Barbara Maier

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Klima retten durch Rinder keulen?

Irland will viele Kühe abschaffen
21. Juli 2023

Die glücklichsten Kühe leben, wenn man der Butterwerbung Glauben schenkt, in Irland. Doch dieses Glück kann nun bald vorbei sein. Denn Irland möchte die Emissionen von Treibhausgasen um 30 Prozent im Vergleich zu 2005 senken und dafür sollen, wie in einem internen Papier des Landwirtschaftsministeriums in Dublin erwogen wird, 195.000 Kühe getötet werden. 

© Rieckens Landmilch

In Irland leben bei einer Einwohnerzahl von gut fünf Millionen mehr als sieben Millionen Rinder. In Deutschland lebten im Jahr 2022 elf Millionen Rinder bei einer Einwohnerzahl von gut 84,4 Millionen. Bei der in Irland verhältnismäßig kleinen Anzahl Menschen bleibt natürlich wesentlich mehr Platz für die Tiere und deren Weiden – so viel Platz, dass tatsächlich die meisten der irländischen Milchkühe im Schnitt zwischen 270 und 320 Tagen im Jahr draußen auf den Weiden grasen können. Das ist auch deshalb möglich, da das Gras wegen des milden Klimas in Irland fast das ganze Jahr hindurch wächst.

Hochwertige Butter durch glückliche Kühe 

Durch die Weidehaltung wird die Butter dieser Kühe qualitativ als sehr hochwertig angesehen. So hat sie sich ihren Platz in Supermarktregalen in vielen Teilen der Welt erobert. Nicht schwer zu glauben, dass Irland der führende EU-Exporteur von Butter in Drittländer ist. Bestätigt wird diese Aussage mit den aktuellen Zahlen der Milchmarktbeobachtungsstelle (MMO) in Brüssel. Neben den Niederlanden ist Irland auch für Deutschland der wichtigste Butter-Lieferant. 

Mit den glücklichen irischen Kühen kann es laut eines internen Papiers des Landwirtschaftsministeriums in Dublin in den nächsten drei Jahren stark bergab gehen. Die Umweltbehörde EPA hat erst vor kurzem mitgeteilt, dass das Land seine Klimaziele voraussichtlich deutlich verfehlen werde. Und nun sollen die Kühe herhalten. Und weniger irische Kühe bedeuten auch weniger irische Butter.

Klimaziele verfehlt 

In den Unterlagen des Ministeriums wird darauf hingewiesen, dass die bis jetzt geplanten Maßnahmen, um die Ziele zur Bekämpfung des Klimawandels zu erreichen, nicht ausreichen würden. Laut eines Berichts der Umweltschutzbehörde im Jahr 2021 wurde der Landwirtschaftssektor für 38 Prozent der irischen Treibhausgase verantwortlich gemacht. In der Europäischen Union ist das der höchste Prozentsatz. Inzwischen vertritt das Ministerium die Meinung, dass in den kommenden Jahren zehn Prozent des Viehbestands durch andere Aktivitäten ersetzt werden müssten. Welche das sein könnten, wurde nicht erwähnt. 

Irland möchte im Rahmen der EU-Verordnung bis 2030 die Emissionen von Treibhausgasen offiziell um 30 Prozent im Vergleich zu 2005 senken. Dabei soll der Landwirtschaftssektor ein Viertel der Gase einsparen, obwohl die irische Regierung die Bauern bis vor kurzem noch ermutigt hatte zu expandieren. Einige Viehbetriebe haben die Anzahl ihrer Rinder daraufhin verfünffacht. Alleine im Jahr 2015 wurde die Kuhmilcherzeugung um über 24 Prozent gesteigert. 

Der „Irish Independent“ ist der Meinung, dass „Keulung“ die Lösung der Probleme wäre. Das würde bedeuten, das jährlich 65.000 Milchkühe in den Jahren 2023, 2024 und 2025 dem „Markt entnommen“ werden müssten. Davon betroffen wären um die 18.000 Milchbauern mit ihren 2,5 Millionen Kühen, die sich von dem Vorschlag des Ministeriums völlig überrollt fühlen.

Alternativen 

Der irische Agrarminister Charlie Mc Conalogue hat bereits ein freiwilliges Klimaprogramm zur Verringerung des Milchviehbestands in Erwägung gezogen.  

© Ingo Wandmacher

Pat McCormack, Präsident des Verbands der irischen Milchlieferanten, sagte der Deutschen Presse Agentur, „Es sollte bilaterale Gespräche geben, um einen Plan zu erstellen, der die ganze Branche mit ins Boot holt. Die Regierung muss Engagement zeigen und ein Budget vorlegen, um das zu finanzieren.“ Auch er ist der Meinung, dass so ein Programm nur freiwillig sein könne. 

Der „Irish Independent“ veröffentlichte zwischenzeitlich ein Papier. In diesem soll die Rede davon sein, dass bisherige in der Landwirtschaft festgelegte „Kernmaßnahmen“ zur Verringerung der Emissionen, zukünftig in Kombination mit der „Verlagerung“ von Viehbeständen ein Weg zur Einhaltung der Klimaziele sein könnte. 

Eine Sprecherin des Agrarministeriums sagte, dass die Regierung fest entschlossen sei den Landwirten finanziell attraktive, freiwillige Optionen zu bieten, zu denen auch die Diversifizierung gehöre. Im „Independent“ ist dazu von 3.000 Euro je Kuh und jährlich 200 Millionen Euro bis 2025 die Rede. 

Sie betonte jedoch auch, dass dieses Papier zu verschiedenen noch zu prüfenden Optionen gehöre und Teil eines Beratungsprozesses sei. Um eine endgültige politische Entscheidung würde es sich nicht handeln. Weiter sagte die Sprecherin, dass die Branche bereits ein hohes Maß an Nachhaltigkeit gezeigt habe und man diesen Ehrgeiz nun ausbauen müsse.

Wie sieht es in anderen Ländern aus? 

Nicht nur in Irland diskutiert man über Kühe. Pläne, die Anzahl der Kühe deutlich zu verringern gibt es auch in anderen Ländern. Da mahnte beispielsweise der französische Rechnungshof vor kurzem eine Strategie an: So soll in Frankreich die stark subventionierte Rinderhaltung für 11,8 Prozent des Treibhausgasausstoßes verantwortlich sein. Dieser Prozentsatz ist mit den Emissionen der Wohngebäude vergleichbar. Der Viehbestand müsse deutlich schrumpfen, um den Verpflichtungen nachzukommen. 

Keine entsprechenden Pläne gibt es hierzulande. Ein Sprecher des Bundesagrarministeriums sagte dazu, „Für Deutschland ist das weder angedacht, noch wird darüber diskutiert. Der Landwirtschaftssektor hat in den vergangenen Jahren seinen Treibhausgasausstoß kontinuierlich gesenkt und erreicht das im Klimaschutzgesetz bislang vorgesehene Sektorenziel.“ 

Das ausgerechnet artgerecht gehaltene Milchkühe und mit ihnen hochwertige Butter für die Einhaltung der Klimaziele weichen sollen ist denkwürdig. Gibt es in Irland nicht etwas anderes, etwas das „schmerzfrei“ reduziert werden könnte? 

© Eva Wolf