Jens Mecklenburg

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Norddeutsche Ökobauern scheitern mit Klimaklage

Berliner Gericht weist Klage gegen Bundesregierung aus formalen Gründen ab
31. Oktober 2019

Das Berliner Verwaltungsgericht hat am Donnerstag, 31.10.2019, eine Klage von Ökolandwirten und Greenpeace abgewiesen, die zum Ziel hatte, die Bundesregierung zu mehr Klimaschutz zu zwingen. Dagegen ist eine Berufung möglich.

Das Berliner Verwaltungsgericht hat die bundesweit erste Klimaklage gegen die Bundesregierung aus formalen Gründen abgewiesen, aber eine Berufung zugelassen. „Wir müssen die Handlungsspielräume der Exekutive respektieren“, sagte Richter Hans-Ulrich Marticke und bat die Kläger um Verständnis. 

Geklagt hatten drei norddeutsche Familien mit landwirtschaftlichen Betrieben sowie Greenpeace. Die Familien sehen ihre Existenzgrundlage durch den Klimawandel bedroht und ihre Grundrechte aufgrund einer „verfehlten Klimapolitik“ verletzt. Sie wollten gemeinsam mit der Umweltschutzorganisation erreichen, dass der deutsche CO₂-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt wird.

Claus Bohm und seine Kinder. © Gordon Welters/ Greenpeace


Klimaschutzplan

Das bereits 2007 vereinbarte Ziel, die Emissionen zu senken, verfehlt Deutschland mit Stand von heute deutlich. Allerdings gab es bisher auch kein Gesetz, in dem dieses Ziel festgeschrieben war, sondern nur einen „Klimaschutzplan“. Die Kläger argumentierten dagegen, dass Beschlüsse einer Regierung keine bloßen politischen Willensbekundungen seien, sondern juristisch verbindliche Rechtsakte. Die Bundesregierung habe darüber hinaus Maßnahmen unterlassen, die verfassungsrechtlich als Mindestmaß an Klimaschutz geboten seien.

Das Bundesumweltministerium sieht in der Entscheidung keinen Rückschlag für den Klimaschutz. „Es wurden heute Rechtsfragen geklärt, keine politischen Fragen“, sagte ein Sprecher. „Die Kläger und uns eint dasselbe Ziel: eine Klimapolitik, mit der Deutschland seine Klimaziele wieder erreicht.“ Daran arbeite die Bundesregierung.

Die drei Familien leben im Alten Land in Niedersachsen, auf der Insel Pellworm in Schleswig-Holstein und in der Lausitz in Brandenburg.

Die Verhandlung wurde im Vorfeld begleitet von einer friedlichen Solidaritätskundgebung vor dem Gerichtsgebäude mit rund 100 Teilnehmern. Von der Nordseeinsel Pellworm waren 40 Unterstützerinnen und Unterstützer mit einem eigens gecharterten Bus angereist, aus Brandenburg kamen Landwirte mit ihren Traktoren. Zeitgleich übergab Greenpeace am Bundeskanzleramt eine von 134.867 Unterstützerinnen und Unterstützern der Klimaklage unterzeichnete Petition. Die Bundesregierung wurde durch das Umweltministerium von Ministerin Svenja Schulze (SPD) vertreten.

Das sagen die Kläger zum Urteil

Silke und Jörg Backsen. © Gordon Welters/ Greenpeace

Anike Peters, Greenpeace-Klimaexpertin und Initiatorin der Klimaklage sagte zum Urteil: „Das Gericht hat heute bestätigt: Klimaschutz ist Grundrechtsschutz. Wir werden jetzt prüfen, welchen Weg wir mit unserer Klage weiter einschlagen werden. Denn wir sind der Ansicht, dass das Gericht heute unter seinen Möglichkeiten geblieben ist.“

Silke Backsen, Klägerin und Bio-Landwirtin von der Insel Pellworm zeigte sich enttäuscht: „Ich bin enttäuscht von dieser halbherzigen Entscheidung. Das Gericht hat nicht das getan, was gut für unsere Zukunft ist. Mit diesem Urteil wird keine Tonne CO2 eingespart. Wir sind schon jetzt von der Klimakrise betroffen – ganz konkret. Wie schlimm soll es denn noch werden?“

Roda Verheyen, Rechtsanwältin der Klagepartei, sieht weitere Spielräume: „Erstmals hat ein deutsches Gericht festgestellt, dass Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern durch die Folgen der Erderwärmung verletzt sein können. Zum heutigen Zeitpunkt nahm das Gericht zwar noch keine Verletzung an, für die Zukunft lässt sich das jedoch nicht ausschließen. Festzuhalten bleibt: Klimaschutz ist Grundrechtsschutz. Die deutsche Klimaschutzpolitik muss sich danach richten.“

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