Jens Mecklenburg

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Geht Biolandwirten das Futter aus?

Folgen des Ukrainekriegs
29. März 2022

Die Folgen des Ukrainekriegs stellen die Landwirte in Deutschland vor Herausforderungen. Biobetriebe könnten bald gezwungen sein, ihre Tiere mangels Ökofutter konventionell zu füttern, warnt der Bauernverband. 

© Barbara Maier

Viele Betriebe bezögen ihr gentechnikfreies Eiweißfutter aus der Ukraine und der Schwarzmeerregion, sagte Holger Hennies, Präsident des Landvolks Niedersachsen. „Für gentechnikfreies Futter gibt es keine anderen Lieferanten.“ 

Das Problem betreffe die gesamte Veredelungsbranche, also die Schweine- wie auch die Geflügelmast. Die Folge: In wenigen Wochen dürften die Lager mit Ökofutter leer sein. Dann müssten die Biotierhalter auf konventionelles Futter umsteigen.

Können die Betriebe das Ökosiegel behalten? 

Das gelte auch für die Eierproduktion, sagte Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbands der Deutschen Geflügelwirtschaft. Ob die Betriebe dann auch ihr Biosiegel beibehalten könnten, liege an der EU. Die strengen Regeln müssten zeitweise ausgesetzt werden, forderte der Verbandspräsident. 

Der Krieg in der Ukraine hat viele Landwirte in eine wirtschaftlich schwierige Situation gebracht: Fehlende Weizenlieferungen aus dem osteuropäischen Land haben die weltweiten Warenströme umgeleitet. Preise für Futter, Düngemittel und Energie sind stark gestiegen. 

Die Landwirtinnen und Landwirte müssen nach Ansicht ihrer Lobby die deutlich höheren Kosten weitergeben können. „Wir brauchen auch in den laufenden Kontrakten Erzeugerpreiserhöhungen, sonst überleben das einige Betriebe nicht“, sagte Geflügelhaltervertreter Ripke.

Geflügelhalter lassen die Ställe leer stehen 

Im Geflügelbereich hätten die Putenhalter bereits 20 Prozent Leerstand in den Ställen, sagte er. Diese Entwicklung habe schon vor dem Ukrainekrieg eingesetzt, weil sie keine auskömmlichen Preise mehr erzielten. In der Hähnchenmast überlegten nun die ersten Landwirte, Ställe leer stehen zu lassen. „Wir brauchen für die Kosten von Energie und Futter höhere Erzeugerpreise“, forderte Ripke. 

Betroffen seien vor allem Landwirte, die jüngst in ihre Ställe investiert hätten, um ihre Tiere nach höherwertigen, tierwohlgerechteren Haltungsstandards zu halten. Denn diese Betriebe hätten wegen der Investitionen auch einen hohen Kapitaldienst an ihre Banken zu leisten – mit einem Mal seien aber die Kalkulationen wegen des Ukrainekriegs hinfällig, sagt Ripke. Das bedrohe auch den Tierwohlfortschritt. 

Auch Schweinehalter beklagen die Folgen der extrem gestiegenen Preise. Sie haben in den vergangenen zwei Jahren ohnehin schon unter dramatisch niedrigen Erzeugerpreisen gelitten. Ein Tier bis zur Schlachtreife zu füttern, koste ihn im Moment 120 Euro, berichtete Hubertus Berges, der im Landkreis Cloppenburg Schweine mästet. Vor jeder Einstallung müssten sich die Mäster nun fragen, ob sie das Risiko eingehen oder den Mastplatz nicht besser leer ließen. Denn die Entwicklung der Futterpreise sei derzeit nicht abzuschätzen. 

„Vor vier Wochen habe ich für eine Futterlieferung noch 24 Euro pro 100 Kilo gezahlt. Jetzt stehen da fast 40 Euro pro 100 Kilo, das ist Wahnsinn“, beschreibt Berges die Entwicklung.