Thomas Schanz aus dem rheinland-pfälzischen Piesport an der Mosel ist vom Restaurantführer Gault&Millau zum Koch des Jahres gekürt worden. „Weitab von den Metropolen hat der bescheidene, zurückhaltende Thomas Schanz den elterlichen Betrieb in aller Stille in eines der besten Restaurants der Republik verwandelt», befanden die Gastronomiekritiker am Donnerstag letzter Woche bei einer Online-Gala zur Kür.
Das Restaurant Schanz erhielt19 von 20 möglichen Punkten. Der neu gekürte Koch des Jahres 2021 hat schon viele Preise erhalten, darunter zwei Michelin-Sterne des Guide Michelin.
Exquisite französische Küche
Er setzt auf eine exquisite französische Küche – kombiniert mit regionalen Produkten. So komponiert er einen „Tapis von der Gänseleber mit Tomatenkirsch-Relish“ ebenso wie ein „Frikassee vom bretonischen Hummer“ oder einen „Hunsrücker Rehrücken mit Topinambur“. Die Feinschmecker von Gault&Millau bescheinigten dem 40-Jährigen eine „akribische Arbeit“ und „eine zeitgemäß-komplexe Stilistik auf Basis der klassischen französischen Produktküche“.
Im Gault&Millau für 2021 werden rund 1000 Restaurants quer durch Deutschland empfohlen – darunter die 500 besten, wie der Burda-Verlag mitteilte. Mehr als 60 Restaurants seien neu in den Guide aufgenommen worden. Das zeige eine „großartige gastronomische Vielfalt in unserem Land. Der Gault&Millau gilt neben dem Guide Michelin als wichtigster Gourmetführer Deutschlands.
Zahlreiche Aufsteiger im neuen Gault&Millau belegten, dass auch die Qualität in der deutschen Gastronomie weiter zunehme, teilte Burda weiter mit. In der Spitzengruppe der 19-Punkte-Köche zählten dazu Hendrik Otto vom Lorenz Adlon Esszimmer in Berlin und Andreas Krolik vom Lafleur in Frankfurt.
In der Gruppe der deutschen Spitzenköche mit 19,5 von 20 Punkten stehen 2021 sechs Köche, darunter Sven Elverfeld vom Aqua in Wolfsburg, Christian Bau vom Victor’s Fine Dining in Perl und Tim Raue in seinem nach ihm benannten Restaurant in Berlin.
Aufsteiger kommt aus Hamburg
Zum Gastronom des Jahres 2021 wurde Vincent Klink von der Wielandshöhe in Stuttgart ernannt. Hannes Radeck (Ox & Klee, Köln) bekam eine Ehrung als Patissier des Jahres; Nancy Grossmann (Rutz, Berlin) als Sommelière des Jahres. Max Goldberg (Oxalis, Schluchsee) kann als Entdeckung des Jahres punkten und Matteo Ferrantino (bianc, Hamburg) ist als Aufsteiger des Jahres dabei.
Koch des Jahres mit Bodenhaftung
Bei Thomas Schanz geht es entspannt zu. Der Spitzenkoch legt Wert darauf, dass sich seine Gäste wohlfühlen, wenn sie in seinem Gourmetrestaurant speisen. „Die Atmosphäre ist hier sehr locker, sie soll locker sein“, sagt Schanz.
„Es soll keine Schwellenangst geben. Es geht um ein Erlebnis.“
Beschwingt und kreativ geht es auch auf seinen Tellern zu. Er setzt auf eine exquisite französische Küche – kombiniert mit Produkten aus der Region. So komponiert er einen Tapis von der Gänseleber mit Tomatenkirsch-Relish und Cremeeis ebenso wie ein Frikassee vom bretonischen Hummer mit Maracuja-Consommé oder einen Hunsrücker Rehrücken mit Topinambur und Zitronenmyrte-Jus.
Schanz kocht da, wo er herkommt. Gelernt hat der Sohn einer Winzer- und Hoteliersfamilie aus Piesport in Rheinland-Pfalz aber woanders – und zwar bei großen Namen. Ab 1999 machte er eine Kochlehre im Hotel Traube Tonbach in Baiersbronn. „Da habe ich natürlich Blut geleckt“, erzählt der 40-Jährige. „Ich habe gesehen: Das ist ein Superjob, da kannst du dich entfalten. Du kannst kreativ sein.“
Von da an gab es für ihn „kein Zurück mehr“. Er habe gesehen, dass das genau das war, was er machen wollte. Von seinem ursprünglichen Plan, nach einer ersten Ausbildung, die er im Allgäu gemacht hatte, als Hotelfachmann zu arbeiten, rückte er ab.
