Werner Brockmann

Weinakademiker & Weinfachhändler

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Ein paar Grundregeln für mehr Weingenuss

Brockmanns Weinschule (Teil 6)
30. Januar 2019

Man muss kein Experte sein, um eine harmonische Paarung von Speise & Wein zu finden und um besondere Geschmacksmomente zu erleben. Aber ein paar Grundregeln sollte man schon kennen. Unser Weinexperte Werner Brockmann verrät welche.

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Immer häufiger höre ich, dass alte „Gesetze“ überholt sind und man den Wein zum Essen trinken kann, der einem persönlich schmeckt. Ja und nein! Natürlich muss einem der Wein schmecken, allerdings bedeutet dies nicht, dass jeder Wein zu jedem Essen harmonisch passt. Aufgrund der modernen Küche, in der ein Cross-Over von verschiedenen Stilen, Gewürzen und Kochmethoden eher die Regel als die Ausnahme ist, sind alte Grundsätze überholt. Sie müssen kein Experte sein, um eine gute Paarung von Speise & Wein zu finden, aber einige Leitlinien helfen, um besondere Geschmacksmomente zu erleben.

Unbestritten ist, dass der Geschmack des Weins vom Essen beeinflusst wird. Umgedreht ist dies in geringerer Form auch der Fall. Im idealen Fall ergibt 1+1 mehr als 2 und der Gesamtgenuss ist mehr als jeder Teil für sich alleine. Allerdings sollte man immer beachten, dass individuelle Empfindungen und persönliche Vorlieben dieses Genusserlebnis beeinflussen.


Faktoren für die Weinauswahl

Auf was sollten Sie achten, um eine gute Wahl zu treffen?

  • Zubereitungsart der Speise: Braten, Schmoren, Kochen, Dämpfen, Grillen
     
  • Struktur der Speise: Gehalt und Fülle des Gerichtes aufgrund seiner Textur
     
  • Aromen- und Intensität: Ausprägung der Speise aufgrund der Zutaten wie Kräuter, Gewürze und vor allem der Saucen
     
  • Sauce: Der wichtigste Baustein eines Gerichtes ist die Sauce. Sie verbindet die einzelnen Komponenten wie Gemüse, Fleisch und stärkehaltige Zutaten alias Kartoffeln oder Pasta. Der Einfluss der Sauce ist meist wichtiger als die vermeintliche Hauptzutat Fleisch oder Fisch!
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Sensorische Wechselwirkung von Speise & Wein

Bei Speisen wie bei Weinen gibt es vier bzw. fünf übergeordnete Geschmacksrichtungen: Süß, sauer, bitter, salzig sowie bei Speisen Umami. Jede dieser Komponenten in der Speise beeinflusst den Geschmack des Weines.
 
Grundsätzlich kann man sagen:

  • Salz + Säure lassen Weine „weicher“ wirken. Die Weine werden dadurch im Geschmack süßer, fruchtiger sowie weniger adstringierend (gerbstoffreich) und die Säure steht nicht mehr im Vordergrund.
     
  • Süße + Umami lassen Weine gefühlt „härter“ wirken. Er wirkt adstringierender (gerbstoffreicher), bitterer, säurehaltiger gleichzeitig aber auch trockener und weniger fruchtig
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Lassen Sie uns die einzelnen Komponenten etwas detaillierter betrachten:

Salz in der Speise: Verstärkt den Körper und die Kraft des Weines, wodurch er weicher wirkt. Gleichzeitig bindet das Salz die Gerbstoffe eines Weins sehr gut ein und lässt ihn deutlich weniger bitter und fruchtbetonter erscheinen. Ein Cabernet Sauvignon mit seinen kräftigen Tanninen und seiner intensiven Säure wird bei einem Steak, welches in der Regel gut gesalzen ist, plötzlich deutlich weicher und fruchtbetonter während er alleine getrunken eher rau und abweisend wirken kann. Salz hat auch die Eigenschaft sehr gut mit Zucker zu harmonieren. Nehmen Sie einen salzigen Blauschimmelkäse, der mit einer restsüßen Trockenbeerenauslese zusammen eine wunderbare Harmonie ergibt.  

