Jens Mecklenburg

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Sternevergabe durch den Guide Michelin

Neue Sternerestaurants im Norden
4. März 2020

Alles in allem zeichnet der aktuelle Restaurantführer 308 Häuser aus, eins weniger als im Vorjahr. Die Sterne sollten eigentlich bei einer großen Feier am Dienstag in Hamburg verliehen werden. Wegen des Coronavirus wurde die Veranstaltung jedoch abgesagt.

Michelin-Gala 2019 ©MIchelin

Das Restaurant „Rutz“ in Berlin unter der Leitung von Küchenchef Marco Müller erhält von den Testern des Guide Michelin erstmals die höchste Auszeichnung von drei Sternen. Damit gibt es in Deutschland unverändert zehn Adressen mit der Bestnote. 



Keine Sterne für die Schwarzwaldstube

Bittere Nachrichten gab es für die abgebrannte «Schwarzwaldstube» in Baiersbronn. Dem Traditionshaus, das sich 27 Jahre lang in Folge mit drei Sternen schmücken konnte, wurden diese aberkannt. Auch die benachbarten «Köhlerstuben» verlieren ihren erst im vergangenen Jahr erkochten einen Stern. Beide Häuser waren im Hotel «Traube Tonbach» untergebracht, in dem im Januar ein Feuer ausgebrochen war. Sie sollen nun mit einem ehrgeizigen Zeitplan bis 2021 wiederaufgebaut werden.

«Wir sind einfach zu dem Entschluss gekommen, dass wir Restaurants, die nicht mehr existieren, nicht mehr empfehlen können. Da würden wir uns unglaubwürdig machen», sagt der Direktor des Guide Michelin für Deutschland und die Schweiz, Ralf Flinkenflügel. «Die Sterne sind ja nicht aus Qualitätsgründen gestrichen worden, sondern weil ein großes Unglück geschehen ist.»

Insgesamt verloren 30 Häuser aus ganz Deutschland ihre Sterne. Entweder weil sie geschlossen haben, die Qualität abgenommen hat oder weil sie ein neues Konzept verfolgen.



Zahl der Drei-Sterne-Restaurants bleibt gleich

Trotz des Wegfalls im Schwarzwald bleibt die Zahl der Drei-Sterne-Restaurants bundesweit konstant bei zehn, da das Berliner «Rutz» neu hinzugekommen ist. Küchenchef Müller habe in nur kurzer Zeit «eine sagenhafte Entwicklung vollzogen», erklärt der internationale Direktor des Guide Michelin, GwendalPoullennec. Die Gerichte seien voller Finesse. «Auch in ihrem ausgeprägten Bezug zur Natur heben sie sich deutlich ab.»

Mit dem Zugewinn für Berlin haben nun erstmals Deutschlands drei größte Städte ein Drei-Sterne-Restaurant. In Hamburg und München konnten «The Table Kevin Fehling» und das «Atelier» die Top-Auszeichnung halten.

Gleich 43 Restaurants würdigten die Tester mit zwei Sternen, so viele wie noch nie. Darunter sind sieben Neuzugänge. So konnte das in Berlin-Neukölln ansässige «Coda Dessert Dining» innerhalb nur eines Jahres einen zweiten Stern hinzugewinnen. In lässigem Ambiente serviert René Frank eine laut Michelin «unverwechselbare und kreative Küche auf Basis moderner Patisserie-Techniken» – und verzichtet dabei konsequent auf industrielle Produkte.

Kann Berlin inzwischen mit anderen europäischen Metropolen mithalten? «Sicher noch nicht mit London oder Paris. Aber die Entwicklung, die Berlin genommen hat in den letzten 10, 15 Jahren ist schon bemerkenswert», sagt Flinkenflügel.

