Ode ans Getreide

Brotgenuss von Gut Wulksfelde
12. Mai 2020

Ein Gastbeitrag von Julia Trescher, erstveröffentlicht am 6. September 2018

In der Nähe des Oberen Alstertals nördlich von Hamburg liegt das Gut Wulksfelde. Inmitten von Feldern und Wäldern gedeihen hier die unterschiedlichsten Getreidesorten von Dinkel über Triticale bis Roggen. Sie bilden die Grundlage für das beliebteste Grundnahrungsmittel der Nation: Brot. Und zwar mit dicker, dunkler Kruste – „so wie früher“, schwärmen die Kunden. „Handwerklich, nachhaltig und innovativ“, wissen die Bäcker des Guts.

Gut Wulksfelde. © Oliver Z. Weber

„Wir sollten uns mehr von Grundnahrungsmitteln ernähren.“

Auf Wulksfelde werden „die Klassiker“ Weizen, Dinkel und Roggen angebaut. Aber auch Hafer, Gerste und Triticale – eine Kreuzung aus Weizen und Roggen – finden hier Platz auf den Anbauflächen des Guts. Der Getreideanbau ist eine wichtige Säule des Mitglieds aus dem Netzwerk der Demonstrationsbetriebe Ökologischer Landbau. Entsprechend ist der Ökolandbau hier „Ährensache“: Weizen & Co. werden selbstverständlich ohne chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel oder mineralische Stickstoffdünger angebaut.

Über den Großteil des Getreides freut sich die hofeigene Backstube: von den eigenen Silos gelangt es direkt in die Steinmühle. Hier wird frisch und schonend gemahlen, sodass Vitamine und Mineralstoffe erhalten bleiben. Chef der Backstube, Bäckermeister Norbert Klemme, sowie zwei weitere Meister und sechs Gesellen produzieren pro Nacht bis zu 3.000 Brote. Das Sortiment umfasst rund 30 Sorten, darunter neben Broten auch Brötchen.

„Wir sollten uns mehr von Grundnahrungsmitteln ernähren und nicht nur von Genussmitteln,“ sagt der Leiter der Gutsküche, Matthias Gfrörer.

Bäckermeister Klemme und Landwirtin Martensen. © D. Antonio

Tradition und Innovation in der gläsernen Backstube

„Ein Alleinstellungsmerkmal unserer Backwaren ist, dass wir unser eigenes Getreide verarbeiten,“ sagt Klemme stolz. Das macht sich auch beim Absatz bemerkbar: Rund 60 Bezugsstellen freuen sich über die Wulksfelder Brote. „Alle zwei Wochen rufen Kunden an und schwärmen, dass wir Brote wie früher backen: mit dicker, dunkler Kruste“ – so backt Meister Klemme am liebsten. Aber: Ganz ohne Innovation geht es nicht. Deshalb sind im Hofladen auch vegane und glutenfreie Produkte zu haben. Außerdem gibt es Backwaren, die seltenere Zutaten enthalten, zum Beispiel Couscous, Emmer oder Lupinen. Und je nach Brotsorte spielen mal Gewürze und Kräuter die Hauptrolle, mal prägen Kürbis, Kartoffeln oder Möhren den Geschmack. Besonders lange frisch bleiben solche Brote, deren Teig Joghurt oder Buttermilch enthält.

Ein Highlight des Biolandbetriebs ist die gläserne Backstube. Immer sonntags, dienstags und donnerstags können Gäste bereits ab 18.00 Uhr erleben, wie aus dem eigenen Korn vielfältige Brotsorten gebacken werden. Die 3.000 Brotlaibe sind eine logistische Herausforderung. Doch die größere Aufgabe besteht darin, dass die Biobrote auch wirklich zu 100 Prozent bio bleiben. Denn können konventionelle Müller und Bäcker zum Beispiel mit Zusatzstoffen auf schwankende Getreidequalitäten reagieren, hilft auf Wulksfelde handwerkliches Geschick. Teige aus Getreide eines feuchten Jahres werden beispielsweise schnell weich. „Dann darf der Teig nicht zu lange liegen, man nutzt mehr Sauerteig oder hält alles kälter“, erklärt Klemme. Seit 35 Jahren backt er biologisch, um mit seinen Produkten „nachhaltige Landwirtschaft zu ermöglichen.“

