Fit bis ins hohe Alter

Gesundheitsratgeber des Bremer Altersforschers Sven Voelpel sind Bestseller
12. Juli 2021

Ein Beitrag von Janet Binder

Gesund und fit bleiben bis ins hohe Alter: Darauf hoffen viele Menschen. Sven Voelpel, Professor an der Bremer Jacobs University, hat viele Tipps, wie das gehen könnte. Er hat dazu zwei Bestseller geschrieben. Jetzt arbeitet er an einem neuen Gesundheitsratgeber.

Sven Voelpel lehrt und forscht seit 2004 als Professor für Betriebswirtschaft an der Jacobs University Bremen. © WFB/Voelpel

Der Tag von Sven Voelpel beginnt jeden Morgen mit einer Zitrone. Der 47-Jährige schneidet sie in der Mitte durch und drückt mit den Händen die Flüssigkeit beider Hälften in ein Glas. Den Saft trinkt er auf nüchternen Magen pur, ohne Wasserzusatz. „Schmeckt lecker“, sagt Voelpel. Der Geschmack ist aber nicht der Grund für seine Morgenroutine. Der Bremer Altersforscher schlägt mit ihr zwei Fliegen mit einer Klappe: Er trainiert mit dem Auspressen die Kraft seiner Hände und verhindert mit dem Trinken, dass sich die Magenschleimhaut entzündet. „Gastritis ist ein weit verbreitetes Problem, zu 80 Prozent wird sie durch Bakterien verursacht. Mit Zitronensaft macht man den Bakterien den Garaus“, sagt Voelpel.


Ratgeber wurde sogar ins Koreanische übersetzt

Mit Tipps wie diesen ist Sven Voelpel gerade ein gefragter Interviewpartner in den Medien. Er hat mit „Die Jungbrunnenformel – Wie wir bis ins hohe Alter gesund bleiben“ und „Entscheide selbst, wie alt Du bist“ zwei Bestseller geschrieben. Letzterer wurde sogar ins Koreanische übersetzt. Gerade sitzt er am nächsten Gesundheitsratgeber. Voelpel ist aber nicht nur Autor: Seit 2004 lehrt und forscht er als Professor für Betriebswirtschaft an der Jacobs University Bremen. Zu seinen Schwerpunkten gehören der demographische Wandel sowie Unternehmertum und Innovation.


Voelpel war wissenschaftlicher Partner der Ausstellung „Ey Alter“

Voelpel ist zudem Gründer des „WISE Demografie Netzwerks“ an der Jacobs University, in dem Forschende und Unternehmen an Lösungen für Personalprobleme arbeiten, die durch die gesellschaftliche Überalterung entstehen. Dabei geht es auch darum, wie Mitarbeitende im Alter leistungsfähig bleiben. Als wissenschaftlicher Partner betreute Voelpel die Ausstellung „Ey Alter“. Die Schau war im Universum Bremen sowie in Stuttgart und Berlin zu sehen. Sie zeigte die Chancen des demografischen Wandels auf und ging der Frage nach, was Alter bedeutet.

Die Ausstellung war der Auslöser für Voelpel, sich damit auseinander zu setzen, wie er alt werden will – beziehungsweise jung bleiben kann: „Wissen wirkt Wunder.“ Aroniasaft zum Beispiel senke den Blutdruck. Außerdem schwört er auf Tee aus Ingwer, Kurkuma und Zitronenschale (die vom morgendlichen Saft übrig geblieben ist) oder aus Kräutern. „Kräuter haben noch mehr Vitamine und Mineralstoffe als Gemüse und Obst“, sagt Voelpel. „Und sie sind antiseptisch und beugen so Krankheiten vor.“ Wichtig dabei sei, die Kräuterarten abzuwechseln. „In den Kräutern sind natürliche Giftstoffe, die Insekten davon abhalten sollen, die ganze Pflanzen aufzuessen.“