Ebenfalls neu aufgestiegen in die Zwei-Sterne-Kategorie sind in Bayern das «Les Deux» in München und «Obendorfers Eisvogel» in Neunburg vorm Wald. Außerdem das «Olivo» in Stuttgart, das «Gustav» in Frankfurt, das «bianc» in Hamburg sowie das «Jante» in Hannover. «Wir verfolgen, dass die guten Küchenchefs sich dort niederlassen, wo die Nachfrage ist und das konzentriert sich immer mehr auf die Großstädte», sagt Flinkenflügel. Und dann gebe es natürlich traditionell die Regionen in Baden-Württemberg und Bayern, in denen die Spitzengastronomie über viele Jahre gewachsen sei.

Die Trends

Was sind die Trends, die sich abzeichnen? Zum einen natürlich mehr vegetarische und vegane Angebote sowie regionale und saisonale Zutaten. «Die Spitzenrestaurants werden immer bunter und immer vielfältiger», erklärt Flinkenflügel. Es gebe keinen Einheitsbrei, sondern eine schöne Vielfalt.

Bereits seit Jahren setzt sich zudem das «Casual Fine Dining» durch. Der Besuch eines Sterne-Restaurants sei längst keine formelle und elitäre Angelegenheit mehr, sagt Poullennec. Und in der Tat, gerade in den Städten sieht man bisweilen mehr Tätowierungen als Krawatten.

255 Häuser können sich über einen Stern freuen, wobei ein Haus im Kleinwalsertal in Österreich liegt – aber eine Straßenverbindung nach Deutschland hat. Ein Restaurant, das die Tester besonders beeindruckt habe, sei das «mural» in München, das jetzt mit einem Stern ausgezeichnet wurde. «Dort kochen zwei junge Küchenchefs, die keine 25 Jahre alt sind», sagt Flinkenflügel.

Die ersten Michelin-Sterne in Deutschland wurden 1966 verliehen. Im vergangenen Jahr waren 309 Restaurants ausgezeichnet worden, dabei hatte ein Haus zu diesem Zeitpunkt schon geschlossen. Wie im Vorjahr fällt der sehr geringe Frauenanteil auf – und dass keine einzige Köchin in der höchsten Klasse mit drei Auszeichnungen zu finden ist.

Kevin Fehling. Foto: MS Europa the Globe, Hapag Lloyd Cruises

Drei Sterne für Hamburger Restaurant «The Table»

Kevin Fehling bleibt mit seinem Hamburger Restaurant «The Table» in der Hafencity weiter an der Spitze der Sterne-Köche in Hamburg. Wie schon in den Vorjahren wurde er in der heute veröffentlichten Ausgabe des Restaurantführers mit drei Sternen ausgezeichnet. 

Insgesamt können im neuen Michelin-Führer zehn weitere Hamburger Restaurants Sterne vorweisen. Vier Restaurants wurden mit zwei Sternen ausgezeichnet: das «Bianc» (neu), das «Haerlin», das «Jacob’sRestaurant» und das «Süllberg – Seven Seas». Jeweils einen Stern erhielten die Lokale «100/200», «Le Canardnouveau» (neu), «Landhaus Scherrer», «Petit Amour», «Piment» und «Se7en Oceans». Das «Jellyfish», das«Lakeside» und das «Trüffelschwein» haben ihre Sterne verloren.


Schleswig-Holstein behält drei Zwei-Sterne-Restaurants

Schleswig-Holstein hat weiterhin drei Zwei-Sterne-Restaurants. In der neuen Ausgabe des Guide Michelin verteidigten die «Meierei Dirk Luther» in Glücksburg, der «Söl’ring Hof» in Rantum auf Sylt und das «Courtier» in Wangels im Kreis Ostholstein die begehrte Auszeichnung. 

Das Buddenbrooks in Lübeck-Travemünde hat Ende Februar geschlossen und seinen Stern verloren. Im Norden gibt es damit noch neun Ein-Sterne-Restaurants. Dies sind die Lübecker Restaurants «Villa Mare – Balthazar» und «Wullenwever», das Restaurant «Alt Wyk» in Wyk auf Föhr, das «Ahlmanns» in Kiel, die Sylter Häuser «KAI3» in Hörnum und «BODENDORF’S» in Tinnum, das «Ole Liese – Restaurant 1797» in Panker (Kreis Plön), das Restaurant «DiVa» in Scharbeutz und die «Orangerie» in Timmendorfer Strand.

Sven Elverfeld, Sternekoch und Küchenchef im Restaurant Aqua © Wonge Bergmann


Niedersachsen mit einem Drei-Sterne-Restaurant 

Wolfsburg bleibt das Zentrum der Sterne-Küche in Niedersachsen: Das Restaurant «Aqua» hat dort als einziges in dem Bundesland weiterhin drei Sterne. Damit gehört das «Aqua» zu Deutschlands zehn Drei-Sterne-Top-Adressen und zu weltweit 100 Restaurants dieser Kategorie.

Auf der Gourmet-Rankingliste nach oben kochte sich das «Jante» in Hannover, das nun das einzige Zwei-Sterne-Restaurant in Niedersachsen ist, nachdem das «Keilings Restaurant» in Bad Bentheim seine beiden Sterne wegen Schließung verlor. Neu aufgerückt ist das «Kesselhaus» in Osnabrück, das sich einen Stern sichern konnte.

Zur Ein-Stern-Kategorie gehören in Niedersachsen acht weitere Restaurants in Bad Zwischenahn («Apicius»), in Wolfsburg («La Fontaine»), auf der Insel Norderney («Seesteg»), in Friedland («Genießer Stube»), in Cuxhaven («Sterneck»), in Buxtehude («Navigare – N°4»), in Burgwedel («Ole Deern») und in Aerzen(«Gourmet Restaurant im Schlosshotel Münchhausen»).


Acht Sterne für Mecklenburg-Vorpommern 

Die Gourmetküche in Mecklenburg-Vorpommern kann auch in diesem Jahr acht Sterne-Restaurants im neuen Michelin vorweisen. Es sind die gleichen wie im Vorjahr. Dies sind das «Friedrich Franz» in Heiligendamm, das «Freustil» in Binz, die «Ostseelounge» in Dierhagen auf Fischland, «Der Butt» in Rostock-Warnemünde, «Ich weiß ein Haus am See» in Krakow am See, die «Alte Schule – Klassenzimmer» in Feldberger Seenlandschaft, «The O’room by Tom Wickboldt» in Heringsdorf und das «Gutshaus Stolpe» in Stolpe. 

Mit seinen acht Sterne-Restaurants ist Mecklenburg-Vorpommern führend unter den ostdeutschen Bundesländern. Mit drei beziehungsweise zwei Sternen ausgezeichnete Häuser gibt es im Nordosten jedoch weiter nicht. 

Für das Restaurant «Ich weiß ein Haus am See» in Krakow am See ist der Stern des Jahres 2020 ein ganz besonderer. Denn er ist der 25. in Folge. Das 1994 eröffnete Hotel und Restaurant war schon nach zwei Jahren damit ausgezeichnet worden. Küchenchef war damals Michael Laumen, der damit auch den ersten Michelin-Stern in den Norodosten holte. Nach zehn Sternen löste ihn junge Koch Raik Zeigner ab, den Laumen ausgebildet hatte, und setzte die Erfolgsgeschichte fort.

Guide Michelin

 

Im Buchhandel
Der Guide MICHELIN Deutschland 2020 ist für 29,95 Euro im Buchhandel erhältlich. Außerdem lassen sich die Restaurant-Empfehlungen digital über die App Guide MICHELIN Europa oder auf der Website www.guide.michelin.com abrufen. Die 57. Ausgabe des renommierten Restaurant- und Hotelführers empfiehlt auf 756 Seiten insgesamt 1.579 Restaurants und 524 Hotels.