Barbara Maier

Autorin

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200 Jahre Kölln Flocken

Von der Grützmühle zur Frühstücksflockengröße
16. Dezember 2020

Das Elmshorner Unternehmen Peter Kölln feierte in diesem Jahr sein 200-jähriges Firmenjubiläum. Mittlerweile sind acht Kinder-Generationen mit Kölln-Haferflocken im Brei oder Müsli herangewachsen. 

© Peter Kölln

Eine kleine Grützmühle und ein Pferd

Mit einer kleinen, pferdebetriebenen Grützmühle im Jahre 1795 hat Hans Hinrich Kölln (1770 – 1812) begonnen. Als Unternehmer war er jedoch nicht sehr erfolgreich. Erst sein Sohn und Namensgeber des Traditionsunternehmens, Peter Kölln (1796 – 1858), legte mit klugen wirtschaftlichen Entscheidungen den Grundstein für den heutigen Betrieb „Peter Kölln GmbH & Co. KGaA“. Im Jahre 1820 ließ er sich schließlich als Grützmacher und Kornhändler in das Handelsregister zu Hamburg-Altona eintragen. Der 10. November 1820 wurde damit die offizielle Geburtsstunde des Unternehmens. 

Nach seinem Tod im Jahre 1858 hinterließ er seiner Familie einen stabilen Betrieb. Bereits 1860 erkannte sein zweitältester Sohn und Erbe, Peter Ferdinand Kölln (1838 – 1886), die Vorteile der Industrialisierung. Er ersetzte das bisherige Pferdefuhrwerk durch eine Dampfmaschine. Zusätzlich spielten ihm im Jahre 1867 die Einführung der Gewerbefreiheit in die Karten sowie der Anschluss Schleswig-Holsteins an Preußen.

Werksansicht 1935 © Peter Kölln

Feuer, schwere Zeiten und der Durchbruch

Ein verheerender Brand zerstörte 1898 das Stammhaus der Familie Kölln vollständig. Peter Albert Kölln (1864 – 1918) führte den Betrieb in dritter Generation weiter und beschloss, das Familienunternehmen wieder aufzubauen, wählte dafür aber einen neuen Platz direkt am Hafen von Elmshorn: Das heutige Firmengrundstück an der Westerstraße. 

Als Peter Klaus Diedrich Kölln (1890 – 1956) nach dem Tode seines Vaters die Firmenleitung in vierter Generation übernahm, erwarteten ihn schwierige Zeiten. Rückschläge durch Inflation und die Weltwirtschaftskrise prägten nun die 1920er Jahre.

Aber auch seinen Durchbruch als Markenartikler erlebte das Unternehmen in den 1920er Jahren. Zur Produktabsatzförderung brachten die Elmshorner als erste handliche Haushaltskleinpackungen zu 250 Gramm und 500 Gramm auf den Markt – zu der damaligen Zeit ein absolutes Novum – und kurbelten damit den Verkauf massiv an.

Im Jahre 1920 entwickelte er trotz der schwierigen Umstände eine hell- und dunkelblaue Verpackung im Schachbrettmuster und schuf damit eine der ersten Markenikonen überhaupt. Noch heute führt dieses ungewöhnliche Design zu einem starken Wiedererkennungswert bei den Verbrauchern. 1938 wurden „Blütenzarte Köllnflocken“ in der typischen Verpackung als Warenzeichen eingetragen – bis heute sind sie das Flaggschiff der Marke Kölln und das bekannteste Produkt des Unternehmens. 

Im April 1926 traf das Unternehmen jedoch erneut ein großer Brand. Dieser brach während der Nachtschicht in der Mühle aus. Das Feuer verbreitete sich rasend schnell und endete in einer Staubexplosion des Getreidesilos. Doch bereits im Januar 1927 konnte Richtfest für das neue Werk gefeiert werden.

© Peter Kölln

Vom Ein-Mann-Betrieb zum Industrieunternehmen

Ernsthermann Kölln trat dann 1956, nach dem plötzlichen Tod seines Vaters, die alleinige Geschäftsführung an. Er führte die Firma aus der Nachkriegszeit und war neben der Einführung moderner Technologien maßgeblich verantwortlich für das heutige Bild des Firmensitzes in Elmshorn. Bereits 1962 ließ er das charakteristische Kontor Gebäude an der Westerstraße errichten; 1965 erfolgte der Bau eines großen Getreidesilos, dessen Schriftzug „Köllnflocken“ bis heute weithin sichtbar ist.

