In Norwegen hat sich Elling – der bekannte Sonderling von Ingvar Ambjörnsen – nach vielen Jahren der Abwesenheit wieder zu Wort gemeldet. In einem Alter von fast sechzig haust er jetzt in einer Souterrainwohnung in einer alten Villa bei Oslo. Er ist im Netz überaus aktiv, mit Blogs, Kurztexten, Gedichten und anderem. Einiges davon gibt es auf der Facebook-Seite „Elling-Nytt“ (auf Norwegisch). Elling äußert sich hier auch zum Thema Speis und Trank.
Bacon & Eggs
Es lässt sich so viel über Schweine sagen, über lebende und tote, gekochte und geräucherte, und über die Magie des Eis und seinen fast unbegrenzten Anwendungsbereich innerhalb der Gastronomie, hier aber soll es um geräucherten, leicht gesalzenen durchwachsenen Speck vom Schwein gehen, zugleich um Spiegeleier, also Bacon & Eggs, Eggs & Bacon, diese unschlagbare Kombination, die in Ländern außerhalb der muslimischen Welt niemals, niemals aus der Mode kommen wird, und die in einer Zeit, in der das Gespenst der gesunden Ernährung immer ärger dräut, reihenweise neue Herzen gewinnt.
In meiner Kindheit tauchten Eier und Speck im Frühstückszusammenhang niemals auf. Sie waren verboten. Wenn überhaupt Eier konsumiert wurden, dann in gekochter Form in der Schale. Und das in der Variante, die meine Mutter „lächelnde Eier“ nannte, also irgendwo zwischen weich- und hartgekocht.
Das lächelnde Ei gab es aber nur zum Sonntagsfrühstück. Punkt.
Spiegeleier kamen nur selten auf den Tisch, und dann gerne an Werktagen, die sich auf irgendeine Weise ausgezeichnet hatten (nein, jetzt gönnen wir uns mal ein Spiegelei, Elling!), und dann immer zum Abendbrot. Wie um zum Beispiel zu betonen, dass irgendein Streit beigelegt worden war. Oder an einem Tag, der uns auf irgendeine Weise ein Bein gestellt hatte. Mutter wollte dann ein Spiegelei mit unversehrtem Dotter, während ich – als Kind jedenfalls – darauf bestand, dass das Dotter durchstochen werden sollte, und zwar genau in dem Moment, in dem Mutter das Ei in die Pfanne schlug. Erst, als ich schon hoch in den Zwanzigern angekommen war, entdeckte ich die Freuden der unberührten Dotter. Zu irgendeinem Zeitpunkt wird man erwachsen. Das ist so ungefähr wie dann, wenn man lernt, Kaffee zu mögen.
Eier und Speck bei uns zu Hause? Mitten am Tag. Mittags. Am letzten Samstag im Monat. Das, was Mutter als „leichte Mahlzeit“ bezeichnete. Das bedeutete im Grunde, dass sie an dem Tag einfach keine Lust hatte, „richtig“ zu kochen, und dass sie stattdessen zehn, zwölf Streifen Speck für uns briet und dazu zwei Spiegeleier, eins mit durchstochenem Dotter und eins eben ohne.
Zu meiner großen Freude, muss ich wohl sagen. Ich liebte diese leichten Mahlzeiten. Die durchaus keine mangelhafte Mahlzeit waren, es gab noch dazu immer jede Menge Brot dazu – und auch den üblichen Belag, der im Kühlschrank immer reichlich vorhanden war. Eine Art erweitertes Abendbrot, mit anderen Worten. Mitten am Tag, zwischen zwei und halb drei.
Was ist das Besondere an der Kombination von Ei und Speck? Warum ist sie zu einem solchen Erfolg geworden? Ist der geräucherte Speck nicht zu salzig, wenn er dem sanften Geschmack und Aroma des Spiegeleis begegnet? Nein. Es ist im Gegenteil der explosive Geschmack des Specks, der zusammen mit dem gebratenen Weiß und dem Dotter – gern noch mit Hilfe eines guten Kneippbrotes – eine fast magische Symphonie erklingen lässt. In seiner ganzen Schlichtheit, wohlgemerkt. Wenn man dazu ein Glas kalte Milch und eine Tasse schwarzen Kaffee in Reichweite hat, müsste das Glück vollkommen sein. So einfach. So gut. Diese Mischung gibt es im Leben nur selten.
