Jens Mecklenburg

Herausgeber & Autor

Zum Portrait

Träume und Schäume

Lillebräu – es läuft
6. Juni 2019

Die ersten Chargen brauten sie noch in einer kleinen Versuchsküche. Mittlerweile verfügt Lille über eine eigene hochmoderne Brauanlage mit Schankraum. Hier trifft sich die Kieler Craft-Beer-Szene.

© Lille

Die braune Flasche mit dem schwarzen Etikett ist schlicht und schön.

„Lille läuft“ steht drauf. Es ist der Name eines Kieler Craft-Bieres, entwickelt und gebraut von den Designern Florian Scheske und Max Kühl. Die zwei sind Absolventen der Muthesius Kunsthochschule, nun brauen sie dieses kaltgehopftes, unfiltriertes Lager-Bier mit einem beerig-fruchtigen Geruch und leicht karamelligem Geschmack mit feiner Bitter-Note. Sie gehören einer Bewegung an, die sich seit einigen Jahren schwungvoll in (Nord)Deutschland ausbreitet: Der Craft-Beer-Bewegung. Der Trend stammt aus Amerika und hat seinen Ursprung in den 1970er Jahren. Weil der amerikanische Biermarkt von wässrigem Lager dominiert wurde, gründeten sich immer mehr regionale Mikro-Brauereien, die dem Einheitsgeschmack ein Ende bereiten wollten. Craft Beer bedeutet nichts anderes als handwerklich gebrautes Bier. Aus der Bewegung wurde Lifestyle. „Wir erleben hier schon eine kleine Bierrevolution“, freut sich Florian Scheske (33).


Bier braucht Heimat 

Obwohl der Bierabsatz insgesamt rückläufig ist, steigt die Nachfrage nach dem handwerklich gebrauten Bier an. „Es gibt inzwischen so viele gute Craft Biere auf dem Markt, dass man jeden Tag eine andere Sorte trinken könnte – und das ziemlich lange“, sagt Max Kühl (34). Wenn sich die Jungunternehmer an ihr erstes Bier erinnern, müssen sie lachen. „Das war so bitter, alter Schwede! So richtig heftig“, erzählt Kühl mit großen Augen. Das zweite war auch nicht viel besser, fügt Scheske hinzu: „Wir haben ein Kölsch gebraut, und das ist uns umgekippt.“ Scheske und Kühl nahmen es locker mit einem Spruch aus der Bierbrauer-Szene: „Die ersten drei für die Säue!“ Sie haben sich nicht entmutigen lassen und fanden die richtige Rezeptur. Die erste kleinen Marge brauten sie noch in ihrer Versuchsküche. Dann ließen sie in anderen Brauereien brauen, heute verfügen sie über eine eigene hochmoderne Brauanlage. Rund 40 Bars und Restaurants in Kiel und Hamburg bieten mittlerweile ihre Biere an: Lager, Pilz, Helles, Scout, Pale Ale und Weizen. Im Kieler Handel ist Lille gut vertreten. Man ist Mitglied von FEINHEIMISCH – Genuss aus Schleswig-Holstein und Partner des Schleswig-Holstein Gourmet Festivals.

© Lille

Brauerei mit Schankraum

Eineinhalb Jahre wurde geplant und gewerkelt. 1,5 Millionen Euro haben die beiden Jungunternehmer investiert. Im November 2018 eröffnete sie in einem ehemaligen Coca-Cola-Werk am Kieler Eichkamp ihre eigene Brauerei. Etliche schlaflose Nächte liegen hinter ihnen. Aber Max Kühl und Florian Scheske sind richtige Frohnaturen. Nichts bringt sie so schnell aus der Ruhe. Stolz führen sie durch ihre 1000 Quadratmeter Halle, vorbei am Malzlager, an der Flaschenabfüllanlage, an blitzenden Fliesen und funkelnden Stahltanks. In 3000- und 6000-Liter-Tanks gärt das Bier. Nun sind sie richtig angekommen in Kiel. „Jedes Bier braucht eine Heimat“, finden sie.

© Lille

Mitten in der Brauerei, mit Blick auf die gesamte Produktion, kann man seit Ende 2018 von Donnerstag bis Samstag gleich vor Ort das Bier genießen. Hier bekommt man alle Lille-Sorten frisch vom Hahn gezapft. Zusätzlich werden Gastbiere befreundeter Brauereien angeboten und wöchentlich ein Spezialbier von Lille aus der Flasche. Als alkoholfreie Alternative werden Apfelsäfte von umliegenden Obsthöfen und Mostereien ausgeschenkt und für die feste  Grundlage sorgt – na klar – „Streetfood“. Die „Foodtrucks“ stehen direkt vor der Brauerei oder auch mal mitten drin. Bei der Auswahl des Essens wird auf lokale Anbieter mit regionalen Produkten geachtet. Im Schankraum trifft sich die Kieler Bierszene und fachsimpelt über Hopfen & Malz. Man gibt sich locker und entspannt.

Im Handel kosten ihre Bier rund 2,50 Euro die Flasche. „Es ist in der Qualität, in der wir es bringen, nicht günstiger zu produzieren,“ erklärt Scheske. Kein Problem: Die Nachfrage nach Qualitätsbier steigt. Was noch zu klären wäre: Die Brauerei wurde nach der Figur Lillebror aus dem Kinderbuch „Karlson von Dach“ benannt. Die Jungs träumten, flogen auf und davon und nun schäumt es kräftig. Seit ihrem Studiumabschluss sind sie Bierbrauer. Ein anspruchsvoller, kreativer und schöner Beruf – der den Kieler-Bierkosmos um einige Brauspezialitäten reicher gemacht hat.

© Lille
© Lille

lillebräu GmbH
Max Kühl und Florian Scheske

Eichkamp 9c
24116 Kiel

Tel. 0431/90 88 97 84

www.lillebraeu.de

Öffnungszeiten Schankraum:
Donnerstag – Samstag ab 17 Uhr