Barbara Maier

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Kohldorado

Nordbauer KOHLosseum
21. Oktober 2021

In der historischen Zuckerfabrik in Wesselburen an der Westküste Schleswig-Holsteins ist Kohl der König. Das KOHLosseum ist ein Gesamtkunstwerk aus Krautwerkstatt, Museum und Bauernmarkt und ein Nordbauer. 

Foto Kohlosseum V.l. Wilken Boie Martin Kehl Frei © Kohlosseum


Kohl mit Historie

Schon die Griechen und Römer der Antike kannten und schätzten Kohl. Sie kultivierten ihn bereits ca. 3. v.Ch. Die Griechen nannten ihn „Krambe“, und das heißt so viel wie Meerkohl. Denn Kohlpflanzen lieben das feuchte Seeklima. So sind die Marschböden in Dithmarschen rund um Wesselburen durch die Qualität der Bodenbeschaffenheit und die Nähe zu den Meeren wie für den Kohlanbau gemacht. 

Die deutsche „Kohlkammer“ liegt im Schutz der Dithmarscher Deiche in den Marschen. Durch Revolutionierung des Gemüseanbaus sowie durch die günstigen Boden- und Klimaverhältnisse entwickelte sich Dithmarschen in rund 130 Jahren zum größten geschlossenen Kohlanbaugebiet Deutschlands.

Trotz der antiken Vorgeschichte ist gerade der Weißkohl „urdeutsch“. Und tatsächlich gehört Deutschland zu den weltweit führenden Anbauländern. Allein hier in Dithmarschen werden jährlich 80 Millionen Kohlköpfe geerntet. Die Wiege für Europas größtes Kohlanbaugebiet liegt in Wesselburen. Schon 1891 begann der Hausgärtner Eduard Lass mit seinen Anbauversuchen für Weißkohl. Es wurde eine unvergleichliche Erfolgsgeschichte. 

Wesselburen liegt an der Westküste von Schleswig-Holstein am Rande der Eider, zwischen Büsum und St. Peter-Ording. Hier erbaute 1865 der Belgier Charles de Vos das Gebäude des heutigen KOHLosseums – die größte Zuckerfabrik in Schleswig-Holstein. 

Im Jahre 1948 erwarb die Familie Philipp das Gebäude und baute dieses zu einer modernen Sauerkraut-Konserven-Fabrik um. 1995 wurde die Fabrik stillgelegt.  

Langezeit wurde der gehobelte Weißkohl noch mit Füßen getreten. Aber nicht etwa, weil er als minderwertig galt, sondern weil es eine wirkungsvolle Methode war, das gesalzene Kraut in großen Eichenfässern Lage um Lage mit den Füßen zu stampfen, bis die Zellen platzten und den „Saft“ freigaben, der für die Gärung von Sauerkraut so wichtig ist. So kam man in früheren Zeiten gesund und fit durch den Winter. Heute wird Sauerkraut das ganze Jahr über genossen und in feinen Restaurants gelegentlich sogar mit Champagner vermählt. 

© Kohlosseum


Das KOHLosseum

Hubert Nickels, ehemaliger Produktions- und Betriebsleiter in der Firma Philipp & Co. Wesselburen (er verstarb 2019), beschloss gemeinsam mit Martin Kehl und Achim Krumbiegel das KOHLosseum ins Leben zu rufen. Dieses besteht nun seit 1995. Zuerst firmierte es als AG die später in eine GmbH umgewandelt wurde. Im September 2002 wurde dann der Förderverein KOHLosseum e.V. gegründet. 

Seit 2011 ist Wilken Boie Geschäftsführer, Achim Krumbiegel ist Vorsitzender im Vorstand des Fördervereins, Martin Kehl widmet sich hauptsächlich der Dithmarscher Geschichte. Zweck des Vereins ist die Förderung der Heimatpflege und der Heimatkunde. Der Satzungszweck wird insbesondere verwirklicht durch Veranstaltungen wissenschaftlicher und wirtschaftspolitischer Vorträge über Kohl, Kohlanbau und die frühere und heutige Sauerkrautherstellung in der Region Wesselburen und Dithmarschen, sowie die Förderung von Einrichtungen und die Durchführung und Unterstützung von Veranstaltungen in diesem Bereich. 

In dem KOHLosseum nimmt allein der Bauernmarkt eine Fläche von 400 von insgesamt 1.500 Quadratmetern ein. Des Weiteren befinden sich hier die Krautwerkstatt, die gläserne Produktion, Lager- und Kühlhallen, sowie die Versandabteilung für den Online-Handel.



