Jens Mecklenburg

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Der Norden bleibt stabil und Ballermann bleibt Ballermann

Unser aktueller Corona-Überblick
13. Juli 2020

Der Norden bleibt bei den Urlaubspreisen stabil. Die Kreuzfahrtbranche steht in der Kritik. Und der Ballermann bleibt auch in Corona-Zeiten ein Ort für Grenzüberschreitungen. Unser aktueller Corona-Überblick.



Urlaubspreise im Norden stabil

Trotz der Beliebtheit von Nord- und Ostsee während der Corona-Pandemie, müssen Urlauber in diesem Sommer nicht mit starken Preisanstiegen leben. Teurer werden vielerorts allerdings die Reinigungspauschalen für Ferienunterkünfte.

„Die Buchungslage im Ostseebad Scharbeutz (Kreis Ostholstein) in der Hochsaison ist wie auch in den Vorjahren gut“, sagte André Rosinski, Geschäftsführer der Tourismus-Agentur Lübecker Bucht. Preissteigerungen auf breiter Front gebe es nicht, einige Vermieter von Ferienwohnungen und Ferienhäusern hätten aber die Reinigungspauschalen wegen des höheren Aufwandes leicht erhöht. „Eine Ferienwohnung für vier Personen kostet in Scharbeutz im Durchschnitt zwischen 800 und 1.000 Euro pro Woche.“

An der Nordseeküste in St. Peter-Ording (Kreis Nordfriesland) liegt die Auslastung der Hotels bei rund 92 Prozent, bei Ferienwohnungen beträgt sie sogar etwa 96 Prozent. Von Preisanstiegen sei nichts bekannt, es würden vor Ort übliche Sommerpreise verlangt, sagte Tourismusdirektorin Constanze Höfinghoff. Bei den Durchschnittspreisen sei kein Unterschied zu den Vorjahren erkennbar.

In Grömitz (Kreis Ostholstein) gibt es keine Erkenntnisse, dass die starke Nachfrage nach Urlaub an der Ostsee die Preise in die Höhe getrieben haben könnte. „Viele Gäste haben ihre Unterkünfte für die Sommerferien bereits weit im Voraus gebucht. Da steht der Preis ohnehin bereits fest“, sagte Jacqueline Felsmann von Tourismus-Service Grömitz. Wer allerdings jetzt erst nach einem Hotelzimmer oder einer Ferienwohnung für die nächsten Wochen suche, habe keine große Auswahl mehr und müsse nehmen, was noch da sei. „Das sind dann eben oft die luxuriösen und deshalb teuren Objekte.“

Grundsätzliche Preissteigerungen beobachte er vor Ort nicht, bestätigte Laboes  Tourismuschef Stephan Tomnitz (Kreis Plön). Allerdings seien auch in dem Ostseebad die Pauschalen für die Reinigung der Unterkünfte gestiegen.

Die Lübeck und Travemünde Marketing GmbH berichtet von zwei bis drei Vermietern von Ferienwohnungen, die ihre Preise erhöht hätten. „Sie haben das mit dem erhöhten Putzaufwand wegen der erforderlichen Hygienemaßnahmen begründet“, sagte Sprecherin Doris Schütz. Darüber hinaus seien die Preise für Ferienwohnungen in Lübeck und Travemünde nicht über das normale Maß hinaus gestiegen. Gleiches gelte für die Hotelpreise. Der Norden bleibt auch in Corona-Zeiten stabil. 

Der Strand des berühmten Ballermann 6 an der Playa de Palma auf Mallorca  ©
Oliver Lipp, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Ballermann bleibt Ballermann

Hunderte Urlauber aus Deutschland sollen am Ballermann auf Mallorca Party gemacht haben, ohne sich um die derzeit in Spanien geltenden Corona-Regeln zu scheren. Auf einem am Samstag veröffentlichten Video der Mallorca Zeitung  (MZ) ist zu sehen, wie die Menschen am Freitagabend auf der berüchtigten „Bierstraße“ im dichten Gedränge feiern, trinken und tanzen – „als gäb’s kein Corona“, so die MZ. Praktisch niemand trägt dabei Maske, obwohl der von der spanischen Regierung für die Zeit der „neuen Normalität“ vorgeschriebene Mindestabstand von eineinhalb Metern weder auf der Straße noch in den Lokalen einzuhalten ist.

