Was für die Steppe der Elefant ist, ist für unsere Breiten der Rothirsch – kein freilebender Landsäuger hierzulande ist größer als er. Schätzungsweise 2.500 bis 3.000 von ihnen leben allein in Schleswig-Holstein. Im gesamten norddeutschen Raum dürften es über 10.000 sein.
Schon bald ist der „König des Waldes“ als Weihnachtssymbol auf Glühweintassen und Christbaumkugeln wieder allgegenwärtig. Fast erstaunlich, wie wenig dennoch über das heimische Wildtier bekannt ist. Spannende Fakten gibt es genug, nicht nur zu seinem imposanten Geweih.
Jedes Jahr ein neues Geweih
Jedes Jahr im Februar fällt das Markenzeichen des Hirsches ab und bildet sich dann innerhalb von etwa vier Monaten nach. Pro Tag wächst es bis zu zwei Zentimeter und kann mehr als 12 Kilo schwer werden. „Das Geweih ist im Übrigen nicht ‚tot‘, sondern Teil des Skelettes – es sind jährlich nachwachsende Knochen außerhalb des Körpers“, erklärt Marcus Meißner, Hirsch-Experte der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein. Warum jedes Jahr ein Neues wächst, ist nicht vollständig geklärt. Immerhin kostet das Wachstum viel Energie. „Bei der Brunft im Herbst buhlen die Hirschbullen um die weibliche Gunst – da spielt natürlich auch das imposante, neue Geweih eine Rolle“, mutmaßt Meißner.
Enge Mutter-Kind-Bindung
Fast entzückend ist die enge Mutter-Kind-Bindung unter den Tieren. „Weibliche Kälber laufen die ersten zwei Jahre ihrer Mama hinterher und beobachten ihr Verhalten genau“, erklärt der Hirsch-Experte. So lernen sie, was gefährlich ist, und wo es sich ungestört fressen lässt. Dabei gehen die Tiere extrem vorsichtig vor. „Sie lernen ihr kleines Revier auswendig kennen, merken sich jede Bedrohung. Fluchtwege haben sie immer genau im Kopf“, so Meißner. „Wenn ein Wolf auftaucht, kann die Hirschkuh ihr Kalb sofort in Sicherheit bringen.“
Männer schlagen sich alleine durch
Männliche Artgenossen hingegen schlagen sich schon früh allein durch und durchwandern größere Reviere. Auch sie reagieren jedoch äußerst empfindlich auf Unregelmäßigkeiten. „Hirsche, männlich oder weiblich, gewöhnen sich an feste menschliche Bewegungsmuster, reagieren aber sofort, wenn wir von ihnen abweichen“, erklärt der Experte. Deshalb finden die Huftiere besonders gerne in Mooren Zuflucht, da diese meist schwer zugänglich sind. Nördlich des Nord-Ostsee-Kanals lebt ein Großteil der Hirsche in den geschützten Feuchtgebieten der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein.
Helfer im Naturschutz
Dass Hirsche sich hier wohlfühlen, macht sie ganz nebenbei zu wichtigen Helfern im Naturschutz. „Sie verteilen Samen, halten schnell wachsende Büsche kurz und trampeln Beete für seltene Pflanzenarten“, erklärt Meißner. Genau das braucht es, wenn die Stiftung trockengelegte Moore wieder in nasse, CO2 speichernde Moore verwandelt. „Ohne Torfmoose zum Beispiel können die für das Klima so wichtigen Moor-Landschaften nicht entstehen“, weiß Meißner zu berichten. Teile davon bringen die umherstreifenden Tiere aus bestehenden Feuchtgebieten mit in die frisch vernässten Flächen. „Eine echte Starthilfe, die Schwung in die Sache bringt“, schwärmt der Hirsch-Experte.
Was Gutes tun
Übrigens: Jedes Jahr sammelt die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein zur Vorweihnachtszeit Spenden für das Moor, um diesen bedeutenden Lebensraum für den Hirsch und viele weitere Arten zu erhalten. Mehr Infos