Jens Mecklenburg

Herausgeber & Autor

Zum Portrait

Eröffnung des Schleswig-Holstein Gourmet Festivals

Köche und Feinschmecker trotzen der Krise
29. September 2020

„Dass das Schleswig-Holstein Gourmet Festival dieses Jahr stattfindet, trägt Symbolcharakter“, sagte Schleswig-Holsteins Wirtschafts- und Tourismusminister Bernd Buchholz zum Auftakt der 34. Saison. Mit genügend Sicherheitsabstand feierten 140 Gäste im großen Festsaal des Maritim Seehotels Timmendorfer Strand am Sonntag die Eröffnung. Als „Stargast“ beglückte der frisch gekürte Drei-Sterne-Koch Marco Müller (Rutz, Berlin) sowie seine Kollegen Eicke Steinort vom SHGF-Neumitglied ‚Hotel Wassersleben’ und Lokalmatador Lutz Niemann mit seinem Team mit einem 6-Gänge-Menü der Extraklasse die angereisten Gourmets. 

 „Unsere Gäste zeigen, dass Sie uns und unseren Sicherheitskonzepten vertrauen. Wir geben gerne ein Stück Normalität zurück, denn wir sind Gastgeber aus Leidenschaft“, verkündete Klaus-Peter Willhöft, seit 1991 Präsident der Kooperation. Er lobte auch die Partner, die in guten und weniger guten Zeiten weiter an der Seite des SHGF stehen, darunter die kleine Kieler Brauerei lille, die ein eigenes SHGF-Lagerbier abfüllte. 

V.l.Lutz Niemann, Taro Bünemann, Eicke Steinort, Minister Dr. Bernd Buchholz und Marco Müller ©Susanne Plaß

Heimat & Herbst auf höchstem Niveau

Thomas Lemke, rechte Hand von Sternekoch Lutz Niemann im Restaurant ‚Orangerie‘, leitete den Abend mit einer aromatischen Kombination von Räucheraal, Meerrettich, Gänseleber und Erdnüssen ein. Als Hommage an Schleswig-Holstein kreierte Lutz Niemann als zweiten Appetizer: Forelle, Krabbe und Joghurt. Für eindrucksvolle Herbst-Noten sorgte Eicke Steinort mit seinem vegetarischen Gang: Pilze, Ziegenkäse und Kürbis in überraschenden Texturen. Den 38-Jährigen prägte seine Zeit bei ***Sterne-Genie Alain Ducasse und dessen Denkweise. „Wir haben im The Dorchester in London die Top-Produkte auseinandergenommen, um sie zu verstehen, und dann eine Vielzahl von Garzeiten und Techniken ausprobiert.“ Marco Müller wurde mit einem kurzen Film über seinen Gang angekündigt – dann kam der flotte, junge Service unter Leitung von Ralf Brönner mit einem gebackenen Algenchip gefüllt mit einer Creme vom Dorsch als Opener. Es folgte Dorsch, Kombu-Alge, Holunderblüte und Walnuss auf schwarzen Tellern. Was für Aromen erfüllten die Mundhöhle. Das war ganz großes Feinschmecker-Kino – waren sich die Gäste einig. Dazu wurde ein 2018 Silvaner Kugelspiel vom Weingut Castell’sches Domänenamt (Franken) eingeschenkt. „Mir geht es darum, aus den Produkten, die regional verfügbar sind, das Besondere herauszuarbeiten – denn es gibt unheimlich viele Varianten der Verarbeitung“, erklärt der gebürtige Babelsberger. Den Corona bedingten Lockdown nutzte Marco Müller mit seinem Team, um im Wald und auf Wiesen neue Geschmacksaromen aufzuspüren: „Wir sind stets auf der Suche nach z.B. neuen Hölzern und Nadeln und kommen dabei immer wieder zu überraschenden Ergebnissen.“ 

Lammrücken von Lutz Nieman

Süße Träume

Den Hauptgang übernahm Lutz Niemann mit seiner produktfokussierten Handschrift: Rosa Lammrücken mit Aubergine, Tomate und Backkartoffel. Klassisch, klar und sauber zubereitet mit aromastarker Sauce – passend begleitet vom 2016 Château L’Etoile de Clotte aus dem Bordeaux. 

Für Highlights zum Finale sorgte der junge Chefpâtissier der Orangerie, Taro Bünemann, mit einer fantastischen Ostsee-Landschaft aus Sanddorn-Amphore, Marzipan-Muschel und Seepferdchen sowie einem essbaren Überraschungsstein. „Im Vordessert lag mein Schwerpunkt auf Sanddorn – ein Produkt aus Timmendorfer Strand. Um die Säure des Sanddorns etwas zu neutralisieren, habe ich zusätzlich mit Joghurt gearbeitet.“ Im Hauptdessert verband der gebürtige Göttinger seine deutschen und japanischen Wurzeln mit einer Kombination aus Birne, Nougat, Cassis und gerösteten schwarzen Tee. Der Applaus war anhaltend! Mit dieser Kreativität und diesem filigranen Handwerk hat Taro Bünemann eine glänzende Karriere als Pâtissier vor sich, waren sich die Küchenchefs und Foodjournalisten einig.

Bis zum 20. März 2021 bietet das SHGF noch 35 interessante Einblicke in nationale und internationale Trendküchen.  

Weitere Infos unter: www.gourmetfestival.de

Sanddorn-Dessert von Taro Bünemann © Susanne Plass