Leona Sedlaczek

Redakteurin & Social Media

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Hoch hinaus

Die Nordsee von oben
5. September 2018

Je höher man kommt, desto weiter kann man sehen. Von der 50 Meter hohen Sylter Uwe-Düne reicht der Blick rund 26 Kilometer in die Ferne. Oder man steigt ins Flugzeug, um seinen Horizont zu erweitern. Wer sagt eigentlich, dass man an der Nordsee nicht hochhinaus kommt?

© Norbert Krawiec Wipsteert Büsum Flugsport Service SH

Um seinen Horizont zu erweitern, sollte man hin und wieder seinen Standpunkt verändern. Steht ein 1,80 Meter großer Mensch am Strand, unten am Wasser und sagen wir: bei Friedrichskoog an der Elbmündung, kann er gut 4,6 Kilometer weit auf das Meer beziehungsweise den Fluss schauen. Steigt man auf der bei der Seehundstation stehenden Aussichtspunkt „Trischenbake“ – (17 Meter) – liegt der Horizont schon bei fast 15 Kilometer. Mit dem Fernglas kann man sich nun die Schiffe heranholen, hinter den Horizont blicken allerdings kann man nicht – die Erdkrümmung verhindert dies. Also: Je höher man kommt, desto weiter kann man sehen. Von der Sylter Uwe-Düne (ca. 52 Meter) reicht der Blick schon rund 26 Kilometer in die Ferne. Neugierig, was dahinter liegt? Dann rauf auf den Fernsehturm auf dem Stollberg bei Bredstedt, man nennt ihn wegen der schönen Aussicht auch den „Hallig-Balkon“, auf den Leuchtturm von Amrum oder auf die Vogelfelsen von Helgoland: Diese drei Aussichts-Orte gehören mit gut 60 Meter über Meereshöhe zu den höchsten festen Aussichtspunkten an der Nordseeküste Schleswig-Holsteins und erlauben einen Blick bis 26, 28 Kilometer.


Über den Wolken

Wer weiter sehen möchte, muss ins Flugzeug steigen: Vom Flugplatz Heide/Büsum starten kleine Linienflieger nach Helgoland – schöne Aussichten inklusive. Westerland/Sylt wird von größeren Verkehrsflugzeugen angeflogen, dort sowie am Flugplatz Heide/Büsum und zum Beispiel auch auf Föhr gibt es Angebote zu Rundflügen über die Küste. Also – mal die Nordsee von oben ansehen:
Flugplatz Heide-Büsum, an einem frühen Sommermorgen, der Himmel ist wolkenlos – und es ist kurz vor Niedrigwasser. Darauf kommt es an, obwohl es doch ein Flug ist. Die Cessna 172 steht auf dem Vorfeld und der Motor läuft sich warm. Pilot Michael Pietsch stellt die Parameter ein, checkt den Bordcomputer für automatische Motorleistung und Propellerverstellung, das ist ähnlich wie Gasgeben und Schalten beim Autofahren. Spricht mit dem Tower. „Büsum Info bitte kommen! D-EMXB – erbitte Startinformation…“. Der Mann vom Turm meldet sanften Wind mit 5 Knoten aus Ost und gibt das Ok für Bahn 1/1. Pilot Pietsch dreht den Motor hoch, die Hasen und Rehe nehmen es gelassen und wenige Augenblicke später klettert D-EMXB in den Himmel; gelbe Rapsfelder und grüne Wiesen bleiben zurück. Es knackt in den Ohren, als der Flieger auf rund 270 Meter Höhe den Deich zur Meldorfer Bucht überquert. Wir sind über der Nordsee. Und werden sie uns rund eine Stunde lang von oben ansehen.

© Peter Lehner

Zauberhafte Strukturen natürlicher Ordnung

Kurs West-Nordwest. Weite Teile des Wattenmeeres sind nun trockengefallen und es ist wohl die schönste Zeit, diese Naturlandschaft von oben zu betrachten. Ein Ausflugsschiff zieht von Büsum über den Norderpiep, den großen Gezeitenstrom, nach West; vielleicht nach Helgoland, vielleicht auf Ausflug. Im Gegenlicht glitzert das Watt wie Silber, das Licht der Morgensonne lässt die großen Sände „Blauort“ und „Isern Hinnerk“ golden leuchten. Die Maschine ist auf 2000 Fuß, das sind ca.700 Meter, geklettert und behält diese Höhe nun bei. Unten ist eine Bake zu erkennen, ein riesiges Seezeichen im Nirgendwo, das klein und verloren wirkt wie ein Streichholz, das im Sand steckt. Die Sände sind geformt wie Halbmonde und man erkennt daran, dass die Strömung diese Strukturen modelliert.