Eine zündende Idee hatte er während der 1970er Jahre, als sich fertige Müslimischungen zunehmender Beliebtheit an den deutschen Frühstückstischen erfreuten. Unter der Regie Ernstherman Köllns entwickelte das Familienunternehmen das bis heute beliebteste Müsli überhaupt – das Kölln-Schokomüsli. Seine Familie musste über Wochen verschiedene Proben testen und verkosten, bis endlich die unverwechselbare Kölln-Mischung feststand.

In den1980er Jahren baute das Unternehmen sein Sortiment stetig aus und festigte seine Position im Markt. Bis 2004 konzentrierte sich Peter Kölln ausschließlich auf die Produktion von Haferflocken, Müslis und traditionellen Cerealien sowie auf Haferspezialitäten wie Schmelzflocken, Kleieflocken und Instantflocken. Im Jahre 1998 beschloss Ernsthermann Kölln im Alter von 75 Jahren, sich aus dem operativen Geschäft zurückzuziehen. Er wandelte das Unternehmen in eine Kapitalgesellschaft um und übertrug die Geschäftsführung seinem Schwiegersohn Prof. Dr. Hans Heinrich Driftmann (1948 – 2016).

Köllnflocken 1939 © Peter Kölln

Unter Driftmanns Leitung erweiterte das Unternehmen sein Produktportfolio und erwarb im Jahre 2004 von der Unilever Deutschland bekannte Marken wie Biskin, Palmin, Livio und Becht’s. Außerdem wurde Edelweiss Milchzucker als Lizenzmarke aufgenommen und 2014 kam mit Mazola eine weitere bekannte Speisemarke hinzu. In diesem Jahr wurde auch der erste Flagshipstore, das „Kölln Haferland“, in der Hamburger Innenstadt eröffnet. Die Zukunft Nach seinem plötzlichen Tod übernahm Driftmanns enger Freund Christian von Boetticher kommissarisch die Leitung.  „Für Prof. Dr. Driftmann war es wichtig, dass jemand das Unternehmen im Sinne der Familie weiterführt, bis seine Tochter Friederike sich entscheidet, das Geschäft zu übernehmen. Er hat sich bewusst für einen Außenstehenden entschieden, der aber eng mit der Familie verbunden ist und dieselben unternehmerischen Werte wie er vertritt“, so der ehemalige schleswig-holsteinische Umwelt- und Landwirtschaftsminister von Boetticher. „Mein Vertrag läuft bis zum Jahre 2025. Wie es danach weitergeht, entscheidet die Eigentümerin.“

Für Geschäftsführer Christian von Boetticher sind Weiterentwicklung und Innovationen das Rezept zum Erfolg. Haferflocken, Hafermilch, seit 2016 Gluten freie Haferflocken, Müsli und pflanzliche Öle. 

© Peter Kölln

Nachhaltigkeit 

Für die Zukunft hat sich das Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben. Peter Kölln ist einer der größten Arbeitgeber in der Region Südholstein und sieht sich in der Pflicht, eine ökologische Vorreiterrolle einzunehmen. Bereits seit 2011 gibt es ein interdisziplinäres Nachhaltigkeitsteam, das an verschiedenen Ideen und Innovationen arbeitet. Eines der erklärten Ziele in naher Zukunft ist die Klimaneutralität des Standortes Elmshorn bis zum Jahr 2025. Schon seit 2014 beziehen die Werke Öko-Strom und arbeiten mit einem Wärmerückgewinnungssystem, um unnötige Energieverschwendung zu vermeiden.

Das Unternehmen bezieht seinen Hafer aus Norddeutschland  und Skandinavien. Auf Skandinavien musste der Betrieb ausweichen, da jährlich circa 60.000 Tonnen Hafer verarbeitet werden und die deutschen Kapazitäten hierfür nicht ausreichen. Man hat sich aber zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2022 zumindest 30 Prozent des Hafers aus Norddeutschland zu beziehen. Der Hafer für die Bioprodukte wird bereits zu 100 Prozent aus Norddeutschland bezogen.

Mehr als 200 Jahre nach dem Erwerb der kleinen Grützmühle durch Hans Hinrich Kölln hat das Unternehmen seinen Sitz immer noch am Standort Elmshorn bei Hamburg. Peter Kölln ist nach wie vor ein erfolgreiches Familienunternehmen, das es in den letzten 200 Jahren geschafft hat, Tradition und Moderne zu verbinden. Aus dem einstigen Ein-Mann-Betrieb von 1795 ist im Laufe der Jahre ein modernes Industrieunternehmen mit gut 380 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 125 Millionen Euro gewachsen. Solange für die Deutschen das Frühstück zur wichtigen Mahlzeit des Tages gehört, solange wird das Elmshorner Unternehmen am Frühstückstisch ein gewichtiges Wort mitreden können.  

© Peter Kölln