Barbara Maier

Autorin

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Mythos Stutenmilch

Schmackhaft und heilend
17. August 2018

Stutenmilch wird in China schon seit 3000 Jahren sowohl als Nahrungsmittel wie auch als Heilmedizin genutzt. Heutzutage gilt sie nicht nur als ein etwas außergewöhnlicheres Nahrungsmittel, sondern wird auf Rat so manch eines Heilpraktikers gerne gegen Neurodermitis und Schuppenflechte, sowie gegen Darmkrankheiten wie Colitis Ulcerosa und Morbus Kron eingesetzt. Laut der Befürworter mit beachtlichen Ergebnissen. Auch aus Geschmacksgründen gibt es viele Menschen, die sie der Kuhmilch vorziehen. Doch sie ist nicht so einfach zu bekommen und im Verhältnis zur Kuhmilch auch wesentlich teurer. Hierzulande werden Stuten nicht darauf hin gezüchtet als Milchherstellungsnutztier zu fungieren, da sie erheblich weniger Milch produzieren als ihre gehörnten Kolleginnen.

© Haflingerhof Seraphin

Geschichte der Stutenmilch

Bekannt ist, dass russische Mediziner in der neueren Geschichte die ersten waren, die Stutenmilch zur Heilung bestimmter Krankheiten nutzten. Im Jahre 1858 entstand in Samara das erste Stutenmilchsanatorium. Hier sollen vor allem Psoriasis, Schuppenflechte, und Neurodermitis erfolgreich behandelt worden sein. Sogar gegen Tuberkulose soll eine Therapie mit Kumys, vergorene Stutenmilch, oft Erfolg gehabt haben.

Der russische Autor Leo Tolstoi, der nach eigenen Angaben täglich ein Gläschen Stutenmilch zu sich nahm, schrieb über diese Milch, dass sie „seinen Körper regenerieren und seinen Geist beflügeln würde“.

Auch der deutsche Arzt, Dr. Rudolf Storch, der 1959 aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrte, war sehr beeindruckt von dem Erfolg, den man in Russland mit der Stutenmilchtherapie erzielte. Er beschloss, dieses Heilverfahren in seiner Heimat bekannt machen. Kurze Zeit später gründete er das erste Stutenmilchgestüt. Mit der dort gewonnenen Milch verzeichnete er beachtliche therapeutische Erfolge.


Immer noch ein Nischenprodukt

Trotz der positiven Berichte aus der kürzeren und längeren Vergangenheit, hat Stutenmilch nicht den Schritt in unseren täglichen Alltag oder unsere Hausapotheke geschafft. Der Grund hierfür ist unklar. Liegt es nur daran, dass sie wesentlich teurer als unsere heißgeliebte Kuhmilch ist? Im Durchschnitt kostet der Liter etwa 13 Euro. Aber Trüffel sind auch teurer als Champignons und Champagner ist teurer als Sekt, trotzdem werden diese Produkte nicht nur vereinzelt gekauft. Am Preis scheint es demnach nicht zu liegen.

Stutenmilch ist nicht im Supermarkt zu bekommen, sondern man muss schon ein bisschen recherchieren, um einen für sich einigermaßen in der Nähe befindlichen Anbieter zu finden. Doch im Zeitalter des Internets und der Lieferservices ist auch das kein Problem.

Ist es möglich, dass wenn schon nicht aus Genussgründen, so doch aus therapeutischer Sicht gesehen, Stutenmilch einfach ein zu profanes Heilmittel wäre? Zu profan um wirklich ernst genommen zu werden? Andererseits nehmen täglich viele Menschen Nahrungsmittel zu sich, einfach deswegen, weil sie den Ruf haben, gesundheitsfördernde Stoffe zu enthalten. Wohlgemerkt nur „gesundheitsfördernde“ – nicht „heilende“!

© Haflingerhof Seraphin

Alltag im Milchstuten Leben

Gespräche mit zwei Betreibern von Stutenmilchhöfen in Schleswig-Holstein, die nach Bio Demeter Richtlinien arbeiten, haben gezeigt, dass die Gewinnung von Stutenmilch in keiner Weise mit der Gewinnung von Kuhmilch verglichen werden kann. In der konventionellen Kuhmilchgewinnung, und das sind über 90 Prozent, wird das Kalb spätestens am dritten Tag für immer von der Mutter getrennt. Damit steht die gesamte von der Kuh erzeugte Milchmenge dem Betreiber des Milchviehbetriebes zum Verkauf zur Verfügung.

Bei der Gewinnung von Stutenmilch sieht es völlig anders aus. Die ersten 4 – 6 Wochen verbleiben die Fohlen rund um die Uhr bei ihrer Mutter, um jederzeit die Muttermilchbar nutzen zu können. Nach diesen 4 – 6 Wochen werden die Kleinen nach und nach daran gewöhnt, für eine kurze und dann längere Zeit in den Fohlenkindergarten zu gehen, wo sie mit anderen Pferdekindern spielen und kuscheln. Während dieser Stunden stehen ihnen Wasser und Heu zur freien Verfügung. Bevor und nachdem sie sich im „Kindergarten“ aufhalten, bleiben die Kleinen bei ihren Müttern und werden jederzeit von ihnen gesäugt.

Während die Fohlen sich miteinander vergnügen, wird die Mama bis zu 3x pro Tag gemolken und gibt jedes Mal eine Milchmenge von 1 bis 3 Litern. Ein Fohlen trinkt etwa 16 bis 20 Liter.

