Anette Hollenbach

Imkerin & Autorin

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Das kleine Honig Einmaleins

Bienenkolumne Summ summ summ
24. August 2020

Bienen sammeln solange Nektar einer bestimmten Blütensorte, bis sich deren Blütezeit dem Ende zuneigt. Erst dann suchen die emsigen Tiere neue Nahrungsquellen. Mal will unsere Imkerin Vielblütenhonig, mal sortenreinen produzieren. Wie geht sie vor und welche Sorten gibt es überhaupt?

Wir Imker können anhand der Blütezeit der Vegetation mitbestimmen, welcher Nektar im Honig enthalten sein soll. Dank der unterschiedlichen Blütezeiten der Pflanzen lässt sich so auch ein sortenreiner Honig ernten. Wir fahren die Bienen dann zu neuen Standorten, um beispielsweise einen edlen Lindenhonig ernten und schleudern zu können. Honigbienen sind, im Unterschied zu allen anderen nektarsammelnden Insekten, blüten-stet. Sie sammeln solange Nektar einer bestimmten Blütensorte, bis sich deren Blütezeit und damit die Nektarproduktion dem Ende zuneigt. Erst dann suchen die emsigen Außendienstlerinnen neue Nahrungsquellen.


Vielblütenhonig für Sportbegeisterte

Blütenhonig besitzt sehr viel Traubenzucker. Für Sportler und Menschen die für viele Stunden sehr konzentriert sein müssen ist der hohe Glukose-Gehalt ein echter Vorteil.  Mit Honig kann man einen absinkenden Blutzuckerspiegel ganz schnell wieder anheben. Fühlen wir uns plötzlich ausgepowert und unkonzentriert, dann schnell ein bis zwei Teelöffel Honig auf der Zunge zergehen lassen und schon geht es mit neuer Energie weiter. Übrigens ist in jedem guten Sportriegel Honig vorhanden. Doch nicht nur der hohe Anteil an natürlichem Zucker wie Fruktose und Glukose macht die verschiedenen Sorten von Vielblütenhonig so gesund. Der Blütennektar wird im Honigmagen der Biene mit wertvollen Enzymen, Säuren und Proteinen angereichert. Ein weiterer Bestandteil des Honigs sind sogenannte Inhibine, deren antiseptische und entzündungshemmende Wirkung uns vor allem bei Erkältungen zugutekommen können. Vielblütenhonig mit Milch von glücklichen Kühen oder im Kräutertee hilft Erkältungen vorzubeugen und schnell wieder los zu werden. Ein Tipp: Honig nie in heiße Getränke geben, da dann viele Inhaltstoffe verloren gehen.

Wie ein guter Wein 

Jeder Honigjahrgang ist in Aussehen, Geschmack und Konsistenz einzigartig. Selbst Honig vom selben Bienenvolk und Standort schmeckt jedes Jahr etwas anders. Denn abhängig von den vorherrschenden klimatischen Bedingungen, dem Nahrungsangebot und der Volksgröße, wählen die Bienen die bestmögliche Futterquelle aus. Honig von Blütenpflanzen ist daher so vielfältig wie die Umgebung aus der er stammt. Er besitzt ein hohes Spektrum an Aromen und genauso schmeckt die Heimat. Weil Vielblütenhonig einen hohen Anteil an Traubenzucker enthält, kristallisiert er zwar besonders schnell, kann aber von mir cremig gerührt werden. Durch das sanfte Rühren rüttele ich die Zuckerkristalle durcheinander und spalte sie auf. Der Honig hat jetzt eine unvergleichbare Konsistenz und wird zu einer zuckersüßen, cremigen Verführung. Die Farbe der Vielblütenhonige variiert von goldgelb bis dunkelbraun.


Von Honigbienen und Läusepipi

Anders als Blütenhonig entsteht Waldhonig. Nämlich nicht aus gesammeltem Blütennektar, sondern aus Honigtau und das sind Ausscheidungen von pflanzensaftsaugenden Insekten, beispielsweise Blattläusen. Die kleinen Krabbler ernähren sich von Pflanzensäften und scheiden den überschüssigen Zucker als Honigtau wieder aus. Eine Köstlichkeit für die Honigbiene, die hieraus einen leicht herb-würzigen dunklen Honig zubereitet.

