Im Winter befindet sich das Beste meist unter der Erde. Auch die süßlich schmeckende, milchhaltige Haferwurzel, die schon in der Antike als Gemüse bekannt war und geröstet, gebacken oder in die Suppe gegeben wurde. Bereits im 4. vorchristlichen Jahrhundert wurde die cremefarbene Pfahlwurzel aus dem Mittelmeerraum erwähnt. Im 16. Jahrhundert wurde sie kultiviert und blieb über Jahrhunderte ein beliebtes (Winter-)Gemüse, nahrhaft und wohlschmeckend.
Macht den Buben stark
Der Botaniker und lutherische Prediger Hieronymus Bock schreibt im 16. Jahrhundert über die „süßen Wurzeln die Kinder essen“. Im Alemannischen heißt es: „Habermark macht d‘ Bube stark.“ Noch im 18. Jahrhundert war die Haferwurzel (Tragopogon porrifolius) in Mitteleuropa weit verbreitet. Auch im deutschsprachigen Raum von nord nach süd wurde sie geschätzt, bevor sie von der ertragreicheren Schwarzwurzel im 19. Jahrhundert verdrängt wurde und langsam in Vergessenheit geriet.
Bekannt ist die Haferwurzel auch als Haferwurz, Bocksbart, Weiße Schwarzwurzel und Austernpflanze. Bei der Zubereitung entwickelt die Wurzel tatsächlich ein zartes Austern-Aroma, und bis heute gilt die „oyster plant“ in Großbritannien als Delikatesse. Auch wenn die cremefarbene, 15 bis 30 cm lange Haferwurzel so gar nicht danach aussieht: Wie die Schwarzwurzel färbt ihr milchiger Saft die Hände braun.
Diabetikergeeignet
Dem Gemüse werden auch heilende Kräfte nachgesagt. Der englische Arzt Nicholas Culpeper empfahl sie im 17 Jahrhundert zur Stärkung bei Schwindsucht und als Leber- und Gallentonikum. Das glutenfreie, an Inulin reiche Gemüse, eine unverdauliche Zuckerart, ist auch für Diabetiker interessant.
Im Frühsommer kann man sich an pfirsichroten bis violetten Blüten erfreuen, die nicht nur hübsch aussehen, sondern sich auch gut im Salat machen.
Die süßen Wurzeln sind vielseitig in der Küche verwendbar, nicht nur im Auflauf, als Gemüse oder Suppe, sondern zum Beispiel auch in einem winterlichen Salat aus Feldsalat, Äpfeln und/oder Orangen mit Nüssen und einer Sauce aus Sahne, Zitrone (Saft und Schale) und Zucker. Im Gegensatz zur Schwarzwurzel, muss man die Haferwurzel übrigens nicht unbedingt schälen und kommt deshalb nicht mit dem klebrigen Milchsaft in Berührung. Gut abbürsten reicht in vielen Fällen.
Die Haferwurzel ist zunehmend wieder in privaten Gärten zu finden, auch einige (Bio)Bauern bauen sie wieder an. Zu Recht: Denn welches andere Gemüse schmeckt schon nach Auster?
Rezept für eine Haferwurzelsuppe
Zutaten
800 g Haferwurzeln
1 kg Zwiebeln
6 Lorbeerblätter
1 TL Kümmel
2 Nelken
4 EL Butter
300 ml Rotwein
800 ml Gemüsebrühe
2 EL Rosenpaprika
200 ml Sahne
1 Bd. Schnittlauch
Etwas Majoran
Pfeffer, Kräutersalz
Zubereitung
Die gepellten, klein geschnittenen Zwiebeln zusammen mit den Lorbeerblättern, Nelken und dem Kümmel in einem Topf mit der Butter erwärmen und 30 Minuten bei kleiner Hitze dämpfen.
Mit dem Rotwein und der Brühe ablöschen, mit Rosenpaprika, Pfeffer und Kräutersalz abschmecken und einige Majoranblättchen zufügen.
Die Haferwurzeln abbürsten, in Stücke schneiden, in die Brühe geben und einige Minuten auf kleiner Hitze mitkochen.
Sahne und klein geschnittenem Schnittlauch unterrühren und noch einige Minuten köcheln lassen.
Solo oder zusammen mit Salzkartoffeln servieren.
Tipp
Wer die dünne Schale der Haferwurzel nicht mitessen möchte, schält sie unter fließendem Wasser mit dem Sparschäler. Danach sofort in Zitronenwasser legen, damit sie nicht braun verfärben.