Jens Mecklenburg

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Restaurantbesuch wird im nächsten Jahr teurer – Mehrwertsteuer steigt in der Gastronomie wieder auf 19 Prozent

21. November 2023

Die Zeit der reduzierten Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie endet am 31. Dezember 2023 und wird nicht verlängert. Das haben die Fraktionen der regierenden Ampelkoalition in der Nacht zum Freitag in ihren Haushaltsverhandlungen entschieden. Damit steigt der Mehrwertsteuersatz ab 2024 wieder auf 19 Prozent.

„Es ist uns leider nicht gelungen, die Verlängerung zu einem gemeinsamen Koalitionsprojekt zu machen“, sagte der FDP-Abgeordnete Christoph Meyer. Die Liberalen hatten sich für eine Verlängerung eingesetzt, Grüne und SPD waren dagegen.

Laut Meyer wäre eine Einigung der Ampel-Parteien zwar möglich gewesen. Aber auch mit Einigung in der Koalition sei die Zustimmung der Länder und die Übernahme ihres Anteils an den Kosten von insgesamt 3,6 Milliarden Euro vollkommen offen gewesen. Außerdem habe das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Verwendung der Mittel aus dem Corona-Fond „die Haushaltsspielräume zusätzlich eingeschränkt“.

Restaurantbesuche werden teurer

Speisen in Restaurants dürften deshalb im neuen Jahr vielerorts teurer werden. Der reduzierte Steuersatz von sieben Prozent war wegen der Corona-Pandemie und den Folgen des Ukraine-Kriegs eingeführt worden, um die Gastronomiebetriebe zu unterstützen. Er sollte ursprünglich zeitlich begrenzt gelten. Die Gastrobranche hatte jedoch gefordert, dass der niedrigere Steuersatz länger gelten sollte. Andernfalls seien „weniger Gäste, weniger Umsatz, weitere Betriebsaufgaben, Umsatzverluste bei Lieferanten und Partnern und Arbeitsplatzverluste zu erwarten, hatte der Branchenverband DEHOGA gewarnt. Neben der FDP hatten auch die Unionsparteien und die AfD darauf gedrungen, die niedrigere Besteuerung fortzusetzen. „Unsere Wirtschaft und Bevölkerung müssen in diesen Krisenzeiten entlastet werden – und nicht belastet“, sagte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. „Anstatt die Preise beim Essen zu erhöhen, braucht es eine Senkung der Steuer auf Grundnahrungsmittel auf null Prozent.“

Lob von Ökonomen

Viele Ökonomen halten die Entscheidung dagegen für richtig. „Der Ampel gebührt Lob, dass sie jetzt endlich stärker priorisiert“, sagte Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Die Argumente der Gastronomiebranche für eine Entfristung der Steuersubvention seien immer schwach und widersprüchlich gewesen. „Diese sehr teure Vergünstigung ist sozial problematisch, weil sie besonders den Wohlhabenden zugutekommt“, sagte Heinemann.

Auch die Vorsitzende des Sachverständigenrates, Monika Schnitzer, fände es falsch, „eine bestimmte Branche jetzt dauerhaft“ so stark zu unterstützen.

„Fataler Irrweg“

Zahlreiche Landes-Politiker aus dem Norden wollten sich bis zuletzt für den geringeren Mehrwertsteuersatz einsetzen. Der Branchenverband DEHOGA befürchtet eine Pleitewelle in der Gastronomie im Norden, wenn die Steuer wieder steigt. Im Gespräch mit NDR 1 Radio MV zeigt sich Dehoga-Verbandspräsident Schwarz entsetzt, er kann die Ampel-Entscheidung nicht nachvollziehen. Noch vor wenigen Tagen habe man die Information bekommen, dass die Koalition in Berlin sich dafür entschieden habe, die reduzierte Mehrwertsteuer für ein Jahr zu verlängern. „Die Steuererhöhung ist ein fataler Irrweg und richtet sich gerade in Mecklenburg Vorpommern gegen Tausende Betriebe, familiengeführte, kleine und mittelständische Betriebe, gegen viele Mitarbeiter und auch gegen viele Gäste – und das wird fatale Auswirkungen haben“, so Schwarz.

Mehrwertsteuererhöhung trifft auch Kitas, Schulen und Heime

Durch Inflation, andere Teuerungen und große Unsicherheiten in der Bevölkerung haben auch potenzielle Gäste deutlich weniger Geld zur Verfügung. Da ein Restaurantbesuch in Zukunft noch teurer werde, müssten sich viele diesen sicher zweimal überlegen, so Schwarz. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig sagte, erschwerend komme hinzu, dass auch Kitas, Schulen, Krankenhäuser und Pflegeheime von einer Mehrwertsteuererhöhung in der Gastronomie betroffen seien. „Eine zusätzliche Belastung von Familien und Seniorinnen und Senioren ist eine falsche Entscheidung“, so Schwesig. „Wir brauchen für Familien und Wirtschaft Entlastung statt Belastung.“

Schwarz sagte: „Wenn wir das Geld an so wahnsinnig vielen Stellen in Größenordnungen rausgeben, aber nicht an der Stelle, wo es wirklich um die Existenz der familiengeführten Betriebe und der Gastronomie und wirklich des kleinen Mannes und der kleinen Frau geht, kann ich das nicht nachvollziehen. Ich bin wahnsinnig wütend und fassungslos.“

Wirtschaftsminister sieht Branche doppelt benachteiligt

Mecklenburg-Vorpommerns Minister für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit, Reinhard Meyer, hat bereits angekündigt, das Thema beim Wachstumschancengesetz erneut zu thematisieren. „Die Anhebung auf 19 Prozent ab dem kommenden Jahr schwächt den Tourismus und die Wirtschaft. Die Branche ist jetzt doppelt benachteiligt. Zum einen steigt der Mehrwertsteuersatz und gleichzeitig profitiert ausgerechnet die Gastronomie nicht von der abgesenkten Stromsteuer“, so Meyer in einer Pressemitteilung.

„Im Falle einer Steuererhöhung auf 19 Prozent droht 12.000 Betrieben das Aus“, hatte DEHOGA-Präsident Guido Zöllick gemahnt. „Wir wollen, dass Gastronomie bezahlbar bleibt sowie die kulinarische Vielfalt und Esskultur in unserem Land erhalten werden.“

Essen und Trinken zum Mitnehmen, im Supermarkt und bei Lieferung, werden wie schon zuvor grundsätzlich mit sieben Prozent besteuert. Warum man auf to-go Speisen, in der Regel Fastfood, weniger Mehrwertsteuer zahlt als für frisch gekochtes Essen, bleibt ein deutsches Geheimnis.