Ein Gastbeitrag von Lisa Grimmeiß
Der Soziale Ökohof St. Josef e.V. im niedersächsischen Papenburg ist nicht nur ein landwirtschaftlicher Biobetrieb. So vielfältig wie die Erzeugnisse des Hofes, sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gemeinsam wirtschaften hier Menschen mit Behinderung und diejenigen, die aus unterschiedlichsten Gründen keinen Platz im Arbeitsmarkt gefunden haben.
Der Soziale Ökohof St. Josef e.V. ist nicht nur ein landwirtschaftlicher Biobetrieb. So vielfältig wie die Erzeugnisse des Hofes, sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gemeinsam wirtschaften hier Menschen mit Behinderung und diejenigen, die aus unterschiedlichsten Gründen keinen Platz im allgemeinen Arbeitsmarkt gefunden haben. Auf dem Bauernhof im niedersächsischen Papenburg bekommen sie eine berufliche Perspektive in der Landwirtschaft. Und die Chance und Zeit sich nach ihren Möglichkeiten und Talenten individuell zu entwickeln.
Verschiedenheit akzeptieren
Begonnen hatte alles mit Projekten für Langzeitarbeitslose. Stetig wuchs die Zahl der zu Betreuenden. „Denn unsere Arbeitswelt ist hart“, weiß Betriebsleiter Andreas Menger. Psychischer Stress, Termin- und Leistungsdruck, ständige Erreichbarkeit und technische Herausforderungen – all das ist heute an der Tagesordnung. Viele sind diesen Anforderungen nicht gewachsen – aus den unterschiedlichsten Gründen. Aus dieser Tatsache heraus entstand auf dem Demonstrationsbetrieb auch eine Werkstatt für Menschen mit Beeinträchtigungen. Im Jahr 2004 wurde der Bioland-Betrieb dann als Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM) anerkannt. Heute arbeiten rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf dem Hof in allen Bereichen: Hühnerhaltung, Gemüsebau, Landwirtschaft, Hauswirtschaft, Garten- und Landschaftsbau, Verpackung, Büro und Soziales.
„Allerdings ist der Hof keine klassische Werkstatt, sondern ein ganz normaler Bauernhof“, betont Betriebsleiter Andreas Menger. Sein Konzept sieht vor, Menschen mit Behinderung und Langzeitarbeitslose gemeinsam zu beschäftigen und ihnen eine berufliche Perspektive zu bieten. Auf die Frage, ob dieses Arbeitsmodell auch für andere Höfe realisierbar sei, antwortet er mit einem entschiedenen „Ja!“. Bei der Arbeit mit benachteiligten Menschen bedarf es keinen speziellen Voraussetzungen, vielmehr liegt es an der persönlichen Einstellung: Dazu braucht es Flexibilität, Offenheit und etwas Mut.
Menschen fördern und fordern
Verantwortung und Vertrauen – beides ist entscheidend für das Projekt. Als Betriebsleiter und Geschäftsführer ist es Andreas Menger wichtig, dass seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Verantwortung übernehmen – für ihre Aufgaben, für sich selbst und ihre Interessen. „Im Gegenzug muss man ihnen vertrauen und Dinge zutrauen“, weiß er. Diese Erfahrungen sind wichtig, denn viele der Menschen, die auf den Hof kommen, haben ihr Selbstvertrauen verloren. Bei der Arbeit sollen sie es zurückgewinnen und Pflichtbewusstsein entwickeln. Andreas Menger plädiert daher dafür, sie zu fordern, auch, wenn das möglicherweise Konfliktpotenzial liefert. „Aber das kommt in allen Berufen vor. Insofern unterscheiden wir uns als Arbeitgeber nicht wesentlich von anderen“, fasst er zusammen.
Besonders wertvoll ist, da ist sich Andreas Menger sicher, dass die Natur auf unser Tun reagiert: „Erledige ich meine Arbeit gewissenhaft, ernte ich Ertrag und sehe Erfolge; mache ich einen Fehler, hat er sichtbare Auswirkungen.“ Dieser Ansatz hat allerdings nichts mit „Kuschelpädagogik“ zu tun. „Der Betrieb als Betrieb muss rollen; und das weiß hier auch jeder“, fügt Menger bestimmt hinzu. Die Nachfrage nach den Bioprodukten des Hofs ist groß. Gerade in der Hauptsaison muss es laufen. Auch wenn das Arbeiten unter Zeitdruck für viele eine Herausforderung ist, sind am Ende dann alle stolz, die Aufgabe als Team gemeistert zu haben.
Alle miteinbeziehen
Laut Andreas Menger ist gerade die Landwirtschaft prädestiniert für soziale Projekte: Besonders der Ökolandbau bietet eine große Vielfalt an Aufgaben, die Menschen mit Beeinträchtigungen übernehmen können. Dadurch, dass die Arbeitsabläufe weniger technisch sind, können sie in individuellem Tempo gestaltet werden. Der Soziale Ökohof St. Josef hält ein buntes Potpourri an Tätigkeiten bereit: Gemüsepflege und -ernte, Füttern der Hühner, Wiegen und Verpacken der Eier sowie Stadtgarten- und Schulbeet-Pflege – da ist für jedes Talent etwas dabei. Und falls nicht, wird flexibel auf die jeweiligen Fähigkeiten der Person reagiert und eben eine andere geeignete Aufgabe gefunden.
Auch Umweltbildung für Kindergartenkinder und Schülerinnen und Schüler gibt’s auf dem Sozialen Ökohof St. Josef. Auf einer Expedition ins Gewächshaus können die Kinder als kleine Forscher viel über den Gemüseanbau lernen. Und gerade für junges Gemüse gibt es hier viel zu entdecken: Eier einsammeln und sortieren, Kartoffeln aufsammeln, Möhren oder Zucchini ernten und anschließend etwas Leckeres daraus kochen und gemeinsam essen. Es gibt immer viel zu sehen und zu tun auf dem Bauernhof! So möchte der Soziale Ökohof bei Kindern ein Bewusstsein für den Wert unserer Nahrungsmittel und den notwendigen sorgfältigen Umgang mit ihnen schaffen.