Es bruzzelt und prasselt, durch das goldene Gitter strömt süßer Bratenduft, und die Wärme der Kacheln macht heimelig. Es ist Bratapfel-Zeit, in der Röhre des Kaminofens bräunt die winterliche Wonne. „Der Zipfel, der Zapfel,“ wie es im Kindergedicht heißt, „der Kipfel, der Kapfel, der goldbraune Apfel.“
Wenn ein Bratapfel duftet, bin ich wieder das Kind auf der Ofenbank. Rieche und schmecke Kindertage und das, was damals so besonders war. Der Apfel in der Ofenklappe. Boskop oder Holsteiner Cox, frisch vom Baum, etwas Butter, etwas Zucker. Nur das. Wärme und Süße. Und Muße und ein liebevolles Miteinander. Das, auch das ist Heimat für mich. Ein Zipfel Heimatgefühl.
Heimat spürt man. Riechen, Schmecken, Fühlen, Hören, Sehen – alle Sinne lösen das Gefühl aus. Und meist ist es Erinnerliches, Früh-Erlebtes an Wohlgefühl. Ein herzliches Wort, eine tröstende Umarmung, ein einzigartiger Geschmack, der Sonntagsbraten der Großmutter, der Kinder-Geburtstagskuchen. Es ist die kühle Wiese unter nackten Füßen, oder der Sand am Strand oder das Watt zwischen den Zehen. Für mich sind es auch die hohen Himmel mit den Wolkengebirgen, das Käuzchen in der Nacht und das erste Cellokonzert meiner Kindertage. Heimat ist vor allem dort, wo Du geborgen bist, wo Dich Menschen lieben und wahrnehmen, so, wie Du bist. Wo Dir die Menschen gut sind. Heimat kann das ganz Kleine sein, ein Bratapfel.
Der Bratapfel
Kinder, kommt und ratet,
was im Ofen bratet!Hört, wie’s knallt und zischt.
Bald wird er aufgetischt,
der Zipfel, der Zapfel,
der Kipfel, der Kapfel,
der gelbrote Apfel.
Kinder, lauft schneller,
holt einen Teller,
holt eine Gabel!Sperrt auf den Schnabel
Für den Zipfel, den Zapfel,
den Kipfel, den Kapfel,
den goldbraunen Apfel!Volksgut
Sie pusten und prusten,
sie gucken und schlucken,
sie schnalzen und schmecken,
sie lecken und schlecken
den Zipfel, den Zapfel,
den Kipfel, den Kapfel,
den knusprigen Apfel.
Der nordische Bratapfel
Ein Rezept von Jochen Strehler
Zutaten (6 Personen)
- 6 schöne, große Holsteiner Äpfel (Holsteiner Cox/ Braeburn)
- 200 g Marzipan-Rohmasse
- 200 g Butter
- 150 g Zucker
- 100 g Mandelstifte
- 1 Teelöffel Zimtpulver
- etwas echter Vanillezucker
- 1 Glas Weißwein
- 1 Schnapsglas Rum (beide Alkoholika natürlich nur, wenn keine Kinder mitessen)
Wenn Kinder dabei sind:
- statt Weißwein etwas Apfelsaft zum Angießen nehmen
- etwas Puderzucker zum Bestreuen
Zubereitung
Mandelstifte leicht in einer trockenen Pfanne hellbraun anrösten. Mit dem Marzipan, einem Drittel der (weichen) Butter, dem Vanillezucker und einer Prise Zimt verkneten.
Die Äpfel oben und unten ganz leicht anschneiden und mit dem Apfel-Ausstecher das Kerngehäuse entfernen.
Das verknetete Marzipan in die entstandenen Löcher „stopfen“. Nicht schlimm, wenn es ein wenig herausragt.
Eine ofenfeste (möglichst zu den Ausmaßen der Äpfel passende) Form mit einem zweiten Drittel der Butter ausfetten. Die gefüllten Äpfel eng nebeneinander legen.
Das letzte Drittel der Butter als Flocken oben auf die Äpfel setzen, großzügig mit Zimtzucker bestreuen (aus dem Zucker und dem verbliebenen Zimt) und mit dem Glas Weißwein (oder Apfelsaft) angießen.
In den Backofen schieben und bei 170 Grad ca. eine halbe Stunde backen. Die Marzipanfüllung drückt sich ein wenig aus dem Apfel heraus und wird obenauf etwas knusprig; dies ist ein gewünschter Effekt!
Die exakte Backzeit hängt von Größe und Konsistenz der Äpfel ab, bitte aufmerksam beobachten, evtl. auch mal mit einer Nadel hinein piksen. Der Apfel soll gar und weich werden, aber nicht zerfallen.
Die Äpfel nun auf eine Platte oder die einzelnen Teller setzen, den Bratensud noch etwas sirupartig einkochen und mit einem Schuss Rum verfeinern.
Mit Puderzucker großzügig bestreuen und den Bratensaft um die Äpfel anrichten.