Jochen Strehler

Koch und Gastronomiekritiker

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Philosophieren über Burger am Beispiel Kiel

Was ist ein guter Burger?
10. Februar 2018

Der Hype um den Burger hält im Norden weiter an. Die großen amerikanischen Ketten verkaufen ihn immer noch reichlich, obschon sie nun den heißen Atem der Konkurrenz spüren allerorten. Kleinere, aufstrebende Ketten wie „Peter Pane“ oder „Hans im Glück“ kratzen am Marktanteil der Konzerne ebenso wie eine Fülle von Einzelprojekten im ganzen Land.

Neben einer Armee von Imbiss-artigen Betrieben, die vollmundig auch gerne mal den „besten Burger der Stadt“ für sich reklamieren, trotzdem aber frech fertig gepresste billige Tiefkühl-Hack-Patties und Industrie-Brötchen verwenden, sind auch sehr hochwertige, regional und handwerklich arbeitende im Rennen. In Heide zum Beispiel sei der „Marktpirat“, bei Schleswig die „Wikingerschänke“, das „Markmanns“ in Westerrönfeld oder „The Bird“ in Hamburg genannt. Zum Glück ließe sich diese Liste inzwischen fortsetzen. Über einen besonders auffälligen Betrieb in der Landeshauptstadt und seine Konkurrenz sei hier geschrieben und dabei die Grundsatzfrage gestellt: Was ist ein guter Burger?

©Johns Burger

John´s Burgers, Kiel

GEOMAR, das Zentrum für Ozeanforschung, ist eines der bekanntesten Aushängeschilder Kiels.

Seit einigen Jahren nun profitiert auch das Burger-hungrige Publikum in ganz unerwarteter Weise vom international angesehenen Institut. Ein dort damals beschäftigter wissenschaftlicher Mitarbeiter, John Rapaglia, seinerseits junger Professor aus den Vereinigten Staaten, war entsetzt, was ihm hier in Kiel, wenn überhaupt, als „Burger“ vorgesetzt wurde. Mehr aus Spaß zuerst und nur in Kurzzeit-Projekten auf der Kieler Woche wurde „John´s Burger Box“ langsam zum Kult. Aus Spaß wurde Ernst und nun kann man bereits seit 2 Jahren in der Gutenbergstraße das verspeisen, was sich John unter einem guten Burger vorstellt. Seit Anfang Februar 2018 ist hier sogar schon das erste Mal grundrenoviert, was Rückschlüsse auf die Fluktuation dort durchaus zulässt. Und seit Dezember 2017 gibt es auch noch eine kleine „Dépendance“ direkt am Blücherplatz und ein cooler Food Truck steht ebenso unter des Professors Vornamen an ausgewählten Stellen dieser Stadt.

Was John hier auf den Teller bzw. eher „aufs Papier“ in einem kleinen Körbchen bringt, wird einen völlig ungeübten bzw. nur McDonalds-trainierten Burger-Esser überraschen, wenn nicht sogar überfordern. Es ist nicht das bekannte samtweiche Luftbrötchen mit etwas Gurke, Zwiebel, Ketchup, Industriekäse und 1-2 Scheiben knüppelhartem Rinderhack. Aber eben auch kein sorgsam hoch geschichtetes, künstlerisches Gebilde aus diversem knackigem Salat, mehreren Saucen in unterschiedlichen Farben wie in manch anderen Burger-Schmieden . Kein „cooler Pieker“ hält hier alles zusammen, keine schicken Saucenkleckse auf dem Tellerrand lenken ab, hier überzeugt einfach und allein das reine Material!

Man könnte hier denken, das leckere Brötchen („Bun“ sagt der Insider) vom Handwerksbäcker Lyck wäre eigentlich nur dazu da, das saftige Hack mit beiden Fäusten festzuhalten, auf dass es denn gelingen möge, es ohne Besteck zu verzehren, so unauffällig ist es um das auf Lavafeuer gegrillte Fleisch gelegt. Selbst die weiteren Zutaten machen keinerlei Aufhebens um sich, halten sich im Hintergrund. Guter Holsteiner Käse ist es, etwas Zwiebel, ein klitzekleines Salatblättchen, das wars dann schon, aber inmitten natürlich … ein höchst veritabler, medium gegrillter Hackfleischfladen. Bei „John´s“ entweder als Mixtur von Rind und Schwein von einem angesehenen Metzger oder das pure Vergnügen mit Bio-Angus von den Hüttener Bergen.