Die Bilder schockierten die Insel. Die Szenen zeigten, so die Mallorca Zeitung, „wie groß die Gefahr einer zweiten Corona-Welle auf Mallorca sein könnte“. Viele der angetrunkenen Gäste hätten mit fremden Urlauberinnen und Urlaubern geflirtet, in größeren Gruppen getanzt und Straßenhändler umarmt. Die wenigen Menschen, die Maske trugen, seien zum Teil ausgelacht worden, berichteten Medien.

Angesichts der Nachlässigkeit einiger Bürger bei der Beachtung der Corona-Schutzregeln hatte die Regionalregierung in Palma erst am Freitag illegalen Partys den Kampf angesagt. Es wurde ein Strafenkatalog mit Bußgeldern von bis zu 600 000 Euro beschlossen; außerdem wurden verstärkte Kontrollen angekündigt. 

Obwohl Spanien eines der von der Pandemie am stärksten betroffenen Länder war, sind die Zahlen seit Mitte Mai stark gesunken. Auf den Balearen gab es am Freitag nach amtlichen Angaben 134 Infizierte, 87 davon auf Mallorca. Um Neuausbrüche zu verhindern, wollen die Balearen eine sehr strenge Maskenpflicht einführen. Ab heute sollen Menschen selbst dann Mund- und Nasenschutz im Freien tragen müssen, wenn der Sicherheitsabstand gewahrt werden kann. 



Grüne fordern Kurzwechsel bei Kreuzfahrten

Die Grünen dringen beim bevorstehenden Neustart des Kreuzfahrt-Tourismus auf einen grundlegenden Kurswechsel der Branche. „Weniger und sauberer – das muss die Devise werden“, heißt es in einem Positionspapier von Fachpolitikern der Grünen-Bundestagsfraktion. Darin prangern Claudia Müller, Markus Tressel und Stefan Schmidt als Sprecher für maritime Wirtschaft, Tourismus und Kommunalfinanzen das über Jahre hinweg ungebremste Wachstum mit immer größeren Schiffen, hohen Umweltbelastungen, schlechter Entlohnung des Personals und umfassender Steuerflucht in sogenannte Offshore-Paradiese an.

© NABU

Die Corona-Pandemie hatte der weltweit boomenden Kreuzschifffahrt im Frühjahr ein Stoppzeichen gesetzt. Nachdem auch auf Schiffen Infektionen aufgetreten waren, sperrten einige Länder ihre Häfen. Wenig später wurden die Reisen gänzlich eingestellt. In Deutschland wollen die Reedereien nun das Geschäft wieder aufnehmen, zunächst mit Seereisen ohne Landgänge. So wird Tui Cruises am 24. Juli von Hamburg aus zur ersten Kurzkreuzfahrt in Richtung Norwegen starten. Hapag-Lloyd Cruises legt am 31. Juli von Hamburg in Richtung Dänische Südsee ab, und das in Rostock ansässige Kreuzfahrtunternehmen Aida wird am 5. August von Hamburg aus in der Nordsee unterwegs sein.

Für die Wiederaufnahme des Kreuzfahrtbetriebs hat sich die Branche bereits klare Regeln verordnet und nach Angaben des Dachverbandes Cruise Lines International Association (CLIA) umfassende Präventions- und Hygienemaßnahmen erarbeitet. „Für CLIA-Mitgliedsreedereien haben die Sicherheit und Gesundheit für Gäste und Crew oberste Priorität“, hob Deutschland-Direktor Helge Grammerstorf in einer Mitteilung hervor. Hapag-Lloyd Cruises kündigte an, dass der Neustart sehr kontrolliert erfolgen werde. „Dabei gehen wir sogar über die behördlichen Bestimmungen hinaus“, versicherte Karl J. Pojer, Vorsitzender der Geschäftsführung von Hapag-Lloyd Cruises, die vergleichsweise kleine Schiffe betreibt.

