Jens Mecklenburg

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Winzer wird DFB-Präsident

Hotelier, Gastronom, Weinhändler Fritz Keller soll Fußballverband aus der Krise führen
16. August 2019

Ein umtriebiger und charmanter Gastgeber wird wohl zukünftig den Deutschen Fußball-Bund anführen. Der Winzer, Weinhändler, Hotelier und Gastronom Fritz Keller (Franz Keller – Schwarzer Adler) ist von der Findungskommission des DFB einstimmig als Kandidat vorgeschlagen worden. Keller ist derzeit noch Präsident des Bundesligisten SC Freiburg.

Statements

„Mit Blick auf den SC Freiburg ist mir die Entscheidung, für das Amt des DFB-Präsidenten zur Verfügung zu stehen, alles andere als leichtgefallen“, sagte der 62-jährige Keller. Da die beiden Ämter nicht miteinander zu vereinbaren wären, werde er im Falle einer erfolgreichen Wahl als DFB-Präsident das Amt als Präsident des SC Freiburg „schweren Herzens“ niederlegen. Keller wurde 2010 erster Vorsitzender und 2014 Präsident des SC Freiburg.

Rainer Koch (DFB-Vizepräsident und Mitglied der Findungskommission) sagte: „Fritz Keller ist ohne jeden Zweifel eine außergewöhnliche Persönlichkeit mit allen Qualitäten für das Amt des DFB-Präsidenten. Jahrzehntelange Erfahrung mit enger Verbindung zum Profi- und Amateurfußball, auch zum Frauenfußball und der Jugendarbeit, sowie eine große unternehmerische Lebensleistung zeichnen ihn aus.“

Reinhard Rauball (DFB-Vizepräsident und Mitglied der Findungskommission): „Als Präsident des SC Freiburg hat Fritz Keller innerhalb der Bundesliga und 2. Bundesliga über alle Maßen fachlich und charakterlich überzeugt. Ausgestattet mit einem klaren Wertekanon und großer Bodenständigkeit, hat er sich sowohl in seinem Klub als auch beispielsweise im Rahmen der DFL Stiftung immer zur gesellschaftlichen Verantwortung des Fußballs bekannt.“
Christian Seifert (Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga) ergänzte: „In den Jahren der Zusammenarbeit habe ich Fritz Keller als sehr wertvollen Gesprächspartner kennengelernt – als Clubchef, aber auch als DFL-Aufsichtsrat und im Rahmen der DFL Stiftung. Fritz Keller hat ein Herz für den Fußball. Darüber hinaus zeichnen ihn ein unabhängiger Unternehmensgeist sowie großes Verantwortungsgefühl und Bodenständigkeit aus.“

Foto: J. Lehmann

Fußballwurzeln

Der Vater des künftigen DFB-Chefs war ein Fußball-Narr – hatte, so erzählte Fritz Keller vor mehreren Jahren, enge Kontakte zu Fritz Walter, den Helden von Bern. Der Weltmeister-Kapitän wurde Fritz Kellers Patenonkel.

Das eigene Talent reichte nicht zu einer Karriere auf dem Fußballplatz. Beim SC Freiburg trat Keller 2010 aber den Führungsposten als Nachfolger des jahrzehntelangen Clubchefs Achim Stocker an, der 2009 gestorben war. Unter seiner Führung wurde Christian Streich Trainer, die auf Kontinuität mit bescheidenen Mitteln ausgerichtete Club-Maxime der Breisgauer fortgesetzt.

Keller gilt als meinungsstarke Führungskraft. Für das operative Geschäft ist er beim SCF allerdings nicht mehr zuständig. Ähnlich dürfte Kellers Rolle als 13. Chef des DFB künftig eher präsidial denn operativ ausgerichtet sein. Mit einer Strukturreform und der komplett ausgelagerten GmbH will sich der kriselnde Verband neu aufstellen. Auch Grindels Vorgänger Gerhard Mayer-Vorfelder, Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach waren wegen ihrer umstrittenen Führung oder moralischer Verfehlungen früher als geplant aus dem Amt geschieden.
 

Winzer des Jahres

Weit über Baden hinaus bekannt ist er als Gastronom. Der Gault&Millau Weinguide zeichnete ihn zusammen mit seinem Sohn Friedrich als „Winzer des Jahres“ aus. Nach Vergabe der Sterne für Deutschland erhielt der Schwarze Adler in Oberbergen 2019 zum 50. Mal in Folge einen Michelin-Stern.