Nach seiner Kochlehre folgten Stationen in zwei Drei-Sterne-Küchen: bei Klaus Erfort in Saarbrücken und bei Helmut Thieltges im Waldhotel Sonnora in Dreis (Kreis Bernkastel-Wittlich). Dort habe er „alles aufgesaugt“, was er nur konnte, sagt Schanz. „Meine Lehrjahre waren sehr wichtig und sind auch jetzt sehr hilfreich. Ich weiß, dass man nichts geschenkt bekommt.“ Im Spätsommer 2011 kehrte es dann in seine Heimat Piesport zurück und eröffnete sein eigenes Restaurant.
Der Erfolg kam schnell. Bereits im Jahr 2012 bekam er seinen ersten Michelin-Stern des Guide Michelin. In 2015 folgte dann der zweite. Dann wurde er in 2016 vom Gault&Millau zum Aufsteiger des Jahres gekürt, andere Ehrungen folgten. Nun kam der Ritterschlag zum Koch des Jahres 2021 dazu: „Es ist eine unfassbare Ehre“, sagte Schanz. „Gänsehautgefühl. Ich bin unheimlich stolz auf das, was wir erreicht haben.“
Weitab der Metropolen
Bei der Online-Auszeichnung befanden die Gastronomiekritiker am Donnerstag: „Weitab von den Metropolen hat der bescheidene, zurückhaltende Thomas Schanz den elterlichen Betrieb in aller Stille in eines der besten Restaurants der Republik verwandelt“. Die Experten bescheinigten ihm eine „akribische Arbeit“ und „eine zeitgemäß-komplexe Stilistik auf Basis der klassischen französischen Produktküche“. Sein Restaurant erhielt 19 von 20 möglichen Punkten.
Schanz ist bei seinen kulinarischen Höhenflügen bodenständig geblieben. Seinen Arbeitsplatz nennt er einen „kleinen, feinen Familienbetrieb im Herzen der Mittelmosel“. Und selbst sagt er über sich: „Ich habe eine sehr gute Bodenhaftung.“ Seine Küche lockt Gäste quer aus Deutschland, aber auch aus dem angrenzenden Luxemburg und Frankreich in den kleinen Winzerort, der für seine Weinlagen weltberühmt ist.
Bei Schanz legendär ist das Trüffel-Ei, das zum festen Programm gehört und zwischendurch gereicht wird. In dem Ei steckt eine gestockte Trüffel-Eicreme, darunter Trüffeljus, braune Butter, Trüffel und eine aufgeschäumte Trüffelsauce. Er könne das Trüffel-Ei nicht weglassen. „Die Leute fordern das.“
Der Job sei „harte Arbeit“. Aber: „Ich liebe das, was ich mache und ich lebe es auch. Ich koche jeden Tag selbst mit.“ Das Schöne an dem Beruf sei, „dass man ein paar Grundprodukte hat und aus diesen etwas erschaffen kann“, sagt er. Er wolle sich immer weiterentwickeln: „Ich habe immer das Ziel, das nächste Gericht besser zu machen als das vorherige.“
Gastgeberin des Jahres kommt aus Berlin
Ilona Scholl vom Kreuzberger Restaurant Tulus Lotrek ist vom Gault&Millau zur Gastgeberin des Jahres 2021 gekürt worden. Sie sei ein Musterbeispiel einer Gastgeberin, urteilte der Restaurantführer. „Während ihr Partner Max seine Vision einer furchtlosen Küche umsetzt, sorgt sie im designermöbelfreien Berliner Altbauwohnzimmer dafür, dass sich ihre Gäste umsorgt und willkommen fühlen wie kaum irgendwo sonst.“ Der Restaurantführer würdigte auch die von Scholl gestartete Corona-Aktion „Kochen für Helden“, bei der Ärzte und Pflegepersonal Essen serviert wurde.
Den Titel Sommelière des Jahres 2021 bekam die Weinexpertin Nancy Grossmann vom Berliner Restaurant Rutz. Der Gault&Millau schreibt: „Ohne eitle Selbstdarstellung gelingt es ihr, die komplexen Teller von (Koch) Marco Müller kongenial zu begleiten.
Der Gault&Millau gilt neben dem Guide Michelin als wichtigster Gourmetführer Deutschlands. In diesem Jahr ist einiges anders: Sowohl der Verlag als auch die Chefredaktion haben gewechselt und auch bei den getesteten Restaurants hat sich etwas geändert. Wurden in der Vergangenheit noch mehr als 1000 Restaurants in Deutschland getestet, sind es jetzt nur noch 500, wie der Burda-Verlag mitteilte. 500 weitere Betriebe sollen empfohlen, aber nicht mit Punkten benotet werden.