Wird der Honigtau nicht eingesammelt und aufgesaugt, tropft er gern zur Freude der Besitzer auf parkende Autos. Honigtauhonige sind besonders dunkel und bleiben lange flüssig, da sie einen geringeren Anteil an Fruktose und Glukose enthalten.

Honig aus dem Wald besticht durch die dunkle Farbe und das kräftige, leicht würzige Aroma. Ihm wird eine besondere antibakterielle Wirkung zugesprochen. Meine Erfahrung: Eine kleine Wunde mit Waldhonig bedecken und schnell schließt sie sich und heilt.

Die Königin der Bäume – die Linde

Traditionell wurden Linden früher im  Dorfmittelpunkt gepflanzt. Die Rede ist von der Linde (Tilia). Und weil Lindenbäume bis zu 1000 Jahre alt werden können, haben Sie beinahe etwas Mystisches. Sie erreichen eine stattliche Höhe von bis zu 40 Metern. Mit ihrem betörenden Duft verzaubern sie jetzt im Juni nicht nur Insekten, sondern auch uns Menschen.


Ein Baum, zwei Honigsorten

Bei den Honigen der Linde unterscheiden wir zwei Honigsorten – Lindenblütenhonig und Lindenhonig. Der Lindenblütenhonig entsteht durch das Sammeln des Nektars der Blüten. Gerade auch an regenreichen, warmen Sommertagen sind die Blüten der Linde nämlich besonders ergiebig. Lauschen Sie doch mal unter eine Linde stehend dem leisen und stetigen Summen in der Krone.

Der Lindenhonig wiederum besteht nicht aus Nektar, sondern aus Honigtau. Und was es mit dem Honigtau auf sich hat, habe ich Ihnen ja schon beschrieben. Gerade in den Abendstunden „honigen“ die Linden am stärksten und Millionen der honigtauproduzierenden Läuse werden von unzähligen Bienen angeflogen.

Der Honig der Lindenblüte zeichnet sich besonders durch seine Farbe aus. Denn reiner Lindenblütenhonig fällt durch seine hellgelb-grünliche Farbe auf. Er ist in Konsistenz von flüssig bis cremig erhältlich, da dieser nach längerer Lagerung auskristallisiert und härtet.

Öffnen Sie doch einmal ganz bewusst einen Lindenblütenhonig. Ihnen strömt ein betörender Geruch, der mich an Menthol oder manchmal auch Pfefferminze erinnert. Geschmacklich ist er unglaublich vielfältig – von kräftig über fruchtig bis hin zu blumig.

Beim Lindenhonig überwiegt hingegen der Anteil des Honigtaus. Dieser verleiht ihm seine dunklere Farbe. Besonders dunkle Gelb- und Orangetöne zeichnen diesen Honig aus. So können Sie ihn optisch recht einfach vom Lindenblütenhonig unterschieden. Auch geschmacklich besticht der Lindenhonig durch sein würzig-blumiges Aroma, welches besonders gut in Tees zur Geltung kommt. Und so einzigartig wie jeder Sommer ist es auch der Lindenhonig, der uns jedes Jahr aufs Neue mit seinen Geschmacksnuancen überrascht.

Robinienhonig – fein und lieblich

Die Robinie wird fälschlicherweise als Akazie bezeichnet. Robinien und echte Akazien sind allerdings nur sehr weit entfernt miteinander verwandt.
Akazienhonig aus Deutschland ist Honig aus dem Nektar der Robinie. Der Robinienhonig besitzt einen hohen Anteil an Fruchtzucker (Fruktose) und hat einen sehr niedrigen Glukose-Gehalt. Übrigens, die Akazienbäume sind in vielen afrikanischen Ländern und Lateinamerika beheimatet.
Der Honig der Robinie eignet sich perfekt, um im morgendlichen Tee einen energiereichen Start an den Tag zu legen oder köstlich-gesunde Salatdressings zu kreieren. Was viele nicht wissen: Auch für das gewisse Etwas im Cocktail wird gern der Robinienhonig verwendet. Dieser Honig ist der einzige der von Natur aus sehr lange flüssig bleibt – also sehr praktisch zum Süßen und bei der Zubereitung von gesunden Lieblingsspeisen.


