlohn von damals 12,76 Euro lediglich bei 15,2 Prozent.