Ca. 9 Monate bleiben die Fohlen bei ihren Müttern, dann sind sie groß genug sich ausschließlich von frischen Gras und Heu zu ernähren. Die Stuten mit ihren Fohlen sowie die Hengste leben im Herdenverband ganzjährig auf der Weide.

Doch entgegen landläufiger Meinungen werden die heran Wachsenden nun nicht zum Schlachthof gebracht, sondern an Privatleute für den Reit- und Fuhrbetrieb verkauft. Die Mütter dieser Jungtiere haben nun mindestens ein Jahr lang Zeit, sich von der Schwangerschaft und Stillzeit zu erholen und werden erst danach erneut befruchtet.

Entgegen einer Milchkuh, gibt eine Stute nur solange Milch, wie sie ein Fohlen säugt. Ist dieses entwöhnt, ist es mit dem Milchfluss vorbei.

Beide Betreiber der Stutenmilchhöfe haben den Eindruck, viele Menschen schreckten davor zurück, die Milch von einem so schönen und edlen Tier zu trinken, dem eher ein Haustiercharakter als der eines Nutztieres anhaftet. Zudem herrscht wohl die überwiegende Meinung vor, die armen Fohlen müssten durch das Melken des Muttertieres völlig unterernährt vor sich hin leiden.

© Haflingerhof Seraphin

Heilung mit Stutenmilch?

Maike Höffken, eine Heilpraktikerin die seit vielen Jahren ihre Patienten unter anderem auch mit Stutenmilch behandelt, hat ganz ähnliche Erfahrungen wie die bereits erwähnten Chinesen und Russen gemacht. Sie erzählte auch, dass früher, wenn eines der Kinder in Großmutters Augen etwas „mickerig“ aussah, die Oma es erst einmal mit Stutenmilch wieder aufgepäppelt habe. Höffken berichtet von erstaunlichen Linderungen und Heilungen diverser Krankheiten. Von Neurodermitis, Psoriasis über Immunschwäche, Lungen- und Bronchialkrankheiten bis hin zu Darmerkrankungen wie Morbus Crohn hat sie viele Erfolge erlebt. Über die Wirkungsweise der Stutenmilch und ihre Erfahrungen mit der Behandlung mit derselben hat sie vor Jahren bereits ein Buch geschrieben.

Auch Prof. Dr. habil. Rainer Schubert, ehemals am Institut für Ernährungswissenschaften in Jena, ist ein absoluter Befürworter des Stutenmilchgenusses. Schubert hat Studien über Stutenmilch und ihre Wirksamkeit bei diversen Krankheiten veröffentlicht und ist seit seiner Pensionierung, Vorsitzender des Bundesverbands deutscher Stutenmilcherzeuger.


Die Milch an sich

Stutenmilch ist die der menschlichen Muttermilch am ähnlichsten. In früheren Zeiten war es nicht unüblich, ein Menschenbaby, dessen Mutter nicht in der Lage war es zu stillen, mit Stutenmilch, der ein paar Tropfen Leinöl zugeführt wurde, zu füttern. Laut Berichten gediehen diese Babys genau so gut wie die von ihren Müttern gestillten.

Auch in anthropologisch orientierten Kliniken wird den Frühchen Stutenmilch durch eine Sonde verabreicht.

Stutenmilch enthält viel Molkeproteine, hat einen hohen Enzymgehalt, enthält Immunglobulin A und viele Vitamine und hat dafür nur ca. 1% Fett. Die Milch ist dadurch flüssiger, hat einen süßlichen Geschmack und erinnert ein wenig an Kokosmilch.

Stutenmilch wird direkt nach dem Melken schockgefroren. So bleiben die sensiblen und gesundheitsfördernden Inhaltsstoffe erhalten. Die Stutenmilch wird vor dem Verbrauch in einem warmen Wasserbad, nicht über 40 Grad, schonend aufgetaut und dann sofort verzehrt.

Laut Stutenmilcherzeuger Jan-Oliver Becker, unterliegt die Vermarktung der Milch ebenso strengen Gesetzten, wie die Rohmilchvermarktung von Milchkühen. Alle vier Wochen wird der Betrieb von der Landwirtschaftskammer kontrolliert, der Melkstand wird penibel sauber gehalten.

Beide befragten Stutenmilcherzeuger züchten Haflinger, eine noch ursprüngliche Pferderasse, die nicht hochgezüchtet oder mit anderen Rassen gekreuzt wurde. Diese Pferde zeichnen sich durch Robustheit und ein gelassenes Wesen aus. Wenn sie dann auch noch so artgerecht gehalten und umsichtig gepflegt werden, wie bei diesen schleswig-holsteinischen Züchtern, steht dem Genuss dieser besonderen Milch nichts mehr im Wege. Und wer weiß, vielleicht verschwindet dadurch auch das eine oder andere Zipperlein!?

© Becker „Happy Horse Farm“

Hier bekommt man Stutenmilch:

 

Happy Horse Farm
Jan-Oliver Becker
Blekendorfer Berg 10 d
24327 Blekendorf
Handy: 0174/ 91 93 919
www.happy-horse-farm.de
info@happy-horse-farm.de

 

Haflingerhof Seraphin
Heerstraße 20A
23823 Seedorf
Tel.: 04555 531
www.haflingerhof-seraphin.de
info@haflingerhof-seraphin.de

 

Naturheilpraxis Maike Höffken
25746 Heide
Sickendamm 10
Tel.: 0481 120 801 80
Fax: 0481 120 802 90
E-Mail: maikehoeffken@kabelmail.net