Barbara Maier

Autorin

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Anders einkaufen

Die Marktschwärmer
17. April 2020

Einfach online Lebensmittel bei verschiedenen regionalen Produzenten bestellen und ein paar Tage später sie bei „seinem Gastgeber“ am immer gleichen Ort abholen ist das sympathische Prinzip der Marktschwärmer – auch in Kiel.

Nele Markwardt © Marktschwärmer Kiel

Von regionalen Direkterzeugern

Der Wunsch nach Lebensmitteln aus nachhaltiger, regionaler Erzeugung wird immer größer – auch bei Menschen, die ihre Einkäufe gerne über PC, Handy oder Tablet tätigen. Eine Initiative aus Frankreich hat die Bedürfnisse dieser Bevölkerungsgruppe vor einigen Jahren erkannt und ein passendes Konzept entwickelt.

Die Initiative heißt Marktschwärmer und das Konzept ist einfach: Verbraucher bestellen via Internet Lebensmittel von Erzeugern aus der Region und holen diese wenige Tage später auf einem „echten“ Markt in ihrer Nähe persönlich ab. Der „Markt“ ist dabei allerdings keiner im herkömmlichen Sinne. Denn die Erzeuger, die dort erscheinen, bringen nur das mit, was vorher auch online bei Ihnen bestellt wurde. Und auch die Käufer agieren anders als üblich: Sie bringen weder Einkaufszettel noch Bargeld oder Kreditkarte mit. Denn die Ware wurde ja schon zuvor online ausgewählt und bezahlt.


Zeit sparen

Dass das Konzept so gut ankommt, liegt daran, dass es dem Einkaufsverhalten einer immer größer werdenden Verbrauchergruppe gerecht wird: Es gibt immer mehr Menschen die wenig Zeit für den Lebensmitteleinkauf haben oder sich nicht die Zeit dafür nehmen wollen. Bestellen, wann und wo man will – das ist der Wunsch vieler Verbraucher. Und genau diesem Wunsch wird die Initiative gerecht. Bei Marktschwärmer muss der Besteller keinerlei Verpflichtungen eingehen. Es gibt keine Mitgliedsgebühren, kein verpflichtendes Abonnement und keine Mindestbestellmengen. Und durch die Abwicklung der Bestellung über die Online-Plattform bleibt allen Parteien auf dem „Markt“ mehr Zeit zum gegenseitigen Kennenlernen und Fragen stellen.


Nachhaltigkeit

Marktschwärmer setzt auf regionale Lebensmittelerzeugung. Das heißt, die Waren werden dort hergestellt, wo sie verbraucht werden. Das betrifft auch Produkte, die für die Verarbeitung benötigt werden. So darf zum Beispiel ein ortsansässiger Bäcker keine Brote anbieten, wenn das Mehl dafür aus einer ganz anderen Region oder gar einem anderen Land dorthin transportiert werden musste. Das Prinzip „Regionalität“ vermeidet lange Transportwege und kommt damit der Umwelt und dem Klima zugute. Außerdem erhalten bäuerliche Betriebe und das Lebensmittelhandwerk in der Region einen fairen Zugang zum Markt. Dadurch wird die lokale Wertschöpfung gefördert und es entstehen alternative Netzwerke jenseits globalisierter Märkte. Ein hohes Maß an Transparenz und faire Preise sind weitere Kriterien, die Marktschwärmer auszeichnen. Die ökologische Erzeugung der Lebensmittel ist hingegen keine Bedingung bei Marktschwärmer.

© Buckhof

Kontakt zwischen Erzeugern und Verbrauchern

Auch im Norden, in Flensburg und Kiel ermöglicht die Initiative Marktschwärmer den direkten Kontakt zwischen Erzeugern und Kunden. Das Projekt Marktschwärmer bringt in Kiel einmal die Woche (in Flensburg alle 14 Tage) regionale Erzeuger und Verbraucher zusammen. Eine Idee, die dem Zeitgeist entspricht: Denn immer mehr Menschen wollen wissen, wo ihre Lebensmittel herkommen und was in ihnen steckt. Die Schwärmerei Flensburg wurde von Sandra Beck gegründet, Nele Markwardt hat die Schwärmerei Kiel ins Leben gerufen. 

Markwardt hat im vergangenen Jahr ihren Master in Agrarwissenschaft beendet und ist froh darüber, dass durch Marktschwärmer ein Weg gefunden wurde, der den Menschen eine Versorgung mit regionalen Produkten von kleineren Direkterzeugern bietet.

Einer der beteiligten Direkterzeuger, Nordbauernchef Ernst Schuster, findet: „Die Marktschwärmer sind neben den Hofläden und Wochenmärkten eine sehr gute Ergänzung für die kleinen landwirtschaftlichen Betriebe, um ihre Waren an den Kunden zu bringen. Eine Online-Vermarktung ist für den einzelnen Landwirt sehr schwierig. Er hat meist nur ein begrenztes Sortiment, das lohnt sich nicht. Auch ist der Landwirte häufig in digitalen, technischen und rechtlichen Fragen überfordert. So profitieren gerade die kleinen Betriebe von der Marktschwärmer-Plattform.“

Das Prinzip ist einfach: Über das Internet-Portal der Marktschwärmer werden Fleisch, Milchprodukte, Gemüse, Obst, Brot, Getränke und Feinkostartikel aus der Region angeboten. Der Kunde kann bequem von Zuhause auswählen und die Waren bestellen. Und all das, was sie oder er zuvor im Internet bestellt und per Überweisung oder Kreditkarte bezahlt haben, liegt im Brasseriehof in Flensburg oder mittwochs im Anschar Park, sowie donnerstags im Café mmhio (heißt wirklich so!) im Knooper Weg in Kiel, bereit. Und an jedem Marktschwärmer-Wochenmarkt waren bis zu Beginn der Corona-Krise die bäuerlichen Erzeuger oder ihre MitarbeiterInnen dabei. Dadurch konnten sich Verbraucher und Erzeuger gegenseitig kennenlernen und ins Gespräch kommen. Landwirte und Konsumenten im regen Austausch über Qualität und Geschmack. 

