In Großbarkau kann man erleben, wie sich die Landwirtschaft wandelt. Bei Rieckens Landmilch zum Positiven. Der Vorzeigebetrieb vor den Toren Kiels setzt auf Qualität und Selbstvermarktung.
Im Norden Schleswig-Holsteins, elf Kilometer südlich von Kiel, in Großbarkau, liegt der Eichhof. Er wird inzwischen in vierter Generation von Bert und Kherstin Riecken betrieben. Im Jahre 1897 sah es dort noch ganz anders aus. Es gab ein Bauernhaus mit 50 Hektar Land. 1932 wurde daraus ein kleiner Bauernhof mit ein paar Kühen, Zuchtbullen, Mastschweinen und sechs Arbeitspferden. 1962 übernimmt Klaus Riecken den Hof und strukturiert ihn zu einem reinen Milchviehbetrieb um, den sein Sohn Bert mit seiner Frau nun seit 1991 weiterführt. Wachstum, Veränderungen, Umdenken, mit der Zeit gehen. In mehr als 120 Jahren Hofgeschichte ist viel passiert.
Vom Bauernhof zum Milchviehbetrieb
Aus dem kleinen Bauernhof von 1932 ist inzwischen ein reiner Milchviehbetrieb mit 70 Milchkühen, 30 Stück Jungvieh, 35 Kälbern und 2 Ziegen geworden. Die Hof- und Weidefläche ist auf 89 Hektar gewachsen. Für heutige Verhältnisse immer noch ein kleiner Hof. Es wurde um- und angebaut, die Hofmeierei mit Direktvermarktung eröffnet, Joghurt, Frischkäse und Molke mit hinzugenommen. Ein neuer Betriebszweig, die Bauernhofpädagokik „Rieckens Landleben“ wird eingeführt und seit zwei Jahren wird auch eigener Schnittkäse und das Fleisch der Eichhofrinder vermarktet. Der Eichhofsche Hofladen besteht seit drei Jahren und ist täglich von 8 bis 20 Uhr geöffnet. Seit dem 01. November 2017 gilt der Hof offiziell als ökologisch wirtschaftender Betrieb. Man ist Mitglied bei „Feinheimisch“, einem Netzwerk von agrarischen Erzeugern, Manufakturen und Köchen.
Geschmackvoll
Auf die Frage, wodurch die Milch ihren Geschmack erhält, kommt die lakonische Antwort „Input ist gleich Output“. Was also oben ins Maul hinein kommt, fließt unten aus dem Euter wieder heraus. Da Rieckens Milchkühe fast sieben Monate in Vollweidehaltung leben, fressen sie eine Menge Gras (um die 50 Kilo pro Kuh und Tag). Auch anderes Grünzeug wie Klee, Löwenzahn, Luzerne und Rispengräser geben der Milch den guten Geschmack. Die gesunden Inhaltsstoffe wie Omega 3 Fettsäuren, Kalzium, Magnesium, Eisen, sowie die Vitamine A, B1, B2, B12 und D bleiben durch die schonende Verarbeitung der Milch erhalten.
Klasse statt Masse
Die Rieckens arbeiten aus Überzeugung ökologisch: „Wir legen größten Wert auf eine traditionelle und nachhaltige Landwirtschaft, die sich jedoch nicht der modernen Technik verschließt. Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, komplett auf Produkte mit gentechnisch veränderten Organismen in Futtermitteln oder Saatgut zu verzichten. Denn nach wie vor wissen wir nicht genau, welchen Einfluss diese auf unseren Organismus langfristig haben können. Auch deshalb erzeugen wir einen Großteil des Tierfutters auf unseren eigenen Feldern selbst, um Nachhaltigkeit und Natürlichkeit gewährleisten zu können“.
Der Familienbetrieb nahe Kiel ist seit November 2017 bio-zertifiziert.