Geradezu revolutionär begann 1969 die Geschichte des Schwarzen Adlers als Sternerestaurant. In einer Zeit, in der Frauen eher selten die Küchen der Hotellerie und Gastronomie leiteten, erkochte Irma Keller den ersten Michelin-Stern. Anfang der 1970er Jahre übernahm ihr Sohn Franz nach seiner Rückkehr aus Frankreich, wo er unter anderem bei Bocuse (Lyon) und Guérard (Paris) arbeitete, die Küchenleitung und erkochte in kürzester Zeit den zweiten Stern. Kurz darauf stieß der Franzose Christian Begyn hinzu und prägte die Küche mit seiner Interpretation der Haute Cuisine bis Mitte der 1990er Jahre. Der Venezolaner Anibal Strubinger, der schon während seiner Ausbildung zum Koch Seite an Seite mit Begyn arbeitete, übernahm 1996 für über 20 Jahre die Küchenleitung. Strubinger setzte die über Jahrzehnte gepflegte Tradition fort, in der die Adler-Küche für das Zusammenspiel zwischen traditioneller französischer und badischer Küche steht. 2016 begann die Zusammenarbeit zwischen dem heutigen Küchenchef Christian Baur und Strubinger.

Nachdem Franz Anton Keller (1860 – 1929) den Gasthof Schwarzer Adler Ende des 19. Jahrhunderts erwarb, blieb dieser lange Zeit ein einfaches Gasthaus, in dem ab 1924 seine Frau Mathilde die Küche leitete. Sohn Franz (1927 – 2007) machte eine Metzgerlehre und heiratete nach dem Krieg Irma Konstanzer, die nach dem Tod ihrer Schwiegermutter die Leitung der Küche übernahm. Franz Keller jun. verließ Oberbergen Ende der 1970er und bewirtschaftet heute, nach vielen erfolgreichen Jahrzehnten in der Gastronomie, den Falkenhof im Rheingau. Fritz Keller und seine Frau Bettina übernahmen in den 1990er Jahren zunächst die Leitung der Weinproduktion und des Weinhandels, gefolgt von der Leitung des gesamten Unternehmens zu dem heute das Weingut Franz Keller, der Weinhandel, das Hotel und Restaurant Schwarzer Adler, die KellerWirtschaft im Weingut Franz Keller und das Winzerhaus Rebstock zählen.
 

Weinhandel revolutioniert

Am 27. September werden diese Funktionäre als Wahlmänner den 62-Jährigen zum 13. DFB-Präsidenten und Nachfolger des über seine diversen Führungsfehler gestürzten Reinhard Grindel wählen – daran besteht kein Zweifel. Nun soll also ein Winzer und Gastronom den angeschlagenen DFB führen. Keller kennt man als Vorsitzenden und Präsidenten des SC Freiburg. Er ist der Kopf eines Vereins, der für Bescheidenheit und Teamgeist steht. Weil er zudem als Winzer unternehmerischen Erfolg nachweist, kann Keller ein guter Präsident werden. Wie sein Verein tritt Keller für Werte ein. Der SC macht seit Jahrzehnten mit wenigen Mitteln gute Arbeit und hält sich fast durchgehend in der Bundesliga. Allüren und Skandale gibt es im Breisgau fast keine, niemand sticht aus dem Kollektiv heraus. Der Trainer, früher Volker Finke, heute Christian Streich, ist der starke Mann. Keller ließ ihm stets alle Vollmachten und die Bühne. Keller hat den Frauenfußball in Freiburg gefördert und die Nachwuchsarbeit als „ganzheitlichen Erziehungsauftrag“ verstanden.

Es ist eine große Leistung von Fritz Keller, den Weinhandel revolutioniert zu haben. Es schaffte es anständige, trinkbare Weine auf Masse zu produzieren, die man beim Discounter für 5 Euro kaufen kann. So brachte er den Wein zum einfachen Volk zurück. Wer so etwas kann, kann es vielleicht auch schaffen, den DFB zu reformieren, den Millionen Freizeitfußballern wieder eine Stimme, gegenüber den ausufernden, kommerziellen Interesse des Profisports zu verleihen. Im Wein liegt bekanntlich die Wahrheit und die findet man auch dem Fußballplatz.

www.franz-keller.de

Weinhändler Fritz Keller. Foto: Fabian Fiechter