Das erste Speiseeis wurde vermutlich im antiken China geschleckt, die chinesischen Herrscher hatten große Eislager anlegen lassen. Das Sorbet ähnliche Speiseeis war aber auch schon in der europäischen Antike bekannt. Der griechische Dichter Simonides von Keos beschreibt es als mit Früchten, Honig oder Rosenwasser zugesetztem Gletscherschnee.
Der Grieche Hippokrates, wohl bekanntester Arzt des Altertums, war überzeugt, Wassereis könne die Lebenssäfte stärken und Schmerzen lindern.
Die Perser stellten Eis aus Nudeln und Rosenwasser her und würzten es mit Safran; in China wurden Milch und Reis mit gefrorenem Wasser vermischt.
Die römischen Kaiser ließen sich durch „Schneeläufer“ Schnee und Eis von den Apenninen, der indische Kaiser Ashoka aus dem Himalaya bringen und von Spezialisten zubereiten.
Eis aus Wasser & Fruchtsaft
Ende des 13. Jahrhunderts beschrieb Marco Polo die Herstellung einer Kältemischung aus Schnee oder Wasser und Salpeter, die er in China kennen gelernt hatte. Speiseeis aus Wasser und Fruchtsaft oder –püree wurde vor allem zu einer italienischen Spezialität, die im 16. Jahrhundert von Katharina von Medici auch in Paris eingeführt wurde. Um 1700 wurde Speiseeis in europäischen Kaffeehäusern eingeführt, es wurde eine beliebte (und teure) Delikatesse. Gegen Ende des 18 Jahrhunderts schließlich erfand ein französischer Koch am Hofe des englischen Königs das Milcheis. Auch die Eisbombe stammt aus dieser Zeit. Die erste Fabrik für Speiseeis begann 1851 in Baltimore ihre Produktion. Das Eis am Stiel wurde 1903 erfunden und im Oktober 1923 von Harry Bust patentiert. 1925 begann dann auch die industrielle Speiseeisproduktion in Deutschland. Speiseeis wurde für alle Bevölkerungsgruppen erschwinglich und dadurch zum beliebten Sommervergnügen für jung und alt.
Eisdielen
Was ist ein Sommer ohne Eis, ohne Eisdielen? Mit der genialen Erfindung der Eisdiele begann der Siegeszug des Speiseeis’. Die erste hat der Sizilianer Francesco Procopio de Coltelli – ein Koch des Sonnenkönigs Ludwig XIV –
schon 1668 in Paris eröffnet. Es dauerte aber noch bis in die 1920er Jahre hinein, bis die Eisdiele zum Bestandteil der gastronomischen Großstadtkultur auch in Deutschland wurde. Heute versorgen etwa 5.000 Eisdielen und Eiscafés Eishungrige mit ihren meist selbst gemachten Kreationen vom Ananaseis bis zum Zitroneneis. Viele von ihnen werden von Italienern geführt, von denen wiederum zahlreiche aus dem Val di Zoldo in der Provinz Belluno aus den Dolomiten stammen. Im 19. Jahrhundert war die Armut dort sehr groß, durch die Spezialisierung aufs Eismachen wurden neue Einkommensquellen erschlossen. Noch heute stammen die besten Eismacher aus dem Tal in den Dolomiten.
Anmutig trotz Eiseskapaden
In Europas Neuzeit war dieser Genuss lange ein Privileg der Reichen. Um 1800 fielen Frauen aus der Pariser Schickeria mit ihren Schoßhündchen in Cafés ein und stürzten sich auf die kühlen Desserts. „Pariserinnen sind die anmutigsten Frauen, selbst wenn sie gierig essen“, frotzelten damals Kommentatoren.
Einige Jahrzehnte später in London verkaufte Carlo Gatti, Geschäftsmann aus der italienischen Schweiz, Eiscreme an mobilen Ständen und brachte sie damit unters Volk. Noch musste die rasch schmelzende Pracht mit Natureis in Form gehalten werden. Zum Massenprodukt wurde Eiscreme erst, als moderne Kühlsysteme verfügbar waren: Der deutsche Ingenieur Carl von Linde, Spitzname „Eiskönig“, entwarf 1876 eine Kältemaschine, die mit Ammoniak arbeitete – den Ur-Kühlschrank. Unternehmen wie Langnese und Schöller begannen in den Dreißigerjahren, große Mengen Speiseeis in Fabriken herzustellen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Kühlschränke auch für Privathaushalte erschwinglich, der Siegeszug von Eiscreme war nicht mehr zu stoppen. Allein in Deutschland versiebenfachte sich der Absatz zwischen 1956 und 1964.
Die Finnen schlecken am meisten
Und wo wird nun am meisten Eis verzehrt? In Italien meinen Sie? Falsch. In Deutschland? Auch falsch. Der europäische Sieger im Eisessen ist der Finne, kommt er doch auf gut13 Liter im Jahr, dicht gefolgt von den Schweden und unseren dänischen Nachbarn. Die Italiener schlecken immer hin noch 9,5 Liter Speiseeis, wir Deutschen gut 8 Liter. Die Portugiesen entpuppen sich mit gerade einmal 4 Litern Speiseeis pro Kopf und Jahr als europäische Eismuffel.
Mittlerweile gibt es Eis in den verwegensten Geschmacksrichtungen – von Schimmelkäseeis bis Chili-Wodka-Gurke. In Norddeutschland wird gar Grünkohleis angeboten Trotz großer Auswahl bewahren sich die Deutschen bis heute aber einen konservativen Geschmack: Laut Statistik entscheiden sich die meisten Frauen für Schokolade, Männer bleiben der guten alten Vanille treu. Hauptsache Eis.