Jens Mecklenburg

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Tag der nachhaltigen Gastronomie in der Hobenköök

Motto: Die Ziege ganz denken
11. Juni 2021

Der 18. Juni ist der Tag der nachhaltigen Gastronomie. Er wurde durch die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen ins Leben gerufen. In der Hamburger Hobenköök beschäftigen sich die Köchinnen und Köche mit dem Thema Ziege. 

Barbara Stadler (Mitte) und Sebastian Junge (links) sind in diesem Jahr wieder mit von der Partie. Foto: Tag der nachhaltigen Gastronomie 2020/ ©Johanna Rädecke

Auch in diesem Jahr dreht sich bei den Köchen und Köchinnen von Slow Food  alles um die Umsetzung eines zukunftsfähigen Lebensmittelsystems, das im Einklang mit Mensch, Tier und Natur steht und die planetaren Grenzen respektiert. Der Gastronomie kommt dabei eine besondere Rolle zu, ist die Überzeugung von Slow Food, denn nicht zuletzt der Lockdown hat gezeigt: Restaurants und Lokale sind mehr als „nur“ Orte des Essens und Genießens; sie sind Orte für soziales Miteinander und die kulinarischen Visitenkarten einer Region. Denn nachhaltig arbeitende Gastronomen, die sich der Slow Food Philosophie verpflichtet fühlen, sind mehr als Zubereiter von Mahlzeiten. Sie sind Botschafterinnen für die Ernährungswende. Die Chef Alliance  – so nennen sich die bei Slow Food organisierten Köche und Köchinnen – stellt den Tag in diesem Jahr unter das Motto „Die Ziege ganz denken“ und organisiert bundesweit verschiedene Events, so auch den Genussabend in der Hamburger Hobenköök.

An die Zukunft denken

Zukunftsfähig arbeitende Gastronomen wollen wissen, wo ihre Lebensmittel herkommen und stellen durch den direkten Kontakt zu ihren Lieferanten sicher, dass der Weg zum Ursprung ihrer Lebensmittel transparent und für ihre Gäste nachvollziehbar ist. Diese Art der Netzwerkgastronomie, die Erzeugerinnen, Gastronomie und Endverbraucher miteinander ins Verhältnis setzt, ist nach Überzeugung der Organisation zukunftsweisend. Indem die Köche vielfältige und regionaltypische Sorten und qualitativ hochwertige Lebensmittel aus artgerechter Tierhaltung und ökologischem Anbau auswählen und kurze Transportwege bevorzugen, tragen sie maßgeblich zum Erhalt der biokulturellen Vielfalt und zur Ernährungswende bei.

Warum Thema Ziege? Zunehmend fragen Verbraucher Ziegenmilch nach, auch weil sie weniger Fleisch oder vegetarisch essen möchten. Jedoch, wie so oft, wird dabei nicht mitbedacht, was mit den männlichen Tieren passiert. Ein weiterer Aspekt ist, dass sich viele nicht an die Verarbeitung von Ziegenfleisch herantrauen. 

Innenansicht Hobbenköök
©hobenköök

Der Genussabend in der Hobenköök

am 18. Juni 2021, 18 Uhr


Das Menü 


Vorweg Wattenmeer Austern (draußen gegrillt)


Brotauswahl und Ziegenbutter, zubereitet von Sebastian Junge aus dem Restaurant „Junges Wolfsrudel“.

Symbolbild


Ziegenkäsepraline, Rhabarber-Confit, bunte Wildkräuterwiese und gepickelter roter Rettich, zubereitet von Barbara Stadler aus „Die Kastanie“.


Ziegenleber-Parfait mit Saubohnen- Babies und Herz & Nieren Vinaigrette, zubereitet von Jochen Strehler aus dem „Gildepark“.


Halbe Ziege auf Homerische Art mit Linsen und Brennessel Byrek, zubereitet von Luka Lübke, Köchin und Autorin.


Ziegen Pastrami BBQ Marinade, Tweemol Erbse und eingewecktes mit Bio Apfelessig, zubereitet von Thomas Sampl und Martin Schneider aus der Hobenköök.


Ziegensahne und Rhabarber, zubereitet von Sebastian Junge.


An diesem Abend helfen auch die Slow Food Köchin Angela Schulze-Hamann und Jens Witt in der Küche aus. 

5-Gang-Menü 89 Euro.

Zum Menü wird eine Weinbegleitung von Franz Wehrheim vom Bio-Weingut Dr. Wehrheim aus der Pfalz angeboten.


Hobenköök

Restaurant & Markthalle
Stockmeyerstraße 43
20457 Hamburg

Anmeldung/Tickets: https://shop.hobenkoeoek.de/veranstaltungen/tag-der-nachhaltigen-gastronomie/1853/tag-der-nachhaltigen-gastronomie?eventid=35

Die Ziege neu denken

So lautet das Thema, das die Chef Alliance von Slow Food für den diesjährigen Tag der nachhaltigen Gastronomie am 18. Juni gewählt hat. „Fleisch!?“, hören wir schon die ersten entsetzten Rufe, haben wir doch in den letzten Jahren so viel darüber geredet, wie wichtig es ist, unseren Fleischkonsum zu reduzieren. Richtig. Genau darüber wollen wir reden.

Seit den 1990er Jahren ist Ziegenkäse in Deutschland keine exotische Delikatesse mehr, sondern immer und überall zu haben und voll im Trend. Weil sein Ruf, streng zu riechen, sich verflüchtigt hat, weil viele Menschen Kuhmilch vermeintlich nicht mehr vertragen und wegen der romantischen Vorstellung, dass es bei Ziegen keine Massentierhaltung gäbe. Alle wollen Ziegenkäse. Der Denkschritt, dass Käse aus Milch gemacht wird und dass es Milch nur geben kann, wenn ein Muttertier gelammt hat, wird dabei ausgelassen. Wo Milch entsteht, entsteht auch Fleisch – denn die Hälfte der Kitze sind männlich.

„Die Nachfrage nach Ziegenkäse steigt weiter“, so Hiob Schmitt von der Ziegerei in Asendorf, „wir haben immer zu wenig“. Anders sieht es beim Zickleinfleisch aus. „Wir verkaufen es auf den Wochenmärkten, aber am erfolgreichsten als verarbeitete Ware wie Salami oder Bratwurst aus 100% Ziegenfleisch. Das ist zugänglicher, gerade für junge Menschen, die nicht genau wissen, wie sie zum Beispiel eine Keule verarbeiten sollen. Aber ein Ertragsgeschäft ist es nicht – aus steuerlichen Gründen sind diese Produkte wirtschaftlich für uns kaum anzubieten. Besser wäre, wenn wir viertel, halbe oder ganze Tiere verkaufen könnten, aber wer kann die heutzutage noch zubereiten?“ Wäre die Gastronomie eine mögliche Lösung? Hiob ist skeptisch. „Das sind schon viele auf einmal. Wir haben nur eine kleine Herde von 90 Tieren, eine Multikulti-Truppe aus fünf verschiedenen Rassen, die wir auch kreuzen, um die Milchqualität zu optimieren. 250 Kilogramm Zicklein nimmt dir keiner auf einmal ab. Und es ist natürlich auch nicht viel Muskelfleisch dran, weil es eben eine Milchziegenrasse ist“.