Man sieht, wie Wasser auf Wasser trifft und erkennt, wohin man bei Wattwanderungen kommt und wohin nicht. Oder einen großen Bogen gehen muss. Und wie verloren, beim Blick auf Schiffe und Häuser hinter dem Deich, Mensch und Maschine in dieser Welt wirken. Wird gewahr, wie schön das alles ist. Aus Osten zieht der Strom der Eider in allen Farben Blau heran und teilt dieses Watt. St. Peter-Ording kommt steuerbords und weitere, endlose Strände schmiegen sich an Eiderstedt; die Pfahlbauten sind zu erkennen, die Salzwiesen, die Dünen, der Leuchtturm Westerhever, stolz mitten im saftigen Grün. Und so viele Ideen hat man längst in der ersten Viertelflugstunde, was man hier alles machen kann. Also unten, mittendrin.
Der Heverstrom ist ein mächtiger Gezeitenstrom an dieser Küste und die kleinen Halligen Südfall und Süderoog liegen nahe des Heverstroms wie grüne Tupfer im Silber und im Blau. Kleine Priele durchziehen das Watt wie ein Adergeflecht und das sind wunderschöne Strukturen in natürlicher Ordnung; fein, filigran, phantastisch. Die Alte Kirche von Pellworm mit der Hand voll Häuser nebenan wirkt wie eine Miniaturlandschaft. Links vor der offenen See liegen die Außensände Süderoog- und Norderoogsand. Am Ufer des letzteren sonnen sich Seehunde. Dann folgt der Japsand. Im Priel vor Amrum, wo Norder- und Süderaue zusammenfließen, scheinen die Kutter fast zu stehen. Ein Schwarm weißer Vögel flattert über das dunkle Blau der Nordsee, der Wind lässt es zittern.

In wenigen Augenblicken heißt es umdrehen. Amrum ist erreicht. Auch von hier oben wirkt der Kniepsand gewaltig und unermesslich, und man erkennt, wie er sich um die Insel legt. Wie die Dünenkette die Insel schützt sieht man, darin steht der Leuchtturm, und dunkel ist der Wald, hell leuchtet der Sand. Über dem Ort Nebel wird der Kurs nach Süd/Südost eingeschlagen. Links liegt nun Föhr und die Fähre ist auf dem Weg von Dagebüll zu den Inseln, sie sieht aus wie ein kleiner weißer Tupfer im Blau der See. Dann die Halligen Langeneß, Hooge und Gröde, das winzige Habel; Refugien mitten im UNESCO-Weltnaturerbe. Schön und staunenswert.

Zu erkennen ist das Getrennte und das Gegensätzliche; dazwischen das Watt, der Übergang. Auf der einen Seite der Deichlinie, einer deutlichen Trennlinie, herrschen Farbtöne vor in gelb und grün jenseits die in silbrig und blau. Statisch gegen fließend. Als der kleine Flieger mit einem kurzen Ruck wieder bei Büsum aufsetzt, ist der Kopf voller schöner Ideen, wohin die Reise gehen könnte – schließlich ist der Horizont nun erweitert. Der Blickwinkel ein anderer und die Nordsee nur noch schöner. Verheißungsvoll.

© Oliver Franke

Übersicht

  • die Trischenbake steht bei der Seehundstation Friedrichskoog und hat eine Aussichtsplattform in 17 Meter Höhe
     
  • der Fernsehturm bei Bredstedt hat in ca. 20 m Höhe eine Aussichtsplattform, der Stollberg (da steht der Turm drauf) gehört mit rund 44 Meter zu den höchsten natürlichen Erhebungen in Nordfriesland
     
  • über Leuchttürme an der Küste Schleswig-Holsteins und die Besuchsmöglichkeiten informiert www.nordseetourismus.de/leuchttuerme-an-der-nordseekueste 
     
  • Die ODF – Ostfriesische-Flugdienst GmbH – fliegt von Heide/Büsum nach Helgoland; ca. 20 Minuten, Blick auf das Watt vor Büsum, mit den Prielen und Sänden, je nach Anflug Blick auf Helgoland und der Schwesterinsel Düne, dort ist der Flugplatz www.fliegofd.de
     
  • der Flugsportclub Heide-Büsum e. V. bietet flugbegeisterten Leuten, die Möglichkeit mitzufliegen. Informationen dazu unter www.flugplatz-heidebuesum.de 
     
  • Die Firma Flugsport Service SH GmbH&Co.KG bietet Rundflüge mit einem Gyrocopter ab Heide/Büsum an, www.fs-sh.de
     
  • Rundflüge ab Westerland / Sylt mit Sylt Air GmbH; mit Blick auf Sylt, die nordfriesischen Inseln, Halligen und das Wattenmeer www.syltair.de
     
  • Rundflüge ab Wyk / Föhr mit WKF Westküstenflug GmbH; ist Anbieter von Rundflügen über die Nordfriesische Insel- und Halligwelt www.westkuestenflug.de