Jens Mecklenburg

Herausgeber & Autor

Zum Portrait

Rettet die Alten – Spargelsorte „Huchels Leistungsauslese“

16. April 2024

Bei Spargel sind viele Verbraucherinnen deutlich saisonbewusster als bei anderen Gemüsen. Die Stangen werden mit Vorfreude erwartet, regional eingekauft und werden nur bis zum Ende der Saison Ende Juni gegessen. Und doch kennen viele Verbraucher die Sorten nicht. Spargel ist nicht gleich Spargel. Die alte Sorte „Huchels Leistungsauslese“ zeichnet sich durch ein besonders intensives Aroma aus und ist in der „Arche des Geschmacks“ von Slow Food gelistet.

Huchels Wurzelstock © Berden

Einfalt statt Vielfalt

Ob klassisch mit Salzkartoffeln, Schinken und Buttersauce oder gegrillt, als Salat oder zusammen mit Fruchtigem – die Zubereitungs- und Kombinationsmöglichkeiten von Spargel sind vielfältig. Und Spargel zählt zu den beliebten Gemüsen der Deutschen. Die Anbaufläche in Deutschland beträgt derzeit ca. 26.000 Hektar und lieferte 2020 einen Ertrag von ca. 120.000 Tonnen. Die meisten Verbraucher treffen ihre Wahl zwischen weißem und grünem Spargel. Die Sorte hingegen spielt eine untergeordnete Rolle, weil es kaum noch verschiedene gibt: Wegen der höheren Erträge werden heute fast ausschließlich männliche Hybridpflanzen ausgepflanzt. Alte Sorten sind in Europa fast überall verschwunden. Huchels Leistungsauslese ist eine solche alte Sorte. Nach wie vor werden Pflanzen beiderlei Geschlechts auf das Feld gebracht. Im Vergleich zu Hybridpflanzen wird der „Huchel“ größer und üppiger und kann bis zu drei Jahre länger beerntet werden. Hybridsorten hingegen lassen keine Vermehrung von Saatgut zu. Groß raus kam Huchels Leistungsauslese dank August Huchel, der 1953 aus der DDR an den Niederrhein geflüchtet war. In Walbeck begann er, den „Huchel“ zu züchten, der von da aus bundesweit, sowie im Ausland zur Standardsorte wurde. In den 1990er-Jahren jedoch wurde er von den ertragreicheren Hybridsorten vom Markt verdrängt. Auch geschmacklich suchte der Handel zunehmend angepasste Ware: Bitternoten und intensive Aromen wie beim „Huchel“ waren nicht mehr gefragt. Heute macht die Anbaufläche von Huchels Leitungsauslese in Deutschland weniger als 0,1 Prozent der gesamten Anbaufläche aus.

Spargelbewahrer kommt aus dem Norden

Vertrieben werden Huchel-Pflanzen aktuell nur noch von der Deutschen Spargelzucht in Mölln. Bundesweit bauen noch ca. zehn Betriebe die Sorte an, zumeist mit Verkauf ab Hof und auf Regionalmärkten. Die Interessensgemeinschaft „Walbecker Huchelspargel 2015 e.V.“ setzt sich dafür ein, die Sorte regional wieder bekannter zu machen. Ein Vorhaben, das auch Slow Food unterstützt. Dazu Herbert Steiner aus der Arche-Kommission von Slow Food Deutschland: „Spargel ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie sehr wir uns in den letzten Jahrzehnten an Einheitssorten und -geschmäcker gewöhnt haben. Bei Slow Food möchten wir zur Kehrtwende beitragen, damit Spargel wieder wie früher schmeckt und wir auch die Geschmacksnuancen wiederentdecken“. Ein bedeutender Teil der „Huchel“-Ernte geht in die Gastronomie, wo seine ausgewogene Balance zwischen Bitterstoffen und Süße sowie seine Aromen geschätzt werden.

Eleganter Huchel-Geschmack

Gekochter Spargel zeichnet sich durch einen besonderen Geschmack aus, der durch Zucker, Bitterkomponenten und eine größere Anzahl von Aromastoffen gebildet wird. Durch den höheren Gehalt und die ausgewogene Balance zwischen Bitterstoffen und Süße, sowie der Vielzahl an Aromastoffen, besitzt der gekochte Huchelspargel einen besonderen eleganten und feinen Geschmack. Im Mai, also in der Mitte der Spargelzeit, ist das Aroma am intensivsten. Je frischer Spargel auf den Teller kommt umso besser schmeckt er. Nach dem Kauf, der Frische wegen am besten ab Hof, sollte Spargel gekühlt bis zur Zubereitung am selben Tag aufbewahrt werden. Diese beeinflusst auch das Geschmackserlebnis: Man schmeckt, ob er in kochendem Wasser (mit wenig Salz), im Dampfgarer oder auf dem Backblech gegart wurde. Die Erwartungen an den Bleichspargelgeschmack in Deutschland unterscheiden sich gegenüber Nachbarländern teils deutlich. Bitternoten und intensiverer Geschmack ist im Gegensatz zu Frankreich nicht mehr erwünscht und bekannt, dementsprechend bietet der Handel nur angepasste „milde“ Ware an.

Züchter und Erzeuger

Deutsche Spargelzucht Aloys Rosen
Kampweg 4a
23881 Alt Mölln
Tel. (0 45 42) 83 75 85
https://www.spargel-rosen.de/

Gut Wulfsdorf
Bornkampsweg 39
22926 Ahrensburg
Tel. (0 41 02) 5 11 09
www.gutwulfsdorf.de

© Ingo Wandmacher