Johanna Rädecke

Redakteurin

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Franzosenkraut

Erbfeind des Gärtners oder feinwürzige Salatzutat
10. September 2020

Gerade jährt sich der Deutsch-Französische Krieg zum 150. Male, die oft beschworene „Erbfeindschaft“ der Länder führte bis in die Botanik hinein zu abstruser Propaganda, wofür die abschätzig „Franzosenkraut“ genannten Knopfkräuter ein gutes Beispiel sind. Dabei stammen die beiden Arten aus Südamerika. Auch wenn sie zu den hartnäckigsten „Unkräutern“ zählen, sollten Gärtner und Gärtnerinnen lieber dem Beispiel Deutschlands und Frankreichs folgen und ihren Frieden mit dem mineralstoffreichen, essbaren und gesunden Kraut schließen.

Franzosenkraut ©NABU

Friede den Knopfkräutern

„Als Gegner sind die Knopfkräuter im Kartoffelbeet wahrlich beharrlich“, schmunzelt NABU-Geschäftsführer Sönke Hofmann, „wenn man den Fehler macht, die ausgerupften Pflanzen als Mulch auszulegen, wachsen sie so wieder an.“ Zwar stammen die schwer unterscheidbaren Geschwisterarten Behaartes und Kleinblütiges Knopfkraut wie die Kartoffeln aus den Anden, doch kamen sie nicht als Anhängsel sondern ganz bewusst nach Europa.
„Obwohl eine der ersten nachgewiesenen Kulturen in Europa tatsächlich 1785 in Paris war, geht der Schimpfname ‘Franzosenkraut’ eher auf die Zeit nach den napoleonischen Kriege zurück“, erklärt Hofmann. Just in dieser Zeit breitete sich die Pflanze über ganz Europa aus und ist bis heute eines der wenigen Kräuter, das auch in der intensiven Landwirtschaft noch seine Nische findet.
Wie die Kartoffel wurden die Knopfkräuter zunächst als Zierpflanzen in Botanischen Gärten gezüchtet, so auch 1797 in Bremen-Vegesack. Die winzigen fünfstrahligen Korbblüten sind jedoch nur in der Vergrößerung eine echte Zierde. Ihre Form erinnert an Uniformknöpfe, insofern geht auch dieser Name auf die Kriege zurück. In Frankreich heißt das Franzosenkraut dann übrigens „Russenkraut“, was ebenfalls abschätzig gemeint ist.
Da eine einzelne Pflanze je nach Größe hunderttausende Früchte produzieren kann, ist ihr Ausbreitungspotential enorm. „Sie braucht aber die Hilfe des Menschen, da bei uns weder Tiere noch der Wind sie mangels Segelorganen verbreiten“, betont Hofmann. In Blumenerde und als Anhaftung erdiger Pflanzkartoffeln trat das Franzosenkraut über den menschlichen Handel seinen Siegeszug an.
Da die südamerikanische Pflanze am besten ab 20 Grad keimt, fällt das anspruchslose Kraut erst im Hochsommer so richtig ins Auge. „Ich habe die Knopfkräuter früher noch mit dem Grubber im Kartoffelbeet bekämpft, weil ich meine Oma immer noch im Ohr hatte, dass das ‘vermaledeite Franzosenkraut‘ weg müsse“, erzählt Sönke Hofmann. Mittlerweile habe er die Blätter als würzigen Teil im Salat entdeckt und die Pflanze kennen und schätzen gelernt.
Mit 14 Milligramm Eisen pro hundert Gramm ist das Franzosenkraut Spitzenreiter unter den hier wachsenden essbaren Pflanzen. Nur Exoten wie Ingwer, Kurkuma oder Kreuzkümmel haben höhere Gehalte. Auch andere gesunde Mineralstoffe und Vitamine sind im Franzosenkraut reichlicher vertreten als in den meisten Kulturpflanzen. „Da auch Bienen und Insekten die Pflanze mittlerweile akzeptieren, kann auch der Naturschützer in mir Frieden mit den Knopfkräutern schließen. Vive la France!“, lacht Hofmann.
www.bremen.nabu.de

Franzosenkraut ©NABU