Männer, die auf Wasser starren

1. März 2024

Norddeutscher Humor geht auf Deutschland-Tour

Ein Beitrag von Wolfgang Heumer

Die Bremerhavener Unternehmer Nico Flathmann und Joschka Traue haben mit ihren trocken erzählten Witzen die sozialen Netzwerke erobert. Ihre Videos als „Männer, die aufs Wasser starren“ haben Millionen Likes. Nun besteigen sie die Bühne und gehen auf Deutschland-Tournee.

Nico Flathmann (links) und Joschka Traue © WFB/Hake

„Weißt du, warum bei Ikea Pfeile auf dem Boden sind?“ Nico Flathmann stellt die Frage seinem Kumpel Joschka Traue ganz beiläufig, im selben Stil gibt sich der 30-Jährige selbst die Antwort: „Weil es ein Ein-Richtungs-Haus ist.“ Joschka Traue blickt kurz auf, brummelt etwas. Die beiden hocken auf Klappstühlen am Deich in Bremerhaven, im Hintergrund kreischen Lachmöwen. Das wars. Die beiden erzählen sich gegenseitig ohne eine Miene zu verziehen Witze, die gewollt so flach sind wie die Nordsee vor ihnen. Manchmal muss dann doch einer von beiden lachen. Auch andere können dem eigenwilligen, trockenen Humor viel abgewinnen: Als „Männer, die aufs Wasser starren“ feiern die beiden mit ihren Videoclips im Internet einen Erfolg nach dem anderen. Bei Instagram haben sie inzwischen 419.000 Follower, auf TikTok fast 700.000.

Mit Werbe-Videos gestartet

Die erfolgreichen Videos hatten einen ganz pragmatischen Auslöser. Beide sind Unternehmer in Bremerhaven. Flathmann kurvt von Frühjahr bis Herbst mit einem hoch motorisierten Schlauchboot Touristinnen und Touristen über die Weser und durch den Hafen. Traue brutzelt in seinem Restaurant in einem Bremerhavener Hallenbad „First-Class-Fritten“, wie er sagt. Ihr Hauptwerbemittel sind kurze Posts und Stories auf unterschiedlichen Internet-Plattformen. Diese fanden aber nicht die von ihnen erhofften Follower-Zahlen. „Also mussten wir uns etwas überlegen, wie wir die Leute auf unsere Seiten bekommen“, erinnert sich Nico Flathmann.

Zu der Zeit kannten sich die beiden, weil Flathmann gelegentlich mittags oder nach Feierabend den Imbiss von Traue besuchte. Ein humoriges Wort gab dabei das andere, an den Nachbartischen gab es Gelächter. So entstand die Idee, in die Werbung buchstäblich etwas Witz zu bringen. Fern lag das sowieso nicht, denn Nico Flathmann erzählt seinen Mitfahrenden auf den Speedboot-Touren von „Ribtide“ auch nicht nur ernsthafte Geschichten über die Seefahrt. Und genauso wenig schaut Joschka Trau schweigend zu, wenn in seinem Lokal „Fry High“ die Gäste „Beef-Bomber“ vertilgen.

Angefangen haben sie schließlich mit einem kurzen Spot, in dem Nico Flathmann für seine Bootstouren wirbt. Dazu gesellte sich ein kurzer und knackiger Dialog: „Weißt du, wo die Zentrale von Burger King ist“?, fragt Joschka Traue. „In Whoppertal“. Nico Flathmann kontert: „Ich bin Halbgrieche. Fetalicherseits.“ Zum besseren Verständnis wurde der Dialog mit Untertiteln versehen.

Klappstühle in der Hand: Traue (links) und Flathmann © WFB/Hake

Mit Sprachakrobatik und Schlagfertigkeit Sprüche klopfen

Die beiden „Männer, die aufs Wasser starren“ sind höchst unterschiedliche Typen. Nico Flathmann erinnert an den klassisch wortkargen Norddeutschen, Joschka Traue hat mit seinem Hang zur hörbaren Fröhlichkeit eher den Charakter einer rheinischen Frohnatur. Es gibt gemeinsame Nenner – beide lieben ihre Heimatstadt Bremerhaven und betonen deren zahlreiche schöne Seiten: die Häfen, das Wasser, die bunte Kultur. Und sie nehmen sich selbst nicht so ernst. In Kombination aus Sprachakrobatik und Schlagfertigkeit klopfen sie in ihren Videos einen Spruch nach dem anderen, scheinbar ohne lange nachzudenken. „Es ist tatsächlich so, dass wir keinen Plan haben, sondern einfach drauflosreden“, versichert der 33-jährige Joschka Traue. „Keiner weiß von dem anderen, was als nächstes kommt“, bestätigt Nico Flathmann.

Drei Kameras und drei Mikrofone verfolgen jedes witzige Wort

Lustig zu sein, ist für die beiden inzwischen eine durchaus ernsthafte Aufgabe geworden. Die „Männer, die aufs Wasser starren“ verabreden sich regelmäßig am Deich, im Hafen oder am Weserstrand, setzen sich auf ihre Klappstühle, nehmen Tassen in die Hand und reden los. Drei Kameras und drei Mikrofone zeichnen das wortwitzige Geschehen auf. Nur wenige Tage später sind die Aufnahmen online. Eine Kostprobe: „Haste von den beiden Typen gehört, die ’nen Kalender geklaut haben?“ Kurze Pause. „Haben beide sechs Monate bekommen.“ So hört sich das an, wenn zwei norddeutsche Männer lustig sind. Das kommt nicht nur im Norden an: Am Prater in Wien habe ihn neulich eine Frau erkannt und angesprochen, berichtet Nico Flathmann: „Sie kam aus Graz, so weit hat sich das wohl schon herumgesprochen.“

Der unerwartete Erfolg führt jetzt zur Deutschland-Tournee

Bald werden die beiden nicht nur im Internet zu sehen sein, sondern live auftreten: Gerade hat der Vorverkauf für eine Tournee begonnen, die das komische Duo von November 2024 bis März 2025 von Krefeld über München bis Bremen durch ganz Deutschland führen wird. Ihr erster öffentlicher Auftritt im Dezember 2023 im Kito in Bremen-Vegesack vor 150 Zuschauerinnen und Zuschauern war ein voller Erfolg. Für ihre Tournee haben die beiden mit der für Norddeutsche typischen Zurückhaltung vor allem kleinere Clubs und Veranstaltungszentren ausgesucht. „Aber wir können auch große Hallen“, versichern beide – angesichts der 16,5 Millionen Likes, die sie bislang allein bei TikTok bekommen haben, dürfte das möglicherweise auch keine Schwierigkeit sein.

Auf der Tour wollen die beiden ähnlich agieren wie vor der Kamera, sie werden locker vom Klappstuhl Kalauer am Band produzieren. 90 Minuten soll jede Show mindestens dauern. „Aber wenn wir richtig in Fahrt kommen, kann es auch länger werden“, sagt Nico Flathmann. Nur um das schwedische Möbelhaus, aus dem ihr Markenzeichen – die Klappstühle – stammen, werden sie vielleicht einen Bogen machen. „Ich habe neulich bei Ikea geklaut“, sagt Joschka verschmitzt, „die haben mich erwischt – und kräftig vermöbelt.“

Den nächsten Witz im Blick: Traue (links) und Flathmann © WFB/Hake