Gut möglich, dass sich hier das Geheimnis verbirgt.
In den Jahren mit Kjell Bjarne wurde mein Verhältnis zu Spiegeleiern vollständig auf den Kopf gestellt. Er war von der Sorte, die mitten in der Nacht aufstehen und Speck und Eier in riesigen Pfannen braten konnte, nur, weil er einen bösen Traum gehabt hatte, oder weil er sich ganz einfach langweilte. Er verzehrte zudem zu fast jedem Frühstück Eier mit Speck. Das Ganze konnte bisweilen schon wie eine Art Sucht wirken. Aber na gut. Die Übertreibung war eben sein Hauptplaisir, und sie wurde ihm auch zum Verhängnis.
Als er nicht mehr da war, konnte ich Monate lang Eier und Speck nicht mehr anrühren (und übrigens auch keine fetten Soßen zu den warmen Mahlzeiten). Doch dann – als ich in die Sockelwohnung umgezogen war – war das Ei plötzlich wieder da, zusammen mit dem gebratenen Schweinespeck. Wieder in Maßen, zweimal im Monat, und bei offener Gartentür gebraten, auf Bitten der Königin aus dem ersten Stock. Das wäre also geklärt.
Ich bin ein Mann mit eher bescheidenen Hotelerfahrungen. Natürlich habe ich bisweilen im Hotel übernachtet, oft war das aber nicht. Ein Mann, der Rente bezieht und sein Zuhause liebt, ist als Hotelgast einfach ungeeignet. Was ich jetzt also über Hotelvarianten von Eiern und Speck schreiben werde, baut vor allem auf Beobachtungen auf, die ich in Film und Fernsehen gemacht habe. Später wurden diese Eindrücke durch eigene Erfahrungen bestätigt. Machen Sie den Test, wenn Sie zum nächsten Mal Ihr Hotelfrühstück genießen wollen. Oder Ihr Frühstück an Bord einer Fähre oder eines Kreuzfahrtschiffes. Der Speck, meistens zu finden in einem brottrommelähnlichen Stahlbehälter mit Wärmeplatte, ist schlaff und lauwarm. Dasselbe gilt für das Spiegelei. Ich habe auch schon kalte Spiegeleier erlebt. Und schlaffer und lauwarmer Speck mit einem kalten Spiegelei ist ja wohl etwas, das nur die wenigstens unter uns zur frühen Morgenstunde sehen möchten. Es ist seltsam. Hotel oder Kreuzfahrtschiff sind imstande, mittags und abends die erlesensten Leckerbissen aufzutischen. Aber zum Frühstück krossgebratenen Speck und warme Spiegeleier zu servieren, ist einfach unmöglich. Das geht ganz einfach nicht. Besser als gar nichts, sagen Sie vielleicht? Nein! Ich sehe das anders.
Ich würde Ihnen überhaupt raten, den vorgeschnittenen Speck zu meiden, der in Hotelküchen verwendet wird. Denn Sie können ihn in der eigenen Pfanne vielleicht kross und knusprig braten, ja, Sie können ein viel besseres Ergebnis erzielen, als es der Langzeitwärmeplatte im Hotel gelingt. Aber um welchen Preis? Mit welchem Geschmackserlebnis? Zwei Punkte von sechs. Vielleicht drei.
Nein, gehen Sie hin und kaufen Sie sich in Ihrem lokalen Supermarkt ein richtiges Stück Speck, es kann sogar vakuumverpackt sein, und schneiden Sie dann drei millimeterdicke Scheiben ab, die Sie auf Höchsttemperatur braten, dann werden Sie ja sehen, was Speck alles sein kann. Und in dem siedenden und zischenden Fett liegen die Eier wie kleine Inseln, und auch sie werden auf hoher Temperatur gebraten, am besten so, dass sie kleine verbrannte Strände bekommen, und so, dass die Dotter halb durchgebraten sind und langsam über den Teller fließen, wenn Sie Sekunden später mit dem Messer durch die Haut stoßen, die jetzt eine Spur trübe geworden ist, ungefähr wie die Augen eines alten Mannes, wenn er die Welt mit unbehandeltem Grünen Star betrachtet.
Baked Beans und gebratene Tomaten? Nix. Never. Nimmermehr.