Man kann einfach nicht mehr anhalten bei McDonalds oder BurgerKing, wenn man das hier probiert und sich drauf eingelassen hat. Bei John sagen sie „hence you will have burger juice dribbling down your chin…“

Aber über Geschmack lässt sich bekanntlich trefflich streiten bzw. eben gar nicht. Es gibt auch Stimmen, denen gefällt gerade diese reine, simple, auf die Produktqualität reduzierte Version Burger gar nicht. Die stehen auf mehr Kreativität, Farben, Geschmacks-Varianten usw. Und auch diese Leute werden in Kiel inzwischen fündig. „Peter Pane“ ist ein gutes Beispiel. Sehr saftige verschiedene Arten Brötchen zur Wahl, diverse Fleisch-Versionen von „normalem“ Beef über „highland“ und „dry age“ bis hin zum „Wagyu“ sogar. Und die Möglichkeiten, sich hier mit Gemüsen, Pilzen, Dips und unterschiedlichen Käsesorten auszutoben, würden diesen Artikel sprengen. Es ist wirklich ganz weit über McDonalds-Niveau , sehr sorgfältig zu Teller gebracht, es sieht klasse aus, was hier aus der Küche kommt. Und wenn Du eben NICHT dogmatisch auf zartrosa gegrilltes Fleisch stehst und den nur dann

möglichen Effekt beim Reinbeissen, wird es Dir gut gefallen hier. Sie können aus logistischen Gründen kein täglich frisches Hack verwenden , nehmen daher sehr hochwertige, aber eben tiefgekühlte „Patties“.

So machen das in Kiel auch das „Non Solo Pane“ und das „Pastis“ und die Ergebnisse sind tatsächlich sehr schmackhaft.

Der „Kaufmannsladen“ im edlen Hotel „Kieler Kaufmann“ setzt noch einen drauf, kauft Hack frisch ein, formt es per Hand selber und gart es dann ganz im Niedertemperatur-Verfahren vor, verschließt es dann im Vakuum bis zum finalen Grill-Auftritt. Man stellt sich sozusagen seine eigene „Convenience“ her. Dem Hotel angemessen recht hoch eingepreist, ist es mal ein ganz anderes Burger-Erlebnis. Recht gediegen das Ganze im frisch renovierten Anbau, auf anständigem Gestühl mit perfektem Service. Sollte man sich mal geben, finden wir.

„Das Blücher“ und das gerade bei Studenten sehr beliebte „Kitty Rock Belly Full“ fahren eine Art Mittelweg. Sie verwenden frisches Hack und formen ihre Patties selber, braten dies aber meist in gewissen Etappen vor, saftig durchaus, aber eben doch standardisiert durch. Die Klientel wünscht es wohl auch gar nicht anders, auf ausdrückliche Nachfrage hin ist es aber an beiden Adressen möglich, auch hier sein Fleisch „medium“ zu bekommen. Das „Kitty“ sei nochmal ganz speziell gelobt hier, da das verwendete Fleisch ausschließlich vom wunderbaren Bio-Hof Muhs aus Krummbek kommt, die Salatgarnituren verwöhnen Auge und Gaumen. Sie machen außerdem tolle vegetarische und vegane Varianten, welche einen erklecklichen Prozentsatz der Bestellungen ausmachen an den kleinen, bunt zusammen gewürfelten Tischen, die fast immer besetzt sind, Reservierung ist höchst ratsam.

Zusammenfassend wäre nun zu sagen, dass der Fan eines anständigen Burgers inzwischen mehrere Ziele in Kiel findet, was ja eine gute Nachricht ist. Wäre das vor Jahren schon so gewesen, wer weiß, vielleicht wäre John Rapaglia dann auch heute noch mit Meeresforschung beschäftigt.

Aber für den wirklichen Burger-Puristen, Kenner und Feinschmecker kann es zumindest in Kiel bis dato nur EINEN geben: „John´s Burgers“ nämlich, und hier auch eigentlich nur den reinen Beef-Burger, den „Hüttener“-Burger, sei es in der Stammzelle in der Gutenbergstraße, in der kleinen „Box“ am Blücherplatz oder frisch vom Truck, wenn er ihn denn findet.

Selbstredend konnten wir gar nicht alle Anbieter von Burgern in Kiel nennen hier, sicher gibt es auch noch mehr Betriebe, die das Erlebnis beim goldenen „M“ locker toppen. Aber einige recht bekannte Namen sind hier auch aus reiner Freundlichkeit nicht genannt, das ist so sicher wie das Geld auf der BANK.

Tafel bei Johns Burger.

 

Adressen

John´s Burger
Gutenberstraße 16
24118 Kiel

Tel. 0431 97999884
info@johnsburgers.de
www.johnsburgers.de

Offen:
Di – Do 12 bis 22 Uhr
Fr 12 bis 23 Uhr
Sa 13 bis 23 Uhr
So 13 bis 22 Uhr

NON SOLO PANE – www.non-solo-pane-kiel.de
PASTIS – www.pastis-grill-restaurant.de/
KITTY ROCK BELLY FULL – www.kittyrock.de
DAS BLÜCHER – dasbluecher.wixsite.com/bluecher1