Doch aus Getreide kann mehr werden als Brot, weiß Gutsküchenchef Gfrörer. Früher weltweit im Einsatz, setzt er heute seinen Traum einer öko-regionalen Küche in der Heimat um. Sein Tipp: Ein Gerstenrisotto zum Beispiel als nährstoffreichere Alternative zum bereits „nacktgeschälten Reis“. Die kleinen Körner leisten so einen wesentlichen Beitrag zur Ernährung und können dabei helfen, diese umwelt- und ressourcenfreundlicher zu gestalten – zumindest, wenn sie so erzeugt und verarbeitet werden wie auf Gut Wulksfelde.

Gutsküche. © Kathrin Bilgen

Vielfalt erleben

In der Natur gibt es keine Monokultur – und das nehmen sich die Landwirtinnen und Landwirte auf dem Gut zu Herzen. Hier werden auf gut 450 Hektar konsequent ökologische Lebensmittel angebaut. Rund 160 Menschen sind auf dem Betrieb beschäftigt, die in den unterschiedlichsten Bereichen Ökolandbau betreiben – „im großen Stil, doch ausschließlich mit den Kräften der Natur“, betont Betriebsleiter Rolf Winter.

„Beim Ackerbau geht es uns um den Boden, was ihn ernährt und gesund erhält, nicht nur darum, was die Pflanze braucht“, erklärt er. Gewährleistet wird das durch die Fruchtfolge: „Hier wächst höchstens alle fünf Jahre das Gleiche auf einer Fläche.“ Hülsenfrüchte sorgen

für die Anreicherung des Bodens mit Stickstoff, der nachfolgende Kulturen nährt. So laugt der Boden nicht aus. Dass zwischen den Ähren auch Pflanzen wie Ackerstiefmütterchen und Kornblumen vorkommen, trägt ebenfalls zur Biodiversität bei. Auch Feldhasen, Rebhühner und Igel finden in den Feldern von Wulksfelde Nahrung und Deckung.

Die Vielseitigkeit des Biolandbaus spiegelt sich auch in den unterschiedlichen Unternehmensbereichen wider: Neben der breit gefächerten Landwirtschaft mit vielen verschiedenen Pflanzen und Tieren und der handwerklichen Verarbeitung (Bäckerei, Wurst- und Fleischverarbeitung) hat das Gut verschiedene Wege des Vertriebes aufgebaut: Der Hofladen bietet mit über 8.000 Artikeln eine reiche Auswahl an Biolebensmitteln bester Qualität, und die Gärtnerei liefert knackiges Gemüse frisch vom Feld. Im Onlineshop des Lieferservices kann man aus einem umfangreichen Sortiment wählen und sich leckere Bioprodukte direkt nach Hause liefern lassen.

Besucher kommen auf Gut Wulksfelde ebenfalls auf ihre Kosten: Biogaumenfreuden der feinsten Art verspricht das Biorestaurant „Gutsküche“ mit bio-regionaler, saisonaler Hausmannskost. Hinzu kommt der Tierpark als absoluter Besuchermagnet.

So richtig viele Menschen füllen zweimal jährlich das Gutsgelände: Beim sommerlichen Bauernmarkt wird geschlemmt und genossen, während gleichzeitig ein buntes Unterhaltungsprogramm Groß und Klein begeistert. Und der herbstliche Kartoffelmarkt feiert die tolle Knolle in allen Facetten – ein Treckershuttle bringt alle aufs Feld, die selber buddeln wollen. Das ist pures Vergnügen und ein besonderes Erlebnis für die ganze Familie.

Hofladen. © D. Antonio

Gut Wulksfelde

Rolf Winter
Wulksfelder Damm 15-17
22889 Tangstedt

Telefon: 040 / 6 44 25 10
www.gut-wulksfelde.de

 

Netzwerk der Demonstrationsbetriebe

In Deutschland wirtschaften mehr als 29.000 Betriebe nach ökologischen Richtlinien. Aus dieser Vielfalt hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 242 Biohöfe als Demonstrationsbetriebe ausgewählt. Diese Betriebe öffnen allen Interessierten ihre Türen und Tore und zeigen, wie Ökolandbau funktioniert.

Mehr unter: www.demonstrationsbetriebe.de