© Marktschwärmer


Jetzt kontaktarm 

Inzwischen ist alles ein bisschen anders, ein bisschen weniger kommunikativ und weniger persönlich geworden. Die Kontakte wurden aus Sicherheitsgründen maximal minimiert. 

Zurzeit bringen die Direkterzeuger ihre jeweils vorgepackte Ware zu Nele Markwardt ins Café mmioh. Dort packt diese mit einer Helferin die jeweiligen Produkte der verschiedenen Direktvermarkter in die jeweilige Kunden-Box und bringt diese dann dem Verbraucher an die Tür, so dass die Übergabe quasi völlig Kontaktfrei vor sich geht. Der Kunde nimmt seine Box in Empfang, packt seine Lebensmittel in seine eigenen mitgebrachten Transportbehältnisse und zieht von dannen. 

Markwardt sagt, „Es ist toll zu erleben, wie viele Verbraucher sich jetzt Gedanken machen, wen sie in dieser Krise unterstützen wollen und wo sie gute Lebensmittel her bekommen.“ Sie selbst hat inzwischen bei einigen Direkterzeugern angerufen, um sie zu fragen, ob sie nicht auch bei den Marktschwärmern mitmachen möchten. Denn so Markwardt, „Grundsätzlich – und auch gerade in dieser schweren Zeit, ist jeder Direkterzeuger auf ein gutes Netzwerk angewiesen und das können wir als Marktschwärmer bieten. Es ist tatsächlich so, dass die Direkterzeuger ein wenig von der Corona-Krise profitieren können, da das Einkaufen in einer Schwärmerei oder einem Hofladen mit wesentlich weniger Kontakten verbunden ist, als das Einkaufen im Supermarkt.“

So verwundert es denn nicht, dass die Zahl der Online-Bestellungen sich bei den Marktschwärmern in den letzten Wochen deutschlandweit verdoppelt hat. Die Zahl der Bestellungen vor der Viruszeit lag in Kiel bei 50 – 60 pro Woche – inzwischen sind es wöchentlich über Hundert. 


Zahlen und Fakten

Etwa 500 Bauernhöfe im Norden sind Direktvermarkter, setzen ihre Produkte (zumindest teilweise) ohne Zwischenhändler auf Wochenmärkten, über den Hofladen, über Abo-Kisten und Milchtankstellen, ab. Bauern und Konsumenten rücken wieder näher zusammen. Eine erfreuliche Entwicklung. Es geht um Ethik, es geht um Vertrauen und es geht von Seiten der Bauern auch darum, von seiner Landwirtschaft anständig leben zu können.

Um an die richtigen Kunden zu kommen, die Qualität (und den Wert) zu schätzen wissen, werden die heimischen Landwirte immer fantasievoller:

© Marktschwärmer Kiel

Wochenmärkte, Hofläden, Abokisten, Lieferungen ins Haus, Milchtankstellen, Onlinehandel, Patenschaften für Tier und Acker, Fleischpakete und neu sind die „Marktschwärmer“ – unkompliziertes Bestellen beim regionalen Erzeuger und das Abholen zu festen Terminen.

Inzwischen gibt es gut 65 Marktschwärmereien Deutschlandweit.

In Schleswig-Holstein gibt es 6. In Kiel sind es rund 20 Direktvermarkter, die an der Schwärmerei teilnehmen. 


Die Schwärmereien in Schleswig-Holstein

Wulfsfelde: Hof Wulfsfelde 2  –  24242 Felde  –  Dienstag, 17:00-18:00

Kiel:  Knooper Weg 75  –  24103 Kiel  –  Donnerstag, 17:00-18:15

Kiel-Anscharpark:  Weimarer Straße 1  –  24106 Kiel  –  Mittwoch, 17:00-18:30

Plön:  Koppelsberg 8  –  24306 Plön  –  Mittwoch, 17:00-18:30

Schleswig:  Bahnhofstraße 16  –  24837 Schleswig   –  Mittwoch, 17:00-18:30


Regionen mit Schwärmereien

ArnsbergBerlinBrandenburgBraunschweigBremenChemnitzDarmstadtDetmoldDresdenDüsseldorfFreiburg

GießenHamburgHannoverKarlsruheKölnLeipzigMecklenburg-VorpommernMittelfrankenMünsterNiederbayern

OberbayernRheinhessen-PfalzSachsen-AnhaltSchleswig-HolsteinStuttgartThüringenTrier.


Marktschwärmer Kiel

https://marktschwaermer.de/de-DE/assemblies/8833

Andere Marktschwärmer finden: https://marktschwaermer.de/de