Johanna Rädecke

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Geister, Trolle, Elfen und Nixen: Das sind Schwedens bekannteste Fabelwesen

21. Juni 2023

Schwedens tiefe Wälder strahlen Ruhe und landschaftliche Schönheit aus; sie stecken aber auch voller Geheimnisse. Der schwedische Volksglaube kennt mehrere Fabelwesen, die eins mit der Natur sind und sie um jeden Preis schützen wollen: von listigen Trollen bis hin zu verführerischen Waldfeen.

Wo die Menschen seit jeher mit dem Jedermannsrecht leben, das den freien (respektvollen!) Zugang zur Natur erlaubt, ist diese ein wichtiger Bestandteil der kulturellen Identität. Da liegt es nahe, dass die schwedische Landschaft unzählige Künstler und Schriftsteller inspiriert sowie einige Mythen hervorgebracht hat.

Viele Volksmärchen drehen sich um Wälder, Berge, Seen und Wiesen – kein Wunder bei einem naturverbundenen Volk. Wenn man der schwedischen Folklore glaubt, wimmelt es in der Natur von Fabelwesen, die alle ihre eigenen Lebensräume haben. Manche von ihnen sind freundlich und hilfsbereit: Sie belohnen jene Menschen, die sie und ihre Umgebung mit Respekt behandeln. Andere hingegen locken unachtsame Passanten mit ihrer verführerischen Art ins Verderben.

Das Thema der Elfen, Trolle & Co. lässt sich nicht abhandeln, ohne den schwedischen Maler John Bauer (1882-1918) zu erwähnen. Er hat mehrere Ausgaben der berühmten Märchensammlung „Bland tomtar och troll“ (Unter Gnomen und Trollen) illustriert und damit unsere Vorstellung von den nordischen Fabelwesen geprägt. Die Reihe, die übrigens noch immer jedes Jahr erscheint, enthält Erzählungen aus der schwedischen Folklore, und ganz oft kommen Naturgeister vor.

Wir stellen fünf Arten von Fabelwesen vor, die im schwedischen Volksglauben weit verbreitet sind.

© Visit Schweden


Huldra: die verführerische Waldfee

Die Huldra ist eine Art skandinavische Version der Sirene. Sie ist auch unter den Namen „skogsrå“ (Waldgeist) und „Tall-Maja“ (Kiefernmarie) bekannt. Im Gegensatz zu anderen Fabelwesen hat sie ihren Ursprung im Christentum, nämlich in einer Geschichte über keine Geringere als die erste Frau Eva, die nur die Hälfte ihrer Kinder gewaschen hatte, als Gott erschien. Zutiefst beschämt über ihre schmutzigen Kinder, verbarg sie diese vor ihm. Daraufhin versteckte Gott sie für immer, wodurch sie zu „Huldern“ wurden. Dieser Sammelbegriff für unsichtbare Wesen geht wiederum auf das altnordische Wort für „bedecken“ oder „verstecken“ zurück, aus dem sich auch unser heutiges „verhüllen“ ableitet.

In der weiblichen Form werden Hulder fast ausschließlich als schöne Wesen dargestellt. Die männlichen Exemplare (der „Huldrekall“) sind das ganze Gegenteil: grotesk und abstoßend.

In der skandinavischen Folklore gilt die Huldra nicht nur als gutartige Waldfee, sondern auch als Schutzgeist der Köhler, die Holz zu Holzkohle verarbeiten. Sie ermöglicht ihnen einen erholsamen Schlaf, indem sie nachts über die Kohlenmeiler wacht. Als Dankeschön hinterlassen die Kohlbrenner ihr Proviant.

Aber es gibt auch Geschichten, die die hinterlistige Seite der Huldra zeigen: In diesen hat sie einen Kuh- oder Fuchsschwanz, den sie unter ihrem Rock versteckt und Männer mit ihren Reizen betört. Den Schwanz kann sie nämlich nur loswerden, indem sie in einer Kirche heiratet: Dabei soll er abfallen, und die Huldra verwandelt sich in einen Menschen.

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Näcken: der Nackedei mit der Geige

Wenn man an einem gurgelnden Bach einem nackten Jüngling begegnet, der Geige spielt, ist es höchstwahrscheinlich der „Näcken“. Dieser Nix zählt zu Schwedens berühmtesten Fabelwesen. Schon in der Wikingerzeit soll er sich gezeigt haben.

Dieses übernatürliche Wasserwesen gilt als Schwedens Antwort auf den griechischen Meeresgott Poseidon und den Neptun der alten Römer. Mit seiner verführerischen, heimtückischen Art symbolisiert er jedoch die Gefahren des Wassers. Laut dem Volksglauben lockt er Menschen mit seiner Musik in die Fluten, wo sie ertrinken.

Zu den historischen Schriften über den Näcken gehört das Buch „Siögudens Neckens kännemäreke“ (Die Kennzeichen des Wassergotts Näcken) von Schroderus aus der Zeit um 1635. Etwa ein Jahrhundert später erwähnte ihn der Pfarrer Olof Broman im Zusammenhang mit dem Heidentum. Das Gemälde „Näcken“ des schwedischen Künstlers Ernst Josephson aus dem späten 19. Jahrhundert fängt die Definition dieses mysteriösen Wassermannes perfekt ein: Er kauert an einem Bach, fiedelt mit Hingabe und sein wallendes dunkles Haar verschmilzt optisch mit den Wasserpflanzen in der Umgebung.

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Trolle: die schelmischen Waldwesen

Unzählige Tonfiguren aus Souvenirläden sowie Rollen in kultigen Trickfilmen haben den Trollen zu internationaler Berühmtheit verholfen. Ursprünglich waren die Wesen jedoch riesenhaft und tarnten sich auf mysteriöse Weise, indem sie sich den Bäumen und Felsen in ihrer Umgebung anpassten.

Trolle sind ein wichtiger Bestandteil der nordischen Mythologie und untrennbar mit der Natur verbunden. Sie sollen in kleinen Familienverbänden zusammen in Höhlen oder Bergen leben. Ihre plumpe, nahezu groteske Erscheinung bildet einen Kontrast zu den friedlichen moosbewachsenen Behausungen. Menschen gegenüber sind Trolle zwar nicht sonderlich freundlich oder hilfsbereit, aber sie greifen auch nicht an. Trotzdem können sie listige Betrüger sein, also ist in den schwedischen Wäldern Vorsicht geboten.

Besonders poetisch hat sie der schwedische Maler John Bauer (1882-1918) in illustrierten Märchenbüchern abgebildet. Auf seinem Gemälde „Trollmama und ihre Söhne“ aus dem Jahr 1915 wirken die mysteriösen Waldbewohner schon so freundlich, wie sie auch heute gerne dargestellt werden.

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Vittror und Vättar: die unsichtbaren Helfer der Bauern

Die „Vittror“ (Singular: Vittra) sind menschenähnliche Fabelwesen aus dem nordschwedischen Volksglauben und sollen in ländlichen Gebieten unter der Erde leben. Im Alltag zeigen sie sich nicht, sind den Menschen aber immer nahe. Werden sie gut behandelt, kümmern sie sich um das Vieh – sowohl um ihre eigenen (unsichtbaren) verzauberten „Vitterkühe“ als auch um die Tiere der Menschen. Die südliche Grenze des Glaubens an die Vittror, der auch in Norwegen und Finnland verbreitet ist, verläuft durch Dalarna und Hälsingland.

Weiter südlich spricht man von „Vättar“ (Singular: Vätte), die den Vittror sehr ähnlich sind. Der Volksglauben beschreibt sie jedoch als kleiner; sie erinnern eher an Zwerge. „Tomte“ und „Nisse“ sind zwei weitere Namen für diese Wesen, die unter den Häusern der Menschen leben. Besonders Bauern vertrauen auf ihre Unterstützung im Umgang mit Tieren und auf ihr Händchen für die Landwirtschaft. Doch wer die Vättar verärgert, muss mit Rache rechnen.

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Elfen: betörende Schönheiten im Morgennebel

In der schwedischen Folklore sind Elfen („Älvor“) meistens weiblich und werden entweder als winzige feenhafte Geister oder als engelhafte, erwachsene Frauen dargestellt. Sie leben zurückgezogen in Hügeln und Wäldern und kommen nur im frühen Morgennebel oder in der Dämmerung zum Tanzen hervor.

Für die Schweden sind Elfen eng mit dem Nebel verbunden, und noch heute spricht man bei tief über Feldern und Wiesen hängenden Schwaden in der Morgen- und Abenddämmerung von „Älvdans“ (Elfentanz). Wer dann meint, Vogelgezwitscher zu hören, vernimmt vielleicht in Wahrheit die zarte Musik der Fabelwesen. Und wo ihre kleinen Füße herumtänzeln, wachsen später Pilze in sogenannten „Elfenkreisen“.

Aller Anmut zum Trotz ist Vorsicht geboten: Obwohl Elfen in modernen Märchen gerne als freundlich dargestellt werden, rät die schwedische Folklore den Menschen zum Abstandhalten. Ein bekanntes literarisches Mahnmal ist die mittelalterliche Ballade „Herr Olof und die Elfen“, auf der unter anderem „Erlkönigs Tochter“ vom deutschen Dichter und Übersetzer Johann Gottfried Herder (1744-1803) basiert. In diesem beliebten Stoff geht es um einen Herrn namens Olof, der am Abend vor seiner Hochzeit einigen Elfen begegnet. Die wollen ihn zum Tanzen verführen, aber er lehnt ab. Daraufhin wird er verflucht und stirbt noch in derselben Nacht; kurz darauf erwischt es auch die Verlobte. So betörend der Morgennebel also erscheinen mag: Am besten bewundert man ihn aus der Ferne.