Am Ende der letzten Woche wurde in Turin die neue Ausgabe der „World’s 50 Best Restaurants“ vorsgestellt. Die Spitzenposition geht in diesem Jahr an das peruanische Restaurant Maido in Lima – und löst damit das Vorjahressieger-Restaurant Disfrutar aus Barcelona ab. Die Rangliste umfasst erneut 50 Lokale aus 22 Ländern und wird von einem globalen Netzwerk von 1.120 Fachleuten gewählt.

Aus deutscher Sicht gibt es allerdings nur verhaltenen Grund zur Freude: Lediglich ein deutsches Restaurant konnte sich 2025 unter den besten 50 der Welt platzieren. Das Münchner Fine-Dining-Lokal Jan von Küchenchef Jan Hartwig schafft den Sprung auf Rang 50 und ist damit der einzige deutsche Vertreter auf der prestigeträchtigen Liste.
Tim Raue und Nobelhart & Schmutzig rutschen ab
Deutlich schlechter lief es für zwei bekannte Berliner Adressen: Tim Raue fällt mit seinem Restaurant in Kreuzberg von Platz 30 (2024) auf Platz 58 zurück. Auch Nobelhart & Schmutzig muss einen empfindlichen Rückschlag hinnehmen und fällt von Rang 43 auf 59. Beide Lokale zählen damit nicht mehr zu den „Top 50“.
Das ebenfalls in Berlin beheimatete Dessert-Restaurant Coda, das 2024 auf Platz 62 debütierte, rutschte in diesem Jahr auf Rang 79. Immerhin eine leichte Verbesserung konnte das Münchner Restaurant Tantris verbuchen, das sich von Platz 88 auf 73 steigert.
Ein Blick in die Schweiz zeigt: Das vielfach ausgezeichnete Schloss Schauenstein von Andreas Caminada in Fürstenau verpasste den Sprung in die Top 50 knapp und steht auf Platz 52.

Lateinamerika und Asien im Aufwind
Das neue Nr. 1-Restaurant Maido steht exemplarisch für die wachsende Bedeutung lateinamerikanischer Küche auf der Weltbühne. Unter der Leitung von Mitsuharu „Micha“ Tsumura vereint das Lokal japanische Präzision mit peruanischen Aromen – bekannt als Nikkei-Küche – in einem mehr als zehn Gänge umfassenden Tasting-Menü.
Auf Rang zwei folgt Asador Etxebarri im baskischen Atxondo (Spanien), Platz drei belegt das mexikanische Quintonil. Das Wiener Steirereck rangiert mit Platz 17 als bestplatziertes Restaurant im deutschsprachigen Raum.
Neueinsteiger und Auszeichnungen
Zehn Restaurants gaben ihr Debüt unter den Top 50, darunter das thailändische Potong (Platz 13), das mit dem „Highest New Entry“-Award ausgezeichnet wurde. Ikoyi aus London (Platz 15) verbesserte sich um 27 Plätze und wurde als „Highest Climber“ geehrt. Der Nachwuchspreis ging an die kolumbianische Jungköchin Angélica Ortiz, die nun Praktika in Spitzenküchen in Spanien und den USA absolvieren darf.
Auch wenn die deutsche Spitzengastronomie international weiterhin präsent ist, zeigt das aktuelle Ranking der „World’s 50 Best Restaurants“, dass andere Länder – insbesondere in Lateinamerika und Asien – derzeit den Ton angeben.
Kritik an The World’s 50 Best Restaurants
Die aktuelle Veröffentlichung der Rangliste „The World’s 50 Best Restaurants“ sorgt in der Gastro-Szene für Diskussionen – und für deutliche Kritik. In einem öffentlichen Diskurs auf Facebook äußerten sich mehrere renommierte Kritiker, darunter Jürgen Dollase, Wolfgang Faßbender, Alexander Rabl und Bernd Matthies, mit ungewöhnlicher Offenheit über Schwächen und Widersprüche des Systems.

