Erstveröffentlicht am 5. September 2019
In der Holsteinischen Schweiz bei Grebin steht der Wagnershof. Hier leben 190 Galloways auf und um den Hof des Ehepaares Bonita und Hans-Jürgen Zastrow. Ganzjährige Weidehaltung, Heu und Futterstroh aus eigenem Anbau, langsames Wachstum und schonende Schlachtung sind ihr „Geheimnis“ für besonderes Fleisch.
Der Jurist, Dr. Hans-Jürgen Zastrow, hat in den 70er Jahren ein Stück Land gekauft. Hier hat er angefangen, Landwirtschaft zu betreiben. Im Jahr 1979 kam die erste Hofstelle dazu. Da Hans Jürgen und seine Frau Bonita viel Grünland besaßen, für das sich zu der damaligen Zeit kein Pächter finden ließ, schafften die beiden sich 1992 einige Galloway-Rinder an. Ein paar Jahre später, im Jahr 2003, wurde der Wagnershof erstanden, zu dem weitere landwirtschaftliche Flächen gehören. Genau wie der Jurist ist auch Ehefrau Bonita Zastrow eine Quereinsteigerin, die aus dem Pflegebereich kommt.
Was als Hobbyzucht angefangen wurde, hat sich mit den Jahren zu einem hauptberuflichen landwirtschaftlichen Betrieb entwickelt. Mit dem Anbau von drei Getreidesorten, der Züchtung von Galloways und der Vermarktung des Fleisches haben die Zastrows alle Hände voll zu tun. Ein Vollzeitmitarbeiter sowie eine Halbtagskraft stehen ihnen dabei zur Seite.
Inzwischen bewirtschaften sie 120 Hektar Land, von denen 40 Hektar für den Anbau von Weizen, Gerste und Raps gebraucht werden. Die restlich 80 Hektar dienen als Weideland für die langfelligen und von Natur aus hornlosen Robust-Rinder, die ursprünglich aus Schottland kommen. Auch auf diversen Naturschutzflächen werden die Wagnerschen Galloways eingesetzt. Sie fördern durch ihr besonders schonendes Weideverhalten die Artenvielfalt in Fauna und Flora.
Auch Robustrinder machen Arbeit
Dass Robustrinder wie Galloways oder Highland Cattles, die ganzjährig auf der Weide gehalten werden können, keine Arbeit machen, ist ein vielverbreiteter Irrglaube. Auch diese Rinder brauchen im Winter oder Dürresommern Zufutter. Auf jeder der Weiden muss täglich frisches Trinkwasser zur Verfügung stehen, neue Zäune müssen gesetzt und die alten repariert oder ausgewechselt werden – es gibt stets etwas zu tun.
Bei den Zastrows wurde für jede Weide ein Unterstand für die Tiere gebaut, so dass diese bei Hitze, Starkregen oder Sturm auf einer mit Einstreu ausgelegten trockenen Fläche Schutz finden und es sich gemütlich machen können. Auch trockenes Heu oder Heusilage wird ihnen hier bereitgestellt. Bei den Herden wird regelmäßig nach dem Rechten geschaut und tragende Kühe speziell zum Ende der Trächtigkeit täglich überwacht, die Geburt schaffen sie meistens alleine. Wenn das Kalb auf die Welt gekommen ist, werden Kuh und Kalb auf entsprechende Mutter-Kind-Weiden verlegt, so dass die Muttertiere sich ungestört um ihren Nachwuchs kümmern können. Sechs Monate werden die Kälber von ihren Müttern gesäugt und umsorgt.
Kälber sind genauso neugierig wie kleine Menschenkinder. Bonita Zastrow erzählt, dass sich immer wieder mal ein Kalb unter dem Drahtzaun durchzwängt, um sich die Welt dahinter anzuschauen. Allzu weit weg trauen sie sich jedoch nicht, denn sie möchten ihre Mama keinesfalls aus den Augen verlieren.
Das Fleisch
Der männliche Nachwuchs wird im Alter von 6-12 Monaten kastriert und genießt sein Leben bis er drei Jahre alt geworden ist. Dann wird er von einem EU-zertifizierten Schlachtbetrieb abgeholt. Nach knapp 30 Minuten Transport wird er dort für wenige Tage in einen Stall gebracht, um sich vom Stress des Transportes und der neuen Umgebung erholen zu können. In diesen Tagen baut der Körper des Tieres die ausgeschütteten Stresshormone, die sich negativ auf den Geschmack und die Qualität des Fleisches auswirken würden, wieder ab. Die Schlachtung erfolgt dann schnell und schmerzlos direkt auf dem Hof, wo das Fleisch dann für drei Wochen zum Abhängen verbleibt. Danach wird es, je nach Auftragslage und Wunsch, von Bonita Zastrow frisch zerlegt oder in bestellte Portionen abgepackt und eingeschweißt und zurück auf den Wagnershof gebracht.
Das fein marmorierte Fleisch mit leichter Wildnote soll schon bei den Römern beliebt gewesen sein. Gut vorstellbar, waren die Römer ja für ihr Qualitätsbewusstsein bekannt.
Hofladen
In dem kleinen Hofladen in Grebin wird alles vermarktet, was sich vom Galloway herstellen lässt. Von Steaks und Hackfleisch, über Sauerfleisch, Schinken, Würste und Aufschnitt bis hin zu Spezialitäten wie Galloway-Salami mit Rum-Aroma oder Wildkräutern und Landmettwurst mit Bärlauch, oder auch Corned Beef. Zur Grillzeit war die Nachfrage nach Brat- und Grillwürsten nach Thüringer Art besonders groß.
Alle Produkte werden ohne Zugabe von Schweinefleisch und mit so wenigen Zusatzstoffen wie möglich hergestellt. Die Wurstwaren sind gluten- und laktosefrei.
Auch einige Gastronomiebetriebe beziehen das Fleisch vom Hof und die Wurstwaren werden bei einigen regionalen Einzelhändler vertrieben.
Auf regionalen Bauern- und Weihnachtsmärkten sind die Zastrows mit ihrem Galloway-Sortiment ebenfalls vertreten. Familie Zastrow ist Mitglied bei den Nordbauern und sind regelmäßig auf besonderen Gourmet-Events anzutreffen.