Johanna Rädecke

Redakteurin

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Wie landet nur der „Gute Fisch“ auf dem Tisch?

Liste für bewussten Fischeinkauf soll bei Auswahl helfen
17. November 2022

Überfischung, Zerstörung von Lebensräumen und hohe Beifangmengen sind häufige unerwünschte Begleiterscheinungen der kommerziellen Fischerei. Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist es äußerst kompliziert, den Überblick zu behalten und zu erkennen, ob „Guter Fisch“ überhaupt noch zu haben ist. 

© Ingo Hilger

Deshalb haben die Verbraucherzentralen in Zusammenarbeit mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH), dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR), dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) und dem World Wide Fund For Nature (WWF) eine gemeinsame Liste „Guter Fisch“ erstellt.

Weltweite Überfischung 

Die Daten der letzten Jahre sind besorgniserregend: Die Mehrzahl der Fischbestände weltweit sind überfischt. Nur noch wenige Bestände sind in einem guten Zustand. Dabei sind Fische wichtig für das gesamte Ökosystem Meer: „Auch kommerziell genutzte Fischarten müssen ihre Rolle als Räuber oder Beute im Ökosystem erfüllen können. Dazu müssen die Fischbestände groß genug sein und dürfen nur nachhaltig befischt werden. Durch unsere Untersuchungen haben wir sichergestellt, dass das für die Fische in dieser Liste zutrifft“, sagt Dr. Rainer Froese, Meeresökologe und Fischereiwissenschaftler am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Damit uns Fisch als Teil der Ernährung, aber auch im Ökosystem erhalten bleibt, ist eine nachhaltige, bestandsschonende Befischung äußerst wichtig, betont auch die DUH. „Wir dürfen nur so viel Fisch aus den Meeren holen, wie auch wieder natürlich nachwachsen kann. Doch für Verbraucherinnen und Verbraucher ist sehr schwer zu wissen, welche Fische nachhaltig gefangen werden und welche Fischerei die Gesundheit unserer Meere und Fischpopulationen nicht gefährdet. 

„Guter Fisch“-Liste 

„Die ‚Guter Fisch‘-Liste kann den Verbraucherinnen und Verbrauchern helfen zu verstehen, worauf es beim Fischfang und -kauf ankommt“, so Dr. Katja Hockun, Fachreferentin für Meeresschutz, Naturschutz und Biologische Vielfalt bei der DUH. Fanggebiet und -methode müssen mit den Angaben in der Liste übereinstimmen Für unverarbeitete Fisch- und Tiefkühlprodukte sind die Angaben zu Fischart, Fangmethode und -gebiet verpflichtend. Diese sollten genau mit der Liste verglichen werden, damit am Ende kein Fisch aus einem stark bedrohten Bestand im Einkaufswagen landet. Neben der Herkunft ist die Fangmethode deshalb ein wichtiges Kriterium, da diese je nach Methode und Gerät unterschiedliche Auswirkungen auf die Bestände, aber auch auf den Meeresboden und andere Tiere in diesem Ökosystem hat. „Guter Fisch muss auch bedeuten, dass die Fischerei naturverträglich ist, schädliche Umweltauswirkungen vermieden werden. Ein Teil der Lösung sind alternative Fanggeräte, die ungewollte Beifänge vermeiden. Es gilt, sie schnell weiterzuentwickeln und in die Praxis zu bringen“, sagt Dr. Kim Detloff, NABU-Leiter Meeresschutz.  

© Archivio Slow Food

Verschiedene Institutionen haben in der Vergangenheit Fischratgeber entwickelt, doch je nach ausgewählten Kriterien liefern diese unterschiedlichen Bewertungen. Einen Vorteil dieser Liste stellt deshalb vor allem die einheitliche Information dar: „Viele Verbraucherinnen und Verbraucher essen gerne Fisch, wissen aber auch um die Probleme der Überfischung. Deshalb freuen wir uns, zusammen mit den beteiligten Institutionen eine Liste erstellt zu haben, die für den nachhaltigen Fischeinkauf eine echte Einkaufshilfe darstellt“, sagt Constanze Rubach, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Niedersachsen. „Die Liste ‚Guter Fisch‘ ist wertvoll für alle Menschen, die etwas gegen die Ausbeutung der Meere tun wollen. Sie ist kurz und leicht verständlich – sozusagen die Faustregel für den Supermarkt“, sagt Dr. Philipp Kanstinger, WWF Fischereiexperte. Aber nicht nur für Verbraucherinnen und Verbraucher kann diese Liste eine Hilfe darstellen. Auch im Hinblick auf die jährlichen Verhandlungen zur Fangquotenvergabe sollte diese Liste genutzt werden, damit sich politische Entscheiderinnen und Entscheider ein aktuelles Bild über Bestände verschaffen können. Die Liste wird jährlich aktualisiert und beinhaltet nicht nur die Bestandsgrößen der gelisteten Fischarten, sondern berücksichtigt auch ökologische Aspekte. Und eben diese sind entscheidend, ob ein Fisch ein „Guter Fisch“ ist.  

Die Liste sowie die zugrundeliegenden Kriterien finden Interessierte hier.