Jutta Kürtz

Journalistin & Sachbuch-Autorin

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Gooskul söötsuur

Ein Festessen im Norden!
11. November 2023

Es ist die Zeit der Martinsgans und aller Köstlichkeiten, die sich aus dem leckeren Federvieh zubereiten lassen. Zeit auch für Traditionelles wie Gänse-Schwarz- und –Weißsauer, für pommersche Spickgans und würziges Gänseschmalz, für Tollatschen und vor allem für süßsaure Gänsekeulen. Die Gooskul söötsuur ist ein Festessen im Norden! 

© Ingo Wandmacher

Kochen heißt Geschichten erzählen – so ein altes Sprichwort. So ist es auch hier. Denn die in Sauer eingekochte Gänsekeule berichtet aus der Geschichte früherer Haushalte. Das Säuern war eine der uralten Konservierungsmethoden.

Was täten wir nur heute ohne das Hausgerät, das sorgloses Wirtschaften erst möglich macht. Ohne den Kühlschrank samt Tiefkühler. Dabei ist es nur 140 Jahre her, dass ein erster chemischer Eisschrank von dem deutschen Ingenieur Carl von Linde entwickelt wurde. Vorgänger im wissenschaftlichen Bereich gab es schon. Aber es dauerte dann bis 1930, bis ein Haushaltskühler zum Standard in den USA wurde, bei uns starteten die Fortschrittlichen mit einem damals modernen „Linde“ in den 1950ern, in den 1970ern dann hatte fast jedermann so ein Wundergerät in der Küche. Die Tiefkühler und Gefrierkombis folgten.

Früher, also für lange-lange Zeit, musste man sich etwas einfallen lassen, wenn man den Überfluss der einen Jahreszeit retten wollte für weniger ertragreiche Wochen und karge Monate. Wie sollten Fleisch und Fisch haltbar gemacht werden, Gemüse und Obst frisch bleiben, Milch und seine Produkte genießbar? Schon in der Antike wurde gekühlt und getrocknet, unsere klugen Vorfahren buddelten Erdlöcher und bauten Eiskeller, sie salzten und legten vieles in Pökelfässer ein und räucherten und legten Holzkohle-Lager an. Irgendwann säuerten sie auch und kochten ein. So wissen wir, dass in den Küchen und Kellern früherer Generationen Geräuchertes, Gepökeltes, Getrocknetes und eben auch Gesäuertes zur Alltagsküche gehörten. Wie beispielsweise Schinken und Salzheringe, Backobst und das Sauerfleisch. Das machte dann den typisch regionalen Geschmack aus. Brooken sööt und söötsuur. So kam es auch zur Gooskul söötsuur. Aus dem Sauerpott holte man sie, wenn man gut bevorratet war. Die kräftig gewürzte Keule wurde dann rundherum in heißem Fett gebraten, mit Zucker überstreut und leicht karamellisiert. Aus dem Sud aus dem Sauertopf und dem gesüßten Bratenfond ließ sich dann schnell die passende leckere Soße kochen. Knusprige Bratkartoffeln mit Speck und Zwiebeln schmecken dazu. So, wie Hausmütter einst kochten.

© Ingo Wandmacher