Jens Mecklenburg

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Aufregung um Malle-Reisen

Wut und Verzweiflung im deutschen Gastgewerbe
15. März 2021

Die Nerven liegen blank. Auf Mallorca ist Urlaub wieder möglich, in Deutschland nicht. Aufregung im deutschen Gastgewerbe.

Nach der Aufhebung der Reisewarnung für Mallorca ziehen die Buchungen für die Lieblingsinsel der Deutschen deutlich an. Der größte Fluganbieter Eurowings sprach am Sonntag von Buchungen „in einer bisher nicht gekannten Dynamik“ und legte kurzfristig 300 zusätzliche Flüge für die Osterzeit auf. Beim größten Reiseveranstalter TUI wurden am Wochenende doppelt so viele Reisen nach Mallorca gebucht wie im gleichen Zeitraum vor zwei Jahren, als die Pandemie noch nicht das Geschehen bestimmte.

Nach der Aufhebung der Reisewarnung für Mallorca und andere Urlaubsgebiete im Ausland fordert nun der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, auch Urlaub in Deutschland wieder zu ermöglichen. „Für mich wäre es schwer vorstellbar, dass auf Mallorca Urlaub möglich ist, aber im Schwarzwald Hotels noch geschlossen bleiben. Das wäre eine ganz bittere Botschaft“, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.

Zwei Wochen vor Beginn der Osterferien in den meisten Bundesländern ist die Lieblingsinsel der Deutschen wie auch die anderen Balearen-Inseln (darunter Menorca, Ibiza, Formentera) sowie Teile des spanischen Festlands, Portugals und Dänemarks kein Corona-Risikogebiet mehr. Der größte Reiseveranstalter Tui hat bereits angekündigt, nächstes Wochenende die ersten Hotels auf Mallorca wieder zu öffnen. Die Hotels in Deutschland sind dagegen mindestens noch bis zum 28. März geschlossen. Wie es weitergeht, soll erst am 22. März von Bund und Ländern entschieden werden.


Deutsches Gastgewerbe stinksauer

Nach der Aufhebung der Reisewarnung für Mallorca und andere Urlaubsgebiete im Ausland, dringt das einheimische Gastgewerbe auf eine Öffnungsperspektive auch im Inland. „Es ist nicht erklärbar, der einheimischen Tourismusbranche keine Perspektive zu geben, während das Reisen ins Ausland ermöglicht wird“, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Ingrid Hartges, am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. „Wut und Verzweiflung wachsen ohne Ende. Das ist bitter wie inakzeptabel, dass es keine Öffnungsperspektive für das Gastgewerbe im Inland gibt.“

Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin. © DEHOGA Bundesverband/Svea Pietschmann

„Das ist nicht das erste Mal, dass Maßnahmen nicht nachvollziehbar sind“, sagte Hartges zur Diskrepanz zwischen der Aufhebung der Reisewarnungen für Regionen im Ausland und der fehlenden Perspektive im Inland. „Wir möchten nicht das eine gegen das andere ausspielen, aber wir erwarten Gleichbehandlung.“ Die heimische Hotellerie verfüge über ausgezeichnete Hygiene- und Schutzkonzepte, die Gesundheit der Gäste wie Mitarbeiter habe höchste Priorität. Nun erwarte man, dass die Bundesregierung und die Landesregierungen ihre Hausaufgaben machten. „Konkret: mehr Tempo beim Impfen und Testen ist jetzt überfällig“, forderte Hartges.


Thomas Edelkamp, Vorstand der Romantik Hotels schreibt auf Facebook: 

„Bundesregierung und Robert-Koch-Institut unfassbar!!!!!!! Sie möchten weiter die volle und breite Unterstützung der Branche? So sicher nicht! In welchem Land leben wir eigentlich. Die dritte Welle rollt (dann aus Mallorca zurück) – Sie schließen die Hotellerie in Deutschland, aber erlauben den Massenexodus nach Mallorca??“ 

Otto Lindner und Markus Luthe, der Vorsitzender und der Hauptgeschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland, schreiben in einem Blogpost: „Der deutschen Politik droht der völlige Verlust ihrer Glaubwürdigkeit und das hängt ganz entscheidend auch damit zusammen, dass ihre Pandemiebekämpfung eben nur vermeintlich evidenzbasiert und wissenschaftlich fundiert ist. Die lange Zeit allein vom bangen Starren auf den Inzidenzwert geprägte Pandemiebekämpfung hat das Land in eben diese Sackgasse manövriert.“ Und weiter: „Es existiert also keineswegs ein simples Reaktionsschema der Bauart ‚Hotels zu, Mobilität runter, Infektionen eingedämmt‘. Und damit gibt es auch keine Rechtfertigung für das den Hotels auferlegte Sonderopfer in der Pandemiebekämpfung!“


Auf nicht notwendige Reisen verzichten

Nach dem sprunghaften Anstieg der Urlaubsbuchungen für die Ferieninsel Mallorca hat die Bundesregierung zum generellen Verzicht auf touristische Reisen wegen der Corona-Pandemie aufgerufen. „Der Appell ist, auf jede nicht unbedingt notwendige Reise zu verzichten“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am heutigen Montag in Berlin. Ähnlich äußerte sich die Sprecherin des Auswärtigen Amts, Maria Adebahr: „Das Fehlen einer Reisewarnung ist keine Einladung zum Reisen.“ Die Entscheidung müsse aber jeder für sich treffen.

Derweil fordern Intensivmediziner und Virologen eine Verschärfung des Lockdowns, um die aufkommende dritte Welle zu brechen. Die Lage ist kompliziert, die Nerven nicht nur der deutschen Tourismuswirtschaft liegen blank. Verständlich.