Die Milch, frisch gemolken, wird in der Hofmeierei pasteurisiert und gleich am nächsten Tag in stabilen Mehrwegflaschen an Privatkunden und Gastronomen direkt an die Haustür geliefert. Auch Milchmixgetränke, Natur- und Fruchtjoghurts, sowie Frischkäse werden hier produziert.
Vor einiger Zeit fand sich eine mobile Käserei, die Rieckens Rohmilch zu einem milden Schnittkäse nach Goudaart und zum Eichhofkäse nach Bergkäseart verarbeitet. Diese Sorten sind neben Natur auch mit Bärlauch, italienischen Kräutern und Bockshornklee zu bekommen. Eine eigene Käserei ist in Planung.
Fährsen- und Ochsenfleisch
Auch das eigene Fleisch wird mittlerweile stärker vermarktet. Kherstin Riecken erzählt, dass sie mit der Schlachterei Einfeld in Negenharrie einen guten und feinheimischen Partner gefunden haben, der die Rinder 2 Tage vor Schlachtung abholt, sie eingewöhnt und dann mit wenig Stress für die Tiere schlachtet. Die Produkte wie Mettwurst, Bratwurst, Gulasch, Hackfleisch und auch Rumpsteaks würden gut angenommen. Färsenfleisch wird in 10 kg Paketen, wo dann eine Auswahl von allem drin ist, verpackt: Hackfleisch, Gulasch, Braten, Rouladen, Steaks und Suppenfleisch.
Seit kurzem werden auch Bullen aus Kreuzungstieren großgezogen. Diese Jungbullen werden vor dem sechsten Monat kastriert. Durch das fehlende Testosteron wachsen sie wesentlich langsamer heran, so dass die Muskelfasern feiner und das Fleisch leicht marmoriert ist. Ochsenfleisch ist im Vergleich zu früher eher selten zu bekommen.
Der Hofladen
Vor drei Jahren wurde der Stallraum, direkt neben der Hofmeierei, mit Lehmputz in natürlichen Wandfarben, Regalen und Lampen zu einem 40 Quadratmeter großen Hofladen umgebaut.
In dem kleinen Laden bekommen die Kunden nicht nur die hauseigenen frischen Produkte angeboten, sondern auch eine Auswahl weiterer Produkte von regionalen Erzeugern, die wie Rieckens selbst, möglichst nachhaltig wirtschaften. Es werden zusätzlich Bio-Eier, Loppo-Kaffee, Kartoffeln, Sahne, Butter, Honig und Brot angeboten.
Bildungsanspruch
Kherstin Riecken ist es wichtig, schon Kindern die Wertschätzung von Lebensmitteln zu vermitteln. Sie sagt, „mit unserer Bauernhofpädagogik lernen Kinder wie aufwendig die Herstellung von Naturprodukten ist und was alles damit zusammenhängt“. Eigens hierfür wurde ein neuer Betriebszweig eingeführt. Bei „Rieckens Landleben“ stehen die Kinder im Mittelpunkt. Mit viel Spaß, Spiel und Action werden die Kleinen professionell betreut. Stallführungen mit Kälbchen Streicheln, Meierei anschauen und Probieren, mitmachen beim Buttern, Melken und Füttern, die Futtermittel kennen lernen, Stockbrot grillen, und vieles mehr.
Den Kindern beibringen, woher die Rohstoffe kommen, wer die Lebensmittel warum produziert, woher das Handwerk kommt, warum aus der Region für die Region. Was Nachhaltigkeit bedeutet. Eine Herzensangelegenheit von Kherstin Riecken. Alles in allem eine Menge Arbeit, auch wenn insgesamt 25 Teil- und Vollzeitmitarbeiter den Rieckens zur Seite stehen. Doch die Gewissheit, dass ihre Kinder den Hof weiterführen werden, die Freude an den eigenen Tieren und Produkten, sowie die Wertschätzung der Kunden, zeigen ihnen, dass sich die Mühe lohnt. In Großbarkau kann man erleben, wie sich die Landwirtschaft wandelt. Bei Rieckens Landmilch zum Positiven.