Auch auf anhaltende Kritik von Umweltschützern hat die Branche bereits reagiert. Bei Schiffsneubauten setzen Reeder nach eigenen Angaben inzwischen auf weniger umweltschädliche Antriebe. So stattete Aida erste Schiffe mit Motoren für Flüssigerdgas aus. Zudem steht in immer mehr Häfen Landstrom zur Verfügung, so dass die Schiffsdiesel bei den Liegezeiten dort nicht mehr für die Stromversorgung an Bord laufen müssen.

Den Grünen ist das nicht genug: „Zum Saisonstart erwarte ich, dass die Kreuzschifffahrt mehr Nachhaltigkeit kontinuierlich umsetzt und nicht wieder nur Änderungen ankündigt“, machte die Stralsunder Bundestagsabgeordnete Claudia Müller als Mitinitiatorin des fünfseitigen Forderungskatalogs deutlich. Die Branche müsse die Krise nutzen und sich neu aufstellen. „Häufige Verschmutzung von Luft und Meeren, Ausbeutung von Beschäftigten sowie Verschieben von Gewinnen in Steueroasen waren alles andere als nachhaltig“, bemängelt sie. Nur mit fairen Arbeitsbedingungen, sauberen Schiffsantrieben und wirtschaftlicher Transparenz könne verlorene Akzeptanz zurückerlangt werden.

Die Zahl deutscher Kreuzfahrtpassagiere war nach Branchenangaben im vergangenen Jahr erstmals auf über drei Millionen gestiegen. Die Verbände DRV, Clia und IG River Cruises zählten demnach insgesamt 3,1 Millionen Gäste. Rund 2,5 Millionen Gäste buchten Hochseekreuzfahrten (Vorjahr: 2,2 Millionen), etwa 540 000 Flussreisen (2018: 496 000).

Mecklenburg lockert weiter

Die seit Freitag in Mecklenburg-Vorpommern wirksamen Lockerungen der Corona-Beschränkungen haben dem Alltag und dem Tourismus im Land wieder größere Spielräume eröffnet. Erstmals seit März durften Busunternehmen wieder mit Tagesgästen in den Nordosten kommen. Und der Wegfall der Platzbeschränkung in Bussen sorgten auch bei heimischen Reiseanbietern für Erleichterung.

Auch das Alltagsleben im Land ist seit Freitag weniger reglementiert. So können sich die Menschen wieder ohne strenge Kontaktbeschränkungen treffen. Die coronabedingte Höchstgrenze für den öffentlichen Raum von zehn Personen gelten nicht mehr. Doch sind alle weiterhin aufgefordert, möglichst die gebotenen Abstände einzuhalten und Mundschutz zu tragen. Die nun geltende neue Corona-Schutzverordnung des Landes lässt auch wieder mehr Besucher bei Veranstaltungen zu. Beim Einkaufen muss zwar weiterhin eine Schutzmaske getragen werden, die Pflicht im Supermarkt einen Einkaufswagen zu nutzen entfällt aber.

In Räumen dürfen fortan 200 statt wie bisher 100 Personen zusammenkommen. Im Freien wird die Obergrenze von 300 auf 500 Personen angehoben. In Ausnahmefällen kann auch jeweils die doppelte Anzahl genehmigt werden. Gaststätten dürfen bis 2.00 Uhr und damit länger als bisher öffnen. In Hotels dürfen wieder Frühstücksbuffets aufgebaut werden, an denen sich die Gäste selbst bedienen. Bars, Clubs und Diskotheken bleiben vorerst aber noch geschlossen.