Säure in der Speise: Die Säure verstärkt ähnlich dem Salz Körper, Fruchtigkeit und Süße im Wein. Da Säure und Säure sich gegenseitig nicht verstärken, wirkt ein säurehaltiger Wein deutlich weicher, wenn als Beispiel Tomaten oder Zitrone bei einem Gericht ins Spiel kommen. In diesem Zusammenhang ist auch auf den sogenannten „Tequila-Effekt“ hinzuweisen. Das Salz und die Säure der Zitrone lassen den Tequila deutlich fruchtiger erscheinen. Genauso ist es beim Genuss von Speisen mit Wein. Wo Salzigkeit und Säure auf einander treffen, wird die Fruchtigkeit betont.

Süße in der Speise: Süße und Süße harmonieren miteinander, sie addieren sich nicht, sondern heben sich gegenseitig auf. Hier hilft die Regel, dass der Wein mindestens die gleiche Süße aufweisen sollte, wie die Speise selber. Wäre er zu trocken würde er beim Gericht untergehen und sowohl bitter als auch adstringierender wirken. Tanninreiche Weine sollten bei süßen Speisen genauso vermieden werden wie säurebetonte Weine, zumindest wenn Sie nicht die notwendige Süße aufweisen. Diese Weine würden durch den süßen Einfluss der Speise noch aggressiver werden. Eine fruchtsüße Scheurebe zu einem Obstsalat kann eine wunderbare Begleitung sein.

Umami in der Speise: Was ist eigentlich Umami? Umami ist ein herzhaft delikates Geschmacksgefühl, was z.B. sehr gut verglichen werden kann mit dem Geschmack von Glutamat. Wenn Sie einen rohen und gebratenen Champignon vergleichen, können sie dieses Geschmackserlebnis sehr gut nachvollziehen. Speisen mit viel Umami-Geschmack verstärken die Bitterkeit und Säure im Wein, verringern auf der anderen Seite aber Süße, Körper und Frucht. Deshalb passen fruchtbetonte, kraftvolle Weine, die aber nicht unbedingt im Holz ausgebaut sein sollten sehr harmonisch zu dieser Geschmacksrichtung.

Schärfe in der Speise: Asiaten trinken gerne süß … so die subjektive Wahrnehmung. Da asiatische Gerichte oft eine gewisse Schärfe haben, passt dieses subjektive Gefühl gut zusammen. Da Schärfe Weine trockener und bitterer erscheinen lässt und den Alkohol in den Vordergrund schiebt, harmonieren leichtere Weine mit einer mehr und minder intensiven Restsüße perfekt dazu.

Wechselwirkung von Speise & Wein

Werner Brockmann

harmonieren kann. Die Auswahl ist kein Hexenwerk und es muss auch nicht alles perfekt passen, aber mit etwas Überlegung oder der Empfehlung vom Weinfachhändler Ihres Vertrauens lässt sich das Geschmackserlebnis deutlich steigern. Ein passender Wein würdigt die Arbeit in der Küche und ist die Basis für einen besonderen Abend!

Ein Experimentier-Tipp

Das wohl am häufigsten verwendetet Gewürz Salz hat eine große Auswirkung auf den Geschmack des Weines. Probieren Sie einen Schluck leckeren Riesling oder auch gerbstoffreichen Rotwein, z.B. einen Rioja. Danach nehmen Sie ein paar Körner Salz auf die Zunge und probieren den Wein ein zweites Mal … Überraschung gelungen?
 

Ein genussvolles Wochenende wünscht Ihnen
Werner Brockmann

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Weinvertikale Werner Brockmann

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