Kohlmuseum

Im oberen Teil des KOHLosseums befindet sich das Kohlmuseum. In diesem wird die Kohlverarbeitung heute und damals anschaulich dargestellt. Martin Kehl leitet die Führungen durch das Museum. Seine langjährige Erfahrung in der Landwirtschaft macht ihn zu einem wandelnden Geschichtsbuch über unsere Region und den Kohlanbau. Seine Führungen sind begleitet von kleinen Anekdoten auf Plattdüütsch sowie ausführlichen Berichten über Dithmarschen, die Landwirtschaft und die Kohlgeschichte. Für das Museum wurden über die Jahrzehnte zahlreiche Ausstellungsstücke gesammelt wie z.B. alte Kohlpflanz-und Schneidemaschinen, Ackergeräte, alte Holzsauerkrautfässer, diverse Kohl-Verarbeitungsgeräte, historische Bilder und vieles andere mehr.



Kohl und Kohlprodukte

Kohl ist, da er im Spätherbst geerntet wird, ein typische Wintergemüse und gut lagerbar. Im KOHLosseum in Wesselburen stampfen Geschäftsführer Wilken Boie und sein Team den Kohl für das Sauerkraut zwar nicht mehr mit den Füßen  – hier kommt durchaus moderne Technik zum Einsatz – aber die von Hubert Nickels entwickelte Milchsäuregärung basiert auf alten Wissen und traditionellen Handwerk. Sein Verfahren kommt ohne Hitzeeinwirkung aus und ist eine altbewährte Konservierungsmethode, bei der alle natürlichen und wertvollen Bestandteile der Pflanzen erhalten bleiben, darunter Kalzium, Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe. Das milde Sauerkraut – aus Bio-Weißkohl der Region – wird direkt im Glas vergoren, welches durch einen Spezialdeckel, durch den die entstehenden Gase entweichen können, verschlossen ist. Unter dieser Herstellungsmethode ist das Kraut neun Monate haltbar und so gesund wie der frische Kohl und kulinarisch von erster Güte. Die Art der Verarbeitung haben sich die Gründer des KOHLosseums patentrechtlich schützen lassen.

© Kohlosseum

Obwohl der Kohl in Dithmarschen unter allerbesten Bodenbedingungen heranwächst, macht sich auch hier der Klimawandel bemerkbar. Der Geschäftsführer Wilken Boie sagt dazu: „Da die Winter inzwischen 1-2 Grad wärmer als früher sind, ist es schwerer geworden den Kohl zu lagern. Man braucht nun wesentlich mehr Kühlzellen. Auch extreme Nässe mag ein Kohl nicht. Wenn er 24 Stunden lang im Nassen stehen muss, ist er danach nicht mehr lange haltbar und auch nicht mehr über längere Zeit lagerfähig.“

Die innovativen Krautexperten (Hubert Nickels trug den ihm vom NDR verliehenen Titel „Sauerkrautpapst“ mit Stolz) stellen mit ihren 20 Mitarbeitern allerlei Produkte aus insgesamt 40 Kohlsorten her. Diese werden aus der direkten Nachbarschaft von mehreren Bio-Höfen bezogen, gelagert, verarbeitet und auf dem eigenen Bauernmarkt verkauft und durch den Biogroßhandel in den Handel gebracht. Allein vier verschiedene Sauerkrautsorten, wie zum Beispiel Sauerkraut mit Gemüseallerlei oder Küsten-Kimchi mit Knoblauch, Ingwer und Chili werden hier hergestellt; auch Rot- und Weißkrautkrautsaft, Krautschnaps, Weißkohlsalbe mit Bienenwachs und Honig gegen schmerzende Gelenke sowie Haarshampoo gehören zum Programm. 



Der Bauernmarkt

Im Bauernmarkt werden neben dem Sauerkraut und den anderen Kohlprodukten auch Produkte anderer Direkterzeuger aus der Region und von Nordbauernkollegen wie Fleischspezialitäten und Marmeladen angeboten. Natürlich dürfen Schaffelle und Wollsocken nicht fehlen, ist doch Dithmarschen nicht nur die Heimat von Kohlköpfen sondern auch von zehntausenden Schafen, die sich um den Küstenschutz verdient machen.

Das KOHLosseums ist Mitglied bei dem Nordbauern Schleswig-Holstein e.V., einer Vereinigung Norddeutscher Direktvermarkter, die sich gegenseitig unterstützen und sich für heimische Produkte und ihrer Wertschätzung einsetzen. Dazu gehört unbedingt auch Kohl und Sauerkraut. 

Zu den Nordbauern: www.nordbauern.de

 

KOHLosseum

Bahnhofstraße 20

25764 Wesselburen

Tel. 04833/45890

www.kohlosseum.de

 

 

Öffnungszeiten Bauernmarkt & Museum

 

Mo. bis Fr.  09.00 – 17.00, Sa.  10.00 – 13.00 (Nov. – Ostern)

Mo. bis Fr.  09.00 – 18.00, Sa. 10.00 – 15.00 (Ostern – Okt.)

 

Vom 1. Jan. bis zu den Osterferien ist am Montag geschlossen

 

 Vorführung in der Krautwerkstatt: Dienstag, Mittwoch, Donnerstag um 14.00, 15.00 und 16.00 Uhr