Mit den Lockerungen reagierte die Landesregierung auf die anhaltend geringe Zahl von Coronavirus-Infektionen im Nordosten. Seit knapp einer Woche wurden keine neuen Fälle registriert. Mit rund 50 Infektionen je 100 000 Einwohner seit Beginn der Pandemie ist die Quote aktuell gut sieben Mal niedriger als etwa in Bayern. 



Norderney debattiert über Tagesgäste 

Der richtige Umgang mit Touristen in diesem Sommer steht auf der Ostfriesischen Insel Norderney zur Debatte. Um über die dort auch teils im Freien geltende Maskenpflicht und Tagestouristen zu sprechen, hat Bürgermeister Frank Ulrichs am Freitag den zuständigen Landrat Olaf Meinen (beide parteilos) aus Aurich eingeladen.

Wegen eines erwarteten Urlauberandrangs mit den NRW-Sommerferien war auf vier besonders belebten Einkaufsstraßen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auch im Außenraum angeordnet worden. „Hier wäre niemand traurig, wenn die Maskenpflicht fallen würde. Sie wird als Belastung angesehen von vielen – die Kaufleute haben es schwer genug gehabt und die Pflicht macht es nicht besser“, sagte Ulrichs.

Der Landkreis kann mit Allgemeinverfügungen Corona-Maßnahmen regeln. Auch der erst seit kurzem wieder erlaubte Tagestourismus soll erneut auf den Prüfstand. Wenn der Bürgermeister frei entscheiden könnte, würde er diesen mit Beginn der niedersächsischen Sommerferien gerne vorübergehend aussetzen.

„Wir haben bei den ganzen Lockerungen nicht einen einzigen Verdachtsfall noch positiven Fall gehabt und da lässt es sich schwerlich begründen, die Insel weiter für Tagestouristen zu sperren“, sagte der Landrat dazu. 



Gastgewerbe fordert Mietminderung

Das Gastgewerbe und der Einzelhandel fordern, angesichts von coronabedingten Umsatzeinbrüchen in vielen Innenstädten, einen rechtlichen Anspruch auf Miet- und Pachtminderung für Betriebe. Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann (CDU) sprach sich für schnelle Lösungen aus, um eine Pleitewelle zu verhindern. Linnemann, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion der Union, sagte: „Egal wie umfangreich unsere Hilfspakete sind, wir werden nicht jedes Unternehmen mit Krediten und Zuschüssen retten können. Deshalb brauchen wir jetzt schnell Lösungen, bei denen Gläubiger wie Vermieter oder Leasinggeber an einen Tisch geholt und beteiligt werden.“ So könnten Insolvenzen abgewendet werden, die meist schädlicher für die Gläubiger wären. „Ohne solche Lösungen droht ab Oktober eine Pleitewelle, wie wir sie noch nie gesehen haben.“

Die Hauptgeschäftsführerin des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga, Ingrid Hartges, kritisiert das mangelnde Entgegenkommen vor allem großer Eigentümer bei in Pachtrückstand geratenen Unternehmern. „Es gibt Verpächter, die kommen ihren Gastronomen und Hoteliers entgegen – häufig gilt: je kleiner, umso vernünftiger und weitsichtiger“.

„Aber gerade in den Innenstädten ist das die Ausnahme. Dort bestehen vor allem die großen Verpächter und Immobilienfonds auf 100 Prozent der Pachtzahlung“, sagte Hartges. Dabei gehe es um das Überleben der Innenstädte, in denen es nach wie vor häufig gespenstisch aussehe. „Hier muss der Gesetzgeber eingreifen und einen grundsätzlichen Anspruch auf Pachtminderung aufgrund der Covid-19-Pandemie schaffen. Auf dieser Basis können die Parteien dann verhandeln.“ Es gehe um eine angemessene Risikoverteilung zwischen Verpächtern und Pächtern, so Hartges. „Es ist völlig inakzeptabel, wenn allein die Pächter für die Folgen der Krise aufkommen müssen.“