Jens Mecklenburg

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18 Milliarden Verluste bis Ende Mai

Zahlreiche Restaurants und Hotel stehen vor der Pleite.
30. April 2020

Der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Guido Zöllick, rechnet für seine Branche bis Ende Mai mit Umsatzverlusten von bis zu 18 Milliarden Euro. „Das sind Größenordnungen, die die Politik auch kennt“, sagte Zöllick im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Business Insider. „Jedes dritte Unternehmen in unserer Branche, sprich 70.000 Betriebe im Gastgewerbe, droht pleitezugehen, wenn es nicht in den nächsten Tagen und Wochen weitere Finanzhilfen erhält und nicht schnell wieder ihr Geschäft aufnehmen darf“, sagte der Dehoga-Präsident. 

© Mones Lime Mountain Saloon

Gastgewerbe braucht mehr Unterstützung

Zöllick führte weiter aus, dass die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung nicht ausreichend helfen würden – weder die Senkung der Mehrwertsteuer, auf die sich die Regierung am 22. April geeinigt hatte, noch die schnellen Kredite der staatlichen Förderbank KfW. Die niedrigere Mehrwertsteuer „kann erst wirken, wenn wir wieder Umsätze machen“, so Zöllick. Bei den Krediten spreche man von „Geld, das wir wieder zurückzahlen müssen“. Zudem müssten die Kredite erst einmal bewilligt werden, die eine oder andere Hausbank habe aber schon ihr Veto eingelegt – aus Angst, dass der Kredit nicht zurückgezahlt wird. Wer Kredite erhalte, verschulde sich extrem. Für viele Betriebe werde es sehr schwer, die Schulden im laufenden Geschäft wieder abzutragen. 

Der Dehoga-Präsident fordert daher weitere finanzielle Zuschüsse des Staates. „Wir sind durch diese Krise unverschuldet in Not geraten. Wir wurden durch die Auflagen des Staates unseres Geschäftsumfelds beraubt.“ Es gebe verschiedene Möglichkeiten, wie jetzt Finanzhilfen für die Branche organisiert werden könnten. Das könne über den Umsatz, über eine Mitarbeiterpauschale oder über den Gewinn des Vorjahres ablaufen. 

Nach wie vor gelten in der Gastronomie strenge Beschränkungen. So müssen Restaurants und Bars weiterhin geschlossen bleiben und dürfen nur Außer-Haus-Service anbieten. Zwar gelang es einigen Unternehmern, ihre Betriebe teilweise umzustellen, doch in den meisten Restaurants bleiben die Küchen kalt.

Zöllick sagte dazu, zwar gehe die Gesundheit der Menschen immer vor. „Trotzdem habe ich mehr und mehr das Gefühl, dass das eine oder andere relativ willkürlich gewählt ist, dass auch nicht wirklich ausgewogen entschieden wird, welche Branchen in welcher Art und Weise wieder öffnen dürfen. Da fehlt mir stellenweise die Logik.“


NGG wünscht sich mehr Unterstützung 

Auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) wünscht sich mehr staatliche Unterstützung für das Hotel- und Gaststättengewerbe. Es müsse „ganz dringend“ über einen Rettungsschirm für die Branche nachgedacht werden, sagte der NGG-Vorsitzende Guido Zeitler der Neuen Osnabrücker Zeitung. Er schlug unter anderem vor, die Mehrwertsteuer für Hotels für ein halbes Jahr ganz zu streichen. Auch staatliche Mietzuschüsse seien eine Möglichkeit, Not leidenden Unternehmen zu helfen.

Der NGG-Chef geht nicht davon aus, dass sich die Lage in der Branche zeitnah normalisieren wird. Bei der Wiedereröffnung von Kneipen, Restaurants oder Hotels müsse der Schutz der Beschäftigten und Gäste an oberster Stelle stehen. Dem müsse „im Zweifelsfall die Wiedereröffnung untergeordnet werden“.

© Das kleine Schwarze Hamburg

Neue Finanzhilfen erwogen

Wirtschaftsminister Peter Altmaier erwägt in der Corona-Krise neue Finanzhilfen für Gastgewerbe, Veranstalter und Kulturbranche. All diejenigen, die ihre unternehmerischen Aktivitäten später als andere wieder hochfahren dürften, brauchten mehr Unterstützung, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch in Berlin. Möglicherweise könne es Ende Mai erste Lockerungen für sie geben. „Aber es wird lange dauern, bis sich der Betrieb dieser Branchen wieder einem normalen Niveau nähern kann.“ Konkret will Altmaier Nothilfefonds mit nicht-rückzahlbaren Zuschüssen und die Wandlung von Krediten in Zuschüsse prüfen. „Dazu werde ich einen Vorschlag vorlegen“, kündigte er an.


Gastgewerbe soll langsam hochgefahren werden

Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg haben gleichzeitig angekündigt, den Tourismus und Gastgewerbe schrittweise wieder hochfahren zu wollen. Die Wirtschafts- und Tourismusminister der drei Länder haben am Mittwoch einen drei Stufen-Plan zur Aufhebung der coronabedingten Einschränkungen vorgelegt. Nach Angaben eines Sprechers des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums sollen die Lockerungen ab Anfang Mai beginnen.


Sonderweg für Mecklenburg-Vorpommern?

Im Ringen um eine Wiederbelebung von Gastronomie und Tourismus schließt Mecklenburg-Vorpommern nach den Worten von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig einen Sonderweg nicht mehr aus. In den beiden Telefonkonferenzen der Länderchefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 30. April und am 6. Mai wolle sie sich für ein bundesweites Signal für die Öffnung der Gastronomie einsetzen. „Wenn das aber nicht möglich ist, weil andere Länder noch nicht so weit sind, können wir regional auch einen eigenständigen Weg gehen“, sagte Schwesig am Mittwoch in Schwerin.

Eine Öffnung von Gaststätten setze aber voraus, dass die Entwicklung der Infektionszahlen im Land auch in der nächsten Woche weiterhin positiv verlaufe, betonte die SPD-Politikerin. Alles deute bislang darauf hin. In Mecklenburg-Vorpommern hatte es in den zurückliegenden Tagen nur noch wenige Neuinfektionen mit dem neuartigen Coronavirus gegeben. Mit zuletzt etwa 43 Infizierten pro 100 000 Einwohner weist der Nordosten bundesweit weiterhin die geringste Infektionsquote auf. 

©DWI