Der deutsche Gastrokritiker Jürgen Dollase (FAZ) reagierte mit Unverständnis auf die diesjährige Liste. „Die 50 Best gestern lassen mich komplett ratlos. Was soll man mit dieser Liste?“, fragte er öffentlich. Zwar gratulierte er Jan Hartwig zum Platz 50, kritisierte aber die Arbeit der deutschen Jury in den Vorjahren, die sich zu sehr auf einen „Berliner Freundeskreis“ konzentriert habe.
Dollase stellte die journalistische Verwertbarkeit der Liste grundsätzlich infrage: „Eine auch nur einigermaßen vollständige Übersicht würde mittlere sechsstellige Beträge an Kosten verursachen. So etwas bezahlt keine Zeitung/kein Magazin.“ Zudem sieht er den praktischen Nutzen der Rangliste schwinden: „Praktikabilität ist ohnehin längst kein Ziel der 50 Best mehr.“ Sein Fazit: „50 Best hat nur Bilder. Keinen Geschmack.“
Als Alternative schlägt Dollase eine stärkere Regionalisierung vor: „Für uns wäre Mitteleuropa, dafür sauber ermittelt, ohne ‚Legenden‘, sondern nur mit tatsächlichen Qualitäten, sehr viel nützlicher.“
Auch Wolfgang Faßbender kritisierte die Struktur des Rankings, insbesondere mögliche Manipulationen durch Einladungen oder Absprachen unter Jurymitgliedern.
„Wenn die Verantwortlichen es ernst meinten, müssten sie darauf achten, dass sich Jurymitglieder nicht absprechen, nirgendwo auf der Welt. Sie müssten auch wenigstens Kopien der Rechnungen verlangen, um Gefälligkeitswertungen auszuschließen.“
Er ergänzte, dass Chairs – also die Landesverantwortlichen – „natürlich niemanden beeinflussen“ dürften und „auch nicht Interessenskonflikte haben [sollten], indem [sie] für Restaurants arbeiten.“ Dennoch räumte er ein: „Dürfen Restaurants potentielle Voter einladen? Klar. Dürfen die dann voten? Das könnte man so regeln, dass eine Rechnung vorgelegt werden muss.“
Auf die Frage von Jürgen Dollase nach „organisierten Voter-Reisen“ antwortete Faßbender: „Ich habe gerüchtweise gehört. Befragte Personen haben mir gesagt, dass es so was in Deutschland nicht geben würde.“
Der österreichische Kritiker Alexander Rabl schilderte eigene Erfahrungen als ehemaliges Mitglied der Jury:
„Die Österreicher, die beim Voten mitmachen, binden das einem gerne auf die Nase. Auch ungefragt. Denn je mehr es wissen, desto öfter wird man nett irgendwohin auf der Welt eingeladen.“
Er kritisierte das Verhalten mancher Kollegen: „Es sind jedenfalls namhafte Autoren und Kritiker, die das Voter-Sein wie eine Monstranz vor sich hertragen. Vielleicht auch, um ihr Ego zu stärken.“
Rabl selbst war bis 2019 Teil der Jury: „Während ich es war, habe ich schön den Mund gehalten.“
50 Best Restaurants 2025 – die komplette Liste
(Vorjahresplatzierung in Klammern)
1 (5) Maido Lima Peru
2 (2) Asador Etxebarri Atxondo Spanien
3 (7) Quintonil Mexico City Mexiko
4 (4) Diverxo Madrid Spanien
5 (8) Alchemist Kopenhagen Dänemark
6 (9) Gaggan Bangkok Thailand
7 (15) Sézanne Tokyo Japan
8 (3) Table by Bruno Verjus Paris Frankreich
9 (16) Kjolle Lima Peru
10 (10) Don Julio Buenos Aires Argentinien
11 (20) Wing Hong Kong VR China
12 (6) Atomix New York USA
13 (57) Potong Bangkok Thailand
14 (18) Plénitude Paris Frankreich
15 (42) Ikoyi London Großbritannien
16 (12) Lido 84 Gardone Riviera Italien
17 (38) Sorn Bangkok Thailand
18 (19) Reale Castel di Sangro Italien
19 (26) The Chairman Hong Kong VR China
20 (52) Atelier Moessmer Norbert Niederkofler Brunico Italien
21 (56) Narisawa Tokyo Japan
22 (23) Sühring Bangkok Thailand
23 (29) Boragó Santiago Chile
24 (28) Elkano Getaria Spanien
25 (24) Odette Singapur Singapur
26 (55) Mérito Lima Peru
27 (13) Trèsind Studio Dubai VAE
28 (58) Lasai Rio de Janeiro Brasilien
29 (44) Mingles Seoul Südkorea
30 (40) Le Du Bangkok Thailand
31 (51) Le Calandre Rubano Italien
32 (39) Piazza Duomo Alba Italien
33 (22) Steirereck Wien Österreich
34 (59) Enigma Barcelona Spanien
35 (74) Nusara Bangkok Thailand
36 (21) Florilège Tokyo Japan
37 (Wiedereinstieg) Orfali Bros Dubai VAE
38 (35) Frantzén Stockholm Schweden
39 (41) Mayta Lima Peru
40 (11) Septime Paris Frankreich
41 (54) Kadeau Kopenhagen Dänemark
42 (31) Belcanto Lissabon Portugal
43 (50) Uliassi Senigallia Italien
44 (66) La Cime Osaka Japan
45 (45) Arpege Paris Frankreich
46 (34) Rosetta Mexico City Mexiko
47 (neu) Vyn Skillinge Schweden
48 (neu) Celele Cartagena Italien
49 (17) Kol London Großbritannien
50 (84) Restaurant Jan München Deutschland
