„Charlie’s Bar“ veröffentlicht ein Weihnachtsvideo, das plötzlich millionenfach geschaut wird. Der Familienbetrieb aus Nordirland will Menschen daran erinnern, dass Weihnachten nicht für alle eine fröhliche Zeit ist – und kleine Gesten helfen.
Innerhalb weniger Tage wurde das Video millionenfach aufgerufen: Eine Kneipe in Nordirland hat mit ihrer Weihnachtswerbung einen überraschenden Erfolg gelandet. Ein alter Mann verlässt darin mit Krückstock sein Haus, besucht einen Friedhof und betritt danach ein Pub. Als er alleine am Tisch sitzt, erlebt er einen besonderen Moment der Menschlichkeit.
„Wir hätten nie gedacht, dass wir damit in den Nachrichten landen. Das ist einfach verrückt“, erzählt Una Burns (32), die Managerin von Charlie’s Bar. Das Pub in der nordirischen Stadt Enniskillen ist nach ihrem Großvater benannt und seit 1944 in Familienbesitz.
Pub öffnet an Christmas Day
Selbst am britischen Weihnachtstag, dem 25. Dezember, bleibt das Pub traditionell geöffnet. Ihr Vater sei früher gefragt worden, ob er den Tag nicht mit seiner Familie und den vier Kindern verbringen wolle. Aber er habe für die Menschen da sein wollen, die am Weihnachtstag vielleicht alleine seien, sagte Burns. „Warum sollten sie alleine zu Hause sitzen müssen?“
Für manche Menschen seien die Feiertage keine besonders schöne Zeit. „Es ist dann nicht so fröhlich, wie es im Fernsehen manchmal aussieht“, sagte Burns der Deutschen Presse-Agentur. Mit ihrem Videoclip, der für die Öffnung an Weihnachten wirbt, hätten sie auch darauf hinweisen wollen. Das scheint einen Nerv zu treffen.
Die Macht der kleinen Gesten
In einem Beitrag beim Kurznachrichtendienst X (einst Twitter) wurde das Video mehr als 8,7 Millionen Mal aufgerufen, auf dem Instagram-Kanal des Pubs gibt es mehr als 80 000 Likes. Die britische Zeitung Guardian wertete den Clip bereits als beste Weihnachtswerbung des Jahres, obwohl das Video mit einem kleinen Budget entstanden ist. Die BBC berichtete ebenso wie die Zeitung Times.
Das zweiminütige Video zeigt einen Herrn, der zum Lied „People Help The People“ von Sängerin Birdy durch die Stadt läuft. Er legt Blumen an einem Grab nieder. Will Menschen auf der Straße grüßen, die nicht reagieren. Sitzt dann alleine in einem Pub und bestellt ein Bier. Alkoholfrei, wie Burns betonte. Ihr sei wichtig, dass man nicht Alkohol trinken müsse im Pub.
Im Video entscheidet sich dann ein junges Paar, dem fremden Mann Gesellschaft zu leisten. Sie wollten Leute daran erinnern, freundlich zu sein, sagte Burns. „Dafür braucht es nicht viel – vielleicht ein einfaches Hallo, vielleicht ein Lächeln.“
Einsamkeit in der Gesellschaft
Die Autorin Jan Howley schrieb in einem Times-Beitrag, sie überrasche nicht, dass das Video so erfolgreich sei. Sie begründete das mit einem Gefühl von Einsamkeit. In der heutigen Gesellschaft würden Menschen immer länger leben. Die Wahrheit sei, „dass wir uns alle irgendwann mal so fühlen“. Ob man nun geschieden oder verwitwet sei, sich schwer tue mit der Rente oder einem leeren Nest.
„Solange Sie Einsamkeit nicht erlebt haben, glaube ich nicht, dass Sie sich vorstellen können, wie schwer sie einen trifft“, schrieb Howley, die nach eigenen Angaben Treffen für ältere Menschen organisiert. Wenn man anderen Menschen begegne, fühle man sich weniger einsam. „Und wenn uns die Werbung von Charlie’s alle mit dieser Botschaft in die Weihnachtszeit entlässt, dann ist das wahrscheinlich besser als jedes Kaufhausangebot.“