Rapshonig – typisch nordisch

Die windbestäubende Rapspflanze ist ein Kraut aus der Gattung der Kreuzblütengewächse und wird im Spätsommer ausgesät. Die Blütezeit ist dann April/Mai des Folgejahres.  Raps wird für die Rapsölproduktion genutzt oder auch als Tierfutter verwendet. Die blühenden Rapsfelder hier bei uns sind eine der Haupttrachtquellen für Honigbienen, die daraus den typisch schleswig-holsteinischen Rapshonig herstellen.

Auch Rapshonig ist mit wichtigen Enzymen, Proteinen und Inhibinen ausgestattet und ganz klar ein Gesundheits-Booster aus dem echten Norden. Die Konsistenz ist in der Regel besonders cremig. Wegen seines hohen Traubenzuckergehalts kristallisiert er rasend schnell und kann nach kurzer Zeit sehr hart werden.

Warum ist Rapshonig überhaupt cremeweiß? Die Farbe des Honigs bezieht sich allein auf die Sorte der Blüten, welche die Bienen anfliegen, um ihren Honig herzustellen. Somit ist Blütenhonig eher gelblich, Waldhonig rotbraun und Rapshonig elfenbeinfarben – die Blüte macht den Unterschied!nCharakteristisch im Aroma, das – verglichen mit beispielsweise Blütenhonig – besonders mild ist.

Die Lüneburger Heide und ihr Honig

Die Besenheide (Calluna vulgaris) prägt das Bild der Lüneburger-Heide und taucht die Landschaft in ein rosa-lila Blütenmeer. Besenheide wächst in sonnigen, lichten Standorten auf kalkfreien Sanden oder trockenen, wechselfeuchten Böden.

Nur schon mal vorab – Heidehonig zu ernten ist eine „Heidenarbeit“, denn der Honig ist sehr reich an eiweißhaltigen Blütenpollen, die ihm eine, geleeartige Konsistenz geben. Dadurch kann ihn der Imker nicht einfach aus den Waben herausschleudern. Heidehonig wird daher oftmals nicht als Honig im Glas sondern direkt in der Wachswabe als sogenannter Scheiben- oder Wabenhonig angeboten.

Das spart  den arbeitsintensiven Schleuderprozess. Doch das  „auszuzeln“ von Honigwaben ist nicht jederfraus und  jedermanns Sache.

Die herkömmlichste Methode, so aufwendig sie auch sein mag, ist das Ausschleudern des Heidehonig. Dabei werden die Honigwaben zuerst auf 25°C erwärmt, um die Thixotropie, die geleeartige Konsistenz aufzuheben. Anschließend werden die Wabenrähmchen entdeckelt und mit einer Stachelwalze aufgestochen – in der Imkersprache „gestippt“.
Durch das Stippen der einzelnen Honigzellen hebt man die geleeartige Konsistenz des Honigs kurzzeitig auf und er kann geschleudert werden.

Ballaststoffreicher Wald- und Heidehonig bringt bei den Honigbienen die Verdauung durcheinander, eine gestörte Winterruhe oder Krankheiten durch Kot im Bienenstock sind die bittere Folge. ImkerInnen entnehmen gegen Ende des Sommers die gesamten Honigwaben und ersetzen sie durch anderen Honig oder füttern die Bienenvölker auf.

Heidehonig hat eine ungewöhnliche Konsistenz und einen einmaligen Geschmack. Sein kräftiges, würziges Aroma macht ihn zu einem ganz besonderen Honig-Gaumenschmaus. Durch den Kauf von echtem Heidehonig unterstützten Sie die dortigen Imker und tragen dazu bei, das traditionsreiche Hobby der Heideimkerei zu erhalten.


Anette Hollenbach/ Hofbienerie

Hofbienerie Anette Hollenbach

www.hofbienerie.de

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