Volker Pesch, Autor der Krimiserie um den Polizeiseelsorger Tom Schröder wurde an dieser Stelle schon gelobt, weil Tom Schröder eben nicht nur seelsorgt und Verbrechen aufklärt, sondern zu gern isst und trinkt – und zwar das, was in Vorpommern an regionalen Spezialitäten auf den Tisch (oder ins Glas) kommt. Und, während die Fans auf Tom Schröders nächstes Abenteuer warten, hat der Autor Jagdgeschichten geschrieben. Der Titel, „Lockruf der Kulturlandschaft“, zeigt schon, dass wir nicht viel Jagd-Romantik erwarten können. In seinen Erzählungen zieht Volker Pesch ältere Literatur heran, Jagdlieder, die wir alle noch im Ohr haben und die das freie Waidmannsleben preisen, aber nix ist mehr mit „Auf auf zum fröhlichen Jagen“. Zu viele Regeln und Erlasse dämpfen die Fröhlichkeit, die Jäger tun ein Übriges. Zwar scheut das Wild der Hörner Schall, wie es im Lied heißt, „nicht aber eine Armada von Geländewagen mit Anhängern.“
Ein Mann, ein SUV, ein Jäger
Ein Mann, ein SUV ist die Devise vieler Freizeitjäger, und wenn das Wild sich dann nicht blicken lässt, sitzt der Jägersmann aus Berufung auf seinem Hochsitz und kaut Fingernägel. Dabei kommt es zu witzigen Episoden – wenn z.B. ein Hirsch auftaucht und den Jäger spöttisch anzusehen scheint. Denn der Hirsch stellt sich so, dass das Geweih nicht richtig zu sehen ist, und damit weiß der arme Jäger nicht, ob der Hirsch dem Jahrgang angehört, aus dem ein Stück Hirsch erlegt werden darf in just diesem Revier. Oder wenn ganz schnell Jagd auf Wildsauen gemacht werden muss, weil der Wildschweinbestand wächst und wächst, statt sich an die Erlasse des Ministeriums zu halten. Dann sitzt der Jäger frierend im Ansitzsack aus alten Armeebeständen auf der Kanzel (so nennen sie den Hochsitz, man lernt viel über die Jägersprache in diesem Buch): „Winterjagd auf Sauen ist eben nichts für Freunde des leichten Hawaiihemdes. Außerdem hülfe ohnehin kein Klagen, denn der Landwirtschaftsminister höchstselbst hat Aufbruch zur Jagd geblasen!“ Die Geschehnisse auf der Pirsch werden aus der Sicht eines passionierten Jägers erzählt, der genau über sein Tun reflektiert und der für sich und für uns zu ergründen versucht, was das Faszinierende an der Jagd ist. Der einen Unterschied aufzeigt zwischen dem Jäger, der gern losballert, und dem, der nicht mehr erlegt, als in seine Tiefkühltruhe passt: „Ich jage aus einer innigen Verbundenheit mit der Natur, aus tief empfundener Liebe zu Pflanzen und Tieren, aus begehrlicher Lust zu Rehrücken und Rollbraten aus der Schwarzwildrippe.“ Er beschreibt, welchen Schaden die fortschreitende Monokultur im Wildbestand anrichtet – denn in den endlosen Maisfeldern fühlt sich außer Wildschweinen kaum ein Tier noch wohl. Und er erzählt, wie er die Tiere zubereitet und was so auf Jägerfrühstücken gegessen wird. Nämlich: „Eine scharf gewürzte Rinderbrühe mit Gemüse und Eierstich vertreibt die letzte Kälte aus unseren Körpern. Gerüche von frischem Brot, würzigem Käse und kräftigem Schinken vermischen sich und erfüllen den Raum. Hausgemachte Leberwurst vom Damwild und ein geräucherter Rehrücken machen unser Zusammensein zu einer Art Erntedankfest für Jäger.“ Dass sich so mancher Jäger auch als Imker versucht, erfahren wir ebenfalls aus dieser Sammlung von Jagdgeschichten, denn zum Rehrücken gehört schließlich die Honigmarinade. Und als Krönung von allem wird verraten, was sich hinter den Kulissen einer vorpommerschen Kochshow zuträgt!