Jens Mecklenburg

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Özdemir warnt deutsche Landwirte

Führen Umweltauflagen zu radikalen Bauernprotesten?
26. Juli 2022

In den Niederlanden demonstrieren Landwirte seit Wochen gegen strengere Umweltauflagen. Auch in Deutschland wächst die Unzufriedenheit – Landwirtschaftsminister Özdemir hält dagegen.

Cem Özdemir © Stephan Röhl / Heinrich-Böll-Stiftung. Lizenz:: CC-BY-Sa. 2.0

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir sieht in Deutschland keinen Grund für ähnlich radikale Bauernproteste wie in den Niederlanden. Die Ausgangslagen in beiden Ländern seien nicht vergleichbar, sagte der Grünenpolitiker der »Neuen Osnabrücker Zeitung«. Die Landwirte in den Niederlanden sollten ihre Emissionen um bis zu 95 Prozent reduzieren, während es in Deutschland um moderatere Einschränkungen beim Düngen gehe. »Es ist ja nicht so, dass es ein Düngeverbot geben wird. Die Bauern können ja weiter düngen, aber so, dass wir insgesamt von der zu hohen Nitratbelastung runterkommen.« Deutschland überschreitet die von der Europäischen Gemeinschaft festgelegten Nitratgrenzwerte, seit es sie gibt.

In den Niederlanden protestieren Landwirte seit Wochen gegen geplante Maßnahmen, den Stickstoffausstoß zu verringern. Landesweit soll der nach dem Plan der niederländischen Regierung bis 2030 um durchschnittlich 50 Prozent reduziert werden, in Naturschutzgebieten sogar um mehr als 70 Prozent. Die Auflagen können nach Berechnungen der Regierung das Aus für etwa 30 Prozent der Viehbauern bedeuten. Landwirte blockierten aus Protest dagegen etwa mit Treckern mehrere Autobahnen, sodass es zu mehreren Hundert Kilometern Stau kam.

In Deutschland hatte der Bundesrat Anfang Juli im Ringen mit der EU-Kommission um einen stärkeren Grundwasserschutz in Deutschland strengere Grenzwerte für die Ausbringungen von Dünger beschlossen und gleichzeitig die von der Regelung erfassten Flächen ausgeweitet. Darauf zielen neue Vorgaben der Bundesregierung zur Ausweisung Nitrat belasteter »roter Gebiete« ab. Zu Kritik von Landwirten, dass die Ausweisung der betroffenen Gebiete auf einem zu grobmaschigen Netz beruhe, sagte Özdemir, dass er nun Dinge umsetzen müsse, die in der Vergangenheit versäumt worden seien. »Dazu gehört auch: die Länder zum Ausbau eines dichteren Messnetzes bringen.«

Die befürchteten Beeinträchtigungen beim Ernteertrag infolge eines geringeren Düngemitteleinsatzes stellen für die Bauern allerdings nur ein Problem dar. Das zweite, immer drängendere, ist die anhaltende Trockenheit in vielen Regionen. Der Deutsche Bauernverband fordert deswegen finanzielle Unterstützung für Landwirte, die Ernteversicherungen abschließen. »Wir müssen weg von Krisenhilfen, hin zu einem System von Ernteversicherungen«, sagte Udo Hemmerling, Vize-Generalsekretär des Verbands, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. »Da wünschen wir uns einen staatlichen Zuschuss zu den Prämien.« Wenn es diesen Zuschuss gäbe, bräuchten die Landwirte keine Nothilfen mehr.

2018 war der Bund wegen einer starken Dürre mit fast 300 Millionen Euro Hilfen für die Betriebe eingesprungen. Die Auswirkungen der Klimakrise spüre schon jetzt fast jeder Hof, sagte Hemmerling: »Im Prinzip sind heute alle Landwirte davon betroffen. Vom Grünlandbauern bis zum Ackerbauern haben alle mit längeren Trockenperioden zu tun.«