Der Kreis Nordfriesland geht gegen illegale Ferienwohnungen vor. 2023 seien rund 100 Ferienappartements auf Sylt, den Nachbarinseln Amrum und Föhr sowie in den Nordseebädern Sankt Peter-Ording und Dagebüll stillgelegt worden, sagte Kreisbaurat Burkhard Jansen Spiegel Online. Demnach könnten allein auf Sylt rund 3.500 Wohnungen unerlaubt zur Vermietung an Touristen genutzt werden. Dort seien im vergangenen Jahr 50 Ferienwohnungen geschlossen worden.
Seine Behörde greife konsequent durch, um „den Gemeinden die Hoheit über ihre Planungsgebiete zurückzugeben“, sagte Jansen. Im Internet durchsuchen er und seine Mitarbeiter den Angaben zufolge Anzeigen für Ferienwohnungen in den Planungsgebieten des Kreises. Sie erhalten aber auch Hinweise. Wenn eine Wohnung gefunden wird, die an Touristen vermietet wird, aber nicht als solche ausgewiesen ist, verhängt der Kreis eine sogenannte Nutzungsuntersagung.
„Irgendwann musste ich feststellen, dass Investoren, Bürgerinnen und Bürger die Festsetzungen in den Bebauungsplänen eher als Empfehlung empfunden haben anstatt als Rechtssetzung“, sagte der Baurat.
Gemeinde Sylt kritisiert Vorgehen der Baubehörde
Der stellvertretende Bürgermeister der Gemeinde Sylt, Carsten Kerkamm, erwartet durch das Vorgehen „massive, teilweise dramatische Einschnitte für Sylter Hausbesitzer und für die Sylter Wirtschaft“. Zudem würden viele Sylter ihre Wohnungen ohne die Einnahmen durch die Vermietungen nicht mehr halten können, sagte der CDU-Politiker.
„Die Spannungen sind extrem geworden, Sylt funktioniert nicht mehr“, sagte der Baurat. „Was wir erleben, ist eine fortwährende illegale Umwandlung von Wohnraum“, sagte Jansen. Problematisch sei dabei, dass oft Auflagen des Brandschutzes oder für Fluchtwege nicht eingehalten würden. „Wir finden keinen gesunden Mix mehr zwischen Ferien-, Zweit- und Dauerwohnungen“, sagte er.
7.500 Ferienwohnungen und 11.000 Dauerwohnungen
2023 hatte Sylt laut Spiegel Online ein Beherbergungskonzept verabschiedet, das den Tourismus steuern sollte. Hintergrund sei ein Expertengutachten gewesen, das empfohlen habe, auf der Insel keine weiteren Ferienwohnungen mehr zu genehmigen. Demnach gibt es auf Sylt 7.500 Ferienwohnungen und 11.000 Dauerwohnungen.
„Die Gemeinden können die Bebauungspläne ändern“, sagte Baurat Jansen. Sylts Vizebürgermeister Kerkamm will prüfen, ob manche Ferienwohnungen nachträglich genehmigt werden können. Denn laut einem Sylter Unternehmerverband sei mindestens ein Drittel der Sylter Wirtschaftsleistung gefährdet.
Probleme an vielen beleibten Urlaubsorten
Die illegale Vermietung von Ferienwohnungen ist zunehmend ein Problem für Kreise und Gemeinden an den Küsten Schleswig-Holsteins. Sie blockieren Wohnraum und verstoßen gegen das Baurecht.
Eine Ferienwohnung bietet eine gute Alternative zum Urlaub im Hotel. Doch nicht alle in Schleswig-Holstein angebotenen Ferienwohnungen werden auch legal vermietet. Wie viele Ferienwohnungen ohne behördliche Genehmigung sind, ist unklar. Einige Kreise und Gemeinden wollen nun dagegen vorgehen, denn die illegalen Feriendomizile belasten die knappe Wohnraumsituation zusätzlich. Der Bürgermeister vom Timmendorfer Strand möchte keine „Sylter Verhältnisse“. Er geht von etwa 200 illegalen Ferienvermietungen in seiner Gemeinde aus.
Büsum
Angesichts des knappen Wohnraums sollen in Büsum Wohnungen in Wohngebieten Einheimischen vorbehalten sein. Deshalb will man illegale Ferienwohnungen dort nicht mehr akzeptieren. Nach Angaben der Gemeinde sollen, wo es möglich ist, die Bebauungspläne so angepasst werden, dass nur Erstwohnsitze erlaubt werden. Wer ohne Erlaubnis trotzdem an Urlauber vermietet, dem droht ein Bußgeld. Denn die Vermietung von illegalen Feriendomizilen verstoße nicht nur gegen das Baurecht, sondern sei auch Gewerbesteuerhinterziehung, heißt es von der Gemeinde Büsum.
St. Peter-Ording
St. Peter-Ording zählt jedes Jahr 2,75 Millionen Übernachtungen von Gästen. Dazu kommen Hochsaison eine halbe Million Tagestouristen Der Ort hat aber nur 4.000 Einwohner. Das führt zu Konflikten. Nun will die Gemeinde gegensteuern und das Verhältnis von Touristen und Gästen neu ordnen. Vermieter von illegalen Ferienwohnungen etwa werden abgemahnt.
Der Bürgermeister freut sich zwar über die steigende Beliebtheit seiner Gemeinde. Doch er sieht auch die Probleme. Etwa 4.000 Menschen wohnen und leben in St. Peter-Ording. Im Sommer ärgern die sich über lange Schlangen beim Bäcker, fehlende Parkplätze oder die Notwendigkeit, einen Restaurantbesuch eine Woche vorher zu reservieren. Lange sei im Ort der Tourismus in den Fokus genommen worden. „Da ist gefühlt oder vielleicht auch tatsächlich der Bürger mit seinen Bedürfnissen auf der Strecke geblieben. Dieses Spannungsfeld, das müssen wir jetzt einfach betrachten, das ist da“, sagt er. Ein erster Schritt: Auf Gemeindeflächen, die verkauft werden, dürfen keine Hotels neu gebaut werden.
Scharbeutz
Auch Scharbeutz will Tourismus wieder ins Gleichgewicht bringen
Viele Einwohner von Scharbeutz klagen über zu viele Touristen. Mit einem Bürgerdialog sucht die Gemeinde nach Lösungen.
Oberstes Ziel in allen Gemeinden ist es, bezahlbaren Wohnraum für Einheimische zu sichern oder wieder herzustellen. Die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Dienstleistungssektor oder dem Handwerk, reisen täglich über den Hindenburgdamm zu ihrer Arbeitsstelle an. Eine Wohnung können sie sich auf Sylt nicht leisten.