„Bewegung verzögert den Alterungsprozess“

Zu seiner „Jungbrunnenformel“ gehören nicht nur die richtigen Nahrungsmittel und reichlich Flüssigkeitsaufnahme, sondern eigentlich auch genügend Schlaf. Das beherzigt er selbst meist eher nicht: „Es gibt Wochen, in denen ich nachts nur vier Stunden schlafe“, erzählt der Vater von zwei Kindern. Zu viele Sachen müssen erledigt, vorbereitet, gelesen, geschrieben werden. Das schaffe er nur deshalb, weil er ansonsten gesund lebe, sich viel bewege: „Bewegung verzögert den Alterungsprozess.“

Der Bremer Autor und Altersforscher Sven Voelpel ist für Spaß zu haben. Körperliche Bewegung integriert er in seinen Alltag. © WFB/Voelpel


Auch Lachen gehört zum Jungbleiben dazu

Noch vor seinem morgendlichen Zitronensaft jongliert er daher und macht einen Handstand. Es gehe nicht um Hochleistungssport: „Ich integriere das Training in meinen Alltag.“ Zwischen zwei Meetings im Homeoffice macht er Kopfstand oder zieht sich an zwei in der Küche montierten Ringen hoch. Während er telefoniert, dehnt er sich auf dem Boden sitzend. „Mit meinen Kindern laufe ich die Treppe auch mal krabbelnd als Bär hoch und als Echse runter.“ Der Spaß dürfe schließlich nicht fehlen: Auch das Lachen gehört zu seinem persönlichen Jungbrunnen. Und wenn er mit einem Tennisball und zwei Jonglierbällen jongliert, weiß er, dass sich in seinem Gehirn neue Synapsen vernetzen.

Eine seiner Thesen lautet: „Alter ist Kopfsache – Jungbleiben beginnt im Kopf.“  Wie alt fühlt er sich denn selbst? „Emotional wie 17 und weise wie ein Hundertjähriger“, sagt er. Entscheidend sei vor allem die Lebenseinstellung. „Mit einer positiven Denkweise und einer positiven Einstellung dem Alter gegenüber gewinne ich 7,5 Lebensjahre“, sagt Voelpel. Er nimmt als Beispiel die Corona-Pandemie. Die könne man fraglos negativ sehen, was zu Stress führe. „Oder ich konzentriere mich auf das Positive: Corona hat die Digitalisierung beschleunigt, ich kann mich trotzdem immer noch zu zweit treffen, spazieren gehen, tanzen, habe neue Freiräume gewonnen, die ich gestalten kann.“


In Dörfern mit vielen Hundertjährigen wird auch Rotwein getrunken

Auch wenn soziale Kontakte in Coronazeiten anders seien als früher – sie seien möglich. Und sie sollten auch genutzt werden. „Bei sozialen Kontakten werden jedes Mal Gehirnzellen verknüpft.“ Er verweist auf die sogenannten „Blauen Zonen“ in der Welt. Forschende haben so Regionen genannt, in denen überdurchschnittlich viele Hundertjährige leben. „In den Blauen Zonen sind die Menschen sozial sehr aktiv, sie leben in Großfamilien, tanzen, singen, spielen zusammen Karten.“ Dass in den betroffenen Dörfern auch Rotwein getrunken wird, sieht er dabei nicht als Widerspruch: „Natürlich ist Alkohol ein Zellgift. Aber er entspannt auch. Und oft wird er in Gesellschaft getrunken.“ Damit sei die Wirkung von Rotwein – in Maßen genossen – durchaus positiv.

Bleibt eine Frage zu Schluss an den Altersforscher: Wie alt will er selber werden? „So alt wie ich werde“, sagt Voelpel. „Man muss das Leben so akzeptieren, wie es ist. Egal ob ich 80 oder 120 werde, entscheidend ist doch, dass die Zeit, in der wir leben, von guter Qualität ist.“