Jens Mecklenburg

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Schlag ins Gesicht

Reaktionen zu den Oster-Lockdown-Beschlüssen
24. März 2021

Die Reaktionen aus Hotellerie und Gastronomie auf den verlängerten Corona-Lockdown sind vernichtend. Wut und Verzweiflung machen sich breit. Das Handeln der Regierung sei ein „Schlag ins Gesicht“ der Branche, so der Tenor.

Reaktionen aus Niedersachsen

Der DEHOGA in Niedersachsen hält den verlängerten Corona-Lockdown für verfehlt und sorgt sich um die Gesundheit von Gastronomen und Hoteliers. «Mittlerweile herrscht überall tiefste Frustration und Depression», sagte Hauptgeschäftsführer, Rainer Balke, am Dienstag. «Wenn das ständig so weiter geht, geht es für die Betriebe nicht mehr nur um eine existenzielle Gefährdung, sondern auch um persönliche Gefährdung.» Eigentlich hätten viele Restaurantbesitzer, Gastwirte, Hoteliers und deren Mitarbeitende zu Ostern eine Öffnung erwartet – und damit eine Perspektive, wie es danach weitergehe. «Die Betriebe hätten nach langer Zeit endlich mal wieder ein Gefühl von Gastgewerbe gehabt.» Umso größer sei nun die Enttäuschung und die schlage vielen auf das Gemüt, sagte Balke. «Die Leute gehen alle auf dem Zahnfleisch.»
 Für das Ostergeschäft sei ein «gewaltiger Umsatzausfall» zu erwarten. Demnach betrage der Nettoumsatz im Gastgewerbe in Niedersachsen an einem durchschnittlichen Tag rund 20 Millionen Euro – zu Ostern sei mindestens von einem doppelten Volumen auszugehen. «Das heißt 40 Millionen über fünf Tage zu Ostern, da sind wir bei 200 Millionen Euro, die wegfallen», sagte Balke. «Das ist für Niedersachsen ein gewaltiger Umsatzeinbruch, der ist für die einzelnen Betriebe aber noch viel existenzieller.» Auch auf eine Öffnung der Außengastronomie gebe es keine Hoffnung mehr. Stattdessen setzt der Branchenverband nun darauf, Teil der vom Land und Kommunen angedachten Modellvorhaben zu werden. «Ich hoffe, dass wir da eingebunden werden. Alles andere macht keinen Sinn», sagte Balke. Die Betriebe stünden bereit, um mitzuwirken. Denn so gebe es eine Perspektive, wenn auch nicht sofort für die ganze Branche.


Reaktionen aus Hamburg

Der DEHOGA Hamburg hat die neuen Corona-Beschlüsse als «Schlag ins Gesicht der Hotellerie und Gastronomie» bezeichnet. «Die von uns immer wieder geforderte Gleichbehandlung von privaten Zusammenkünften und Zusammenkünften in unseren Unternehmen wird nicht nur ignoriert, sondern auch noch um eine Ungleichbehandlung von Inlands- und Auslandsreisen im Bereich touristischer Reisen ergänzt», sagte der kommissarische Präsident, Niklaus Kaiser, am Dienstag in Hamburg. Die wenigen noch im Außer-Haus-Geschäft und in der Versorgung von Geschäftsreisenden tätigen Betriebe würden mit Auflagen zu Schnelltests auf eigene Kosten weiter finanziell belastet. «Hier wäre die zur Verfügungstellung von kostenlosen Tests für die gebeutelte Branche das Minimum», sagte Kaiser. 


Reaktionen aus Mecklenburg-Vorpommern

Der Präsident des DEHOGA im Nordosten, Lars Schwarz, hat die jüngsten Corona-Beschlüsse als «maximale Enttäuschung» bezeichnet. «Es ist ein chaotischer Kurs! Die Beschlüsse sind ideenlos.» Beim vorherigen großen Gipfel sei eigentlich verabredet worden, bei den nächsten Beratungen stärker auf das Gastgewerbe einzugehen. Die Branche werde aber nun in den vorliegenden Ergebnissen des Bund-Länder-Gipfels überhaupt nicht erwähnt, die Betroffenen fühlen sich Schwarz zufolge dadurch nicht wertgeschätzt. «Weite Teile der Branche sind nun fünf Monate zwangsweise geschlossen und bringen damit ein großes Sonderopfer, damit der allergrößte Teil der Wirtschaft weiterlaufen kann. Für uns ist das ganz, ganz bitter!», sagte Schwarz am Dienstag.

Die vorliegenden Beschlüsse zu den Themen Ausgleichszahlungen und Unterstützungshilfen seien nebulös gehalten, kritisiert der Präsident des DEHGA Mecklenburg-Vorpommern. Es müsse schnellstmöglich konkret gesagt werden, wie die Hilfen aussehen, sie sollten schnell fließen. Die Branche werde für diese Forderung am Donnerstag erneut in Schwerin demonstrieren. Der für Mecklenburg-Vorpommern enorm wichtige Wirtschaftsbereich Tourismus und Gastgewerbe hatte bis zuletzt auf eine Öffnung zu den Ostertagen gehofft. Solche Vorschläge seien aber laut Ministerpräsidentin Manuela Schwesig von den meisten Bundesländern und der Bundesregierung abgelehnt worden.

Reaktionen der Tourismuswirtschaft 

 „Äußert ernüchternd“, so fällt auch das Fazit der Tourismuswirtschaft nach dem gestrigen Beschluss von Bund und Ländern aus. „Null erkennbare Öffnungsperspektive, stattdessen das weitere klare Abraten vom Reisen – dieser Beschluss vergrößert einmal mehr die Existenzängste wie auch den Frust in den Betrieben der Tourismusbranche“, kommentiert der Generalsekretär des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft Michael Rabe die jüngsten Bund-Länder-Entscheidungen. „Die Fortschreibung des touristischen Lockdowns und die weiterhin negative Positionierung der Politik zum Thema Reisen sind mehr als unbefriedigend. Nach mehr als einem Jahr Pandemie ist es erschreckend, dass die Bund-Länder-Runde nach wie vor keinerlei Ideen jenseits von ‚Auf oder Zu‘ entwickelt hat – und sich in Sachen Tourismus im Wesentlichen auf ‚Zu‘ beschränkt.“

Dass sich Deutschland im Allgemeinen und die Tourismuswirtschaft im Speziellen nach wie vor in dieser Situation befinden, ist auch Folge des unzureichenden politischen Pandemie-Managements. Rabe: „Impfchaos und Impfverzögerungen, dass viel zu späte und nach wie vor unzureichende Setzen auf flächendeckende Tests, mangelhafte digitale Lösungen, Kompetenzgerangel und Bürokratie: Die Unzulänglichkeiten der Corona-Politik fallen der Tourismusbranche in Deutschland massiv auf die Füße. Andere Länder wie Israel, Chile oder Großbritannien sind beispielsweise in Sachen Impfungen im Eiltempo an uns vorbeigaloppiert und werden in der Lage sein, ihren Bürgern und Unternehmen viel früher die Freiheiten zurückzugeben, die alle so schmerzlich vermissen. Hier muss Deutschland dringend nachziehen: Deutlich schneller impfen, deutlich mehr testen, Digitalisierung vorantreiben: Das muss endlich die Devise sein. Der Kampf gegen die Pandemie muss konsequent forciert werden.“

Zudem muss aus Sicht der Tourismuswirtschaft die Dynamik in Sachen Modellprojekte deutlich erhöht werden. Rabe: „Gerade zum Thema Tourismus müssen Modellprojekte, zum Beispiel in Hotels oder Regionen, zeitnah auf den Weg gebracht werden. Das Infektionsrisiko in unseren Betrieben ist nachweislich fast überall gering, das bestätigen auch Erhebungen des RKI. Wir sind keine Pandemietreiber. Unsere Branche steht uneingeschränkt, in allem was sie tut, für die Sicherheit ihrer Kunden und Beschäftigten, sinnvolle Hygienekonzepte liegen vor. Unternehmer wie Kunden sind massiv daran interessiert, endlich wieder touristische Angebote zu offerieren und wahrzunehmen. Diese Angebote im kontrollierbaren Raum zuzulassen, ist definitiv besser als das bereits absehbare unkontrollierte Freizeitverhalten im öffentlichen Raum. Denn die Geduld der Menschen ist zunehmend am Ende, die Pandemiemüdigkeit bahnt sich zunehmend ihren Weg. Die Politik muss auch aus diesem Grund endlich Lösungen anbieten.“

Das im Beschluss angekündigte Hilfsprogramm für besonders betroffene Bereiche begrüßt hingegen der BTW. „Für das Sonderopfer, dass unsere Branche seit nun einem Jahr fast durchgängig bringt, sind weitere Entschädigungen unerlässlich“, so Rabe. „Wir erwarten, dass im Zuge der angekündigten zusätzlichen Hilfen 100 Prozent der Fixkosten erstattet werden und ein Unternehmerlohn vorgesehen wird.“


Reaktionen des Deutschen Tourismusverbandes

Der Beschluss der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sei laut DTV erneut enttäuschend. Dazu erklärt Norbert Kunz, Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes: „Auch wenn wir die Sorge angesichts der Infektionslage für nachvollziehbar halten: Ein strategischer Ansatz der Bund-Länder-Konferenz für den Deutschlandtourismus ist weiterhin nicht erkennbar. Erneut lassen Bund und Länder den Deutschlandtourismus ohne jegliche Perspektive im Regen stehen. Mehrfach wurde der Branche mit fast 3 Millionen Beschäftigten eine Strategie versprochen, wann und unter welchen Bedingungen sicheres Reisen wieder möglich ist. Davon ist weit und breit nichts erkennbar.

Kein Plan, keine Strategie, nicht einmal ein kleines Signal für sicheres Reisen im eigenen Bundesland. Der Tourismus in Deutschland ist seit fast fünf Monaten auf Null gesetzt. Zum aktuellen Infektionsgeschehen trägt er seit fünf Monaten nicht bei. Die bisherigen staatlichen Hilfen funktionieren nach wie vor alles andere als schnell und unbürokratisch. Viele Betriebe stehen nun endgültig mit dem Rücken zur Wand. Die Tourismusbranche erbringt seit Beginn der Pandemie ein Sonderopfer für die gesamte Gesellschaft, ohne dafür entschädigt zu werden.“


„Osterruhe“ zurückgezogen 

Nach massiver Kritik und Verwirrung um die geplante Corona-Osterruhe hat Bundeskanzlerin Angela Merkel diese Regelung aus den jüngsten Bund-Länder-Beschlüssen am heutigen Mittwoch wieder gekippt. Sie übernehme dafür die Verantwortung, sagte Merkel und bat die Bürgerinnen und Bürger um Verzeihung.