Jens Mecklenburg

Herausgeber & Autor

Zum Portrait

Gefährliche Gezeiten

Ein Gespräch mit dem Segler und Krimiautoren Detlef Jens
12. Juni 2020

Ein Yachtdetektiv ermittelt in Frankreich und Flensburg. Ein Gespräch mit dem Autoren Detlef Jens über Yachtkrimis, Wein und Flensburgs dunkle Vergangenheit.

©Detlef Jens

Sie sind Segler, Journalist, Autor, leben in Flensburg – und schreiben neuerdings auch Romane. Welcher Art? 

Yachtkrimis. Ein eher unbekanntes Genre, dafür umso spannender. Ein interessantes Milieu, diese Yachtszene, dort passieren unglaubliche Dinge. 


Zum Beispiel?

Ich möchte hier nicht zu viel verraten. Der erste Band, „Black Jack“, spielt in Cannes und auch an Bord der dort vertäuten Megayachten. Es geht hier fast immer um sehr viel Geld und sehr große Egos. Bei diesen Superyachten kommt, außer meinen LeserInnen, ja kein normaler Mensch an Bord! Allerdings ist der an Bord seiner eher kleinen Segelyacht lebende Lebenskünstler und Genießer Fabian Timpe, der hier überhaupt erst zum Yachtdetektiv wird, auch kein so ganz „normaler“ Mensch. 


Der zweite Fall, das aktuell erschienene Buch „Gefährliche Gezeiten“, spielt in der Bretagne – aber auch in Flensburg. Wie das?

Die dunkle Geschichte Flensburgs wirft ihre langen Schatten. Es geht um eine tragische Familiengeschichte mit einem realen und sehr traurigen Hintergrund. Die Handlung spielt eigentlich in der heutigen Zeit, in der wunderschönen, oberflächlich unbekümmerten, sonnigen Bretagne. Fabians „Chefin“, die schöne Französin Catherine, schickt ihn dorthin, um einen Fall zu klären – eine historische Segelyacht, aus dem Jahr 1938, ist dort auf einer kleinen Werft angezündet worden. Fabian hat aber noch andere Probleme, denn in der Bretagne verliebt er sich in eine seltsame, rätselhafte Bretonin, dann kommt aber auch Catherine angereist, die nicht nur seine Chefin, sondern auch zumindest Teilzeit-Geliebte ist. Doch zurück zum historischen Part. Die Spur führt in die Vergangenheit, in das Jahr 1945, Kriegsende in Flensburg. Im Mai 1945 war im Restdeutschland ja schon alles vorbei, der Krieg war zu Ende, doch in Flensburg saß noch die letzte „Reichsregierung“ unter Admiral Dönitz, der sich als Hitlers Nachfolger sah – eine Farce, die vor allem dazu diente, hochrangigen Nazi-Kriegsverbrechern das Untertauchen zu ermöglichen, das war die dann später von Historikern so benannte „Rattenlinie Nord“. Dabei war es aber leider auch so, dass sogar nach der Kapitulation am 9. Mai noch einfache Soldaten und Matrosen im Schnellverfahren zum Tode verurteilt und erschossen wurden, weil sie auf Deutsch gesagt einfach die Schnauze voll hatten. Einige wollten nur nach Hause zu ihren Familien und galten als „Deserteure“, andere wurden wegen aufmüpfiger Reden verurteilt. Unglaublich! Man stelle sich das vor: Du hast diesen grausamen Krieg überlebt, die Engländer sind schon in Hamburg, und dann wirst du noch von diesen Fanatikern ermordet!


Wie sind Sie zu diesem historischen Thema gekommen?

Das hat mehrere Gründe. Meine Eltern waren noch Kriegsgeneration, meine Großeltern ja sowieso. Für mich wichtige und sehr lesbare Autoren sind die kritischen Geister der Nachkriegszeit, die in den 1950er und 1960er Jahren auch die Entwicklungen in der jungen Bundesrepublik kritisch betrachtet und begleitet haben. Das sind einige, Heinrich Böll natürlich, für mich vor allem aber auch Alfred Andersch mit seinem Buch „Die Kirschen der Freiheit“, in dem er sich mit seiner eigenen Desertion aus der Hitler-Armee in Italien auseinandersetzt. Als Segler wiederum interessierte mich, unter welchen Bedingungen die Leute damals, nach dem Krieg, wieder aufs Wasser konnten und durften, und wie schon in den 1950ern einige wenige ihrem Fernweh folgten hinaus aufs Meer, die kein Interesse hatten an Wiederaufbau und Wirtschaftswunder. So geisterte diese Zeit als Romankulisse in meinem Kopf, bis ich durch Zufall von diesen ungeheuerlichen Vorfällen im Mai 1945 in Flensburg erfuhr – wo ich zu dem Zeitpunkt ja auch schon lebte. Und ich finde, dass man daran ab und zu mal erinnern muss, denn das darf nicht in Vergessenheit geraten. Allerdings ist mein Buch, „Gefährliche Gezeiten“, in erster Linie ein eher leichtfüßiger Yachtkrimi und kein historischer Roman. Ich hoffe jedoch, dass die eine oder der andere durch die Lektüre vielleicht dazu animiert wird, sich mit diesem speziellen Teil der Flensburger Stadtgeschichte zu beschäftigen. 


Haben Sie das Gefühl, die Stadt selbst beschäftigt sich zu wenig damit? 

Zumindest ist das Thema wohl jahrzehntelang unter den Teppich gekehrt worden und in den Jahren nach dem Krieg sollen angeblich auch so einige braun vorbelastete Herrschaften in der Stadtverwaltung gesessen haben. Es ist natürlich auch kein sehr rühmliches Kapitel der Stadtgeschichte und so wird es auch jetzt nicht an die große Glocke gehängt. Es gibt wenige, gute Ausnahmen. In meiner direkten Nachbarschaft befindet sich das kleine, feine Theater Pilkentafel, die befassen sich immer mal wieder kritisch mit diesen und anderen Dingen, so auch der kolonialen Vergangenheit Deutschlands. Die machen aber auch vieles andere, in jedem Fall ist es stets großes Theater auf sehr kleiner Bühne. Spannend, Sehens- und erlebenswert. 


Warum spielen Wein und Genuss beim Hauptprotagonisten so eine gewichtige Rolle?

Der Mann liebt das Leben und den Genuss! Und speziell auch die wunderbare, südfranzösische Lebensart. La vie est belle! Ein guter Wein und leckeres Essen spielen da, neben anderen körperlichen Genüssen, eine zentrale Rolle. Der französische Diplomat, Schriftsteller und Segler Hilaire Belloc sagte einmal: Ich trinke keinen Alkohol. Ich trinke Wein! Das sagt alles, denn es geht nicht um den Alkohol, sondern um den Genuss. 


Darf man den Krimi nur bei einem Glas Wein lesen?

Naja, muss man nicht zwingend. Aber man darf es unbedingt! Ein Glas Wein oder zwei steigert den Genuss zweifellos noch einmal erheblich. 


Und welcher würde besonders gut passen?

Immer ein guter südfranzösischer Rosé natürlich, am besten aus der Provence, aus dem Hinterland der Cote d’Azur oder von St. Tropez oder auch aus dem Südwesten Frankreichs… Diese Weine müssen weder teuer noch besonders raffiniert sein, sondern einfach und ehrlich – für mich ist das wie ein Schluck Sonnenschein im Glas. 

©Detlef Jens

Über den Autor

Detlef Jens ist Fachjournalist für Wassersport und Reise. Er wuchs in Hamburg und London auf und fuhr nach dem Abitur ein halbes Jahr als Matrose auf einem Dreimastschoner in der Karibik. Nach einem Volontariat bei einer Segelzeitschrift war er freiberuflich und als Redakteur tätig.

Anfang der 1980er Jahre gründete er die Zeitschrift „Boot & Charter“.

Ab Mitte der 1990er Jahre war er, schreibend und segelnd, mehrere Jahre mit der eigenen Segelyacht unterwegs. 2004 war er Mitbegründer der Zeitschrift „Segel Journal“. Seit 2011 ist er Blattmacher der Zeitschrift GOOSE für die Firma Robbe & Berking in Flensburg. Jens lebt abwechselnd an Land und an Bord seines Segelbootes. Er betreibt den maritimen Literaturblog www.literaturboot.de. Gefährliche Gezeiten ist der zweite Fall seines Yachtdetektiven Fabian Timpe.

 

Hamburg ist der Sitz der weltweit größten Versicherungsagentur für Yachten. In Südfrankreich kommt es zu erstaunlich vielen Komplettverlusten von Yachten und Megayachten. In der Bretagne geht eine Yacht in Flammen auf. Hamburg soll zweimal zahlen. Möchte Hamburg aber nicht und beauftragt Fabian Timpe mit den Recherchen. Der Yachtdetektiv findet heraus, dass die Gründe dafür weit zurückliegen: Flensburg im Jahr 1945. Ein Buch voller Spannung, Abenteuer rund um die Welt der Küsten.

 

 

Detlef Jens: Gefährliche Gezeiten.

KJM-Buchverlag, Paperback, 352 Seiten, 15 Euro

https://